Rewalk ist ein Exoskelett, das es Menschen mit einer bestimmten Rückenmarksverletzung ermöglicht zu gehen. Es handelt sich um ein externes Beingerüst, das dem Träger Fähigkeiten über das normale Maß hinaus verleihen. Wir trafen in Bruchsal zwei querschnittsgelähmte Männer, die damit selbständig wieder gehen und laufen können. Das hat nichts mit Wunderheilung zu tun, sondern viel mehr mit Hightech.
Aus dem RegioMagazin WILLI 5/17
Pascal Watzel aus Bretten sitzt seit 10 Jahren nach einem Motorradunfall im Rollstuhl. Er ist einer von 17.000 Menschen in Deutschland mit der Diagnose Querschnittslähmung. „Natürlich ist mein größter Wunsch, wieder auf eigenen Beinen zu stehen und dahin möchte ich mich unbedingt kämpfen.“ Ein neuartiges System kann ihm diesen Traum erfüllen. Das Exoskelett der Firma Rewalk Robotics kann Rollstuhlfahrern wie Pascal Watzel ermöglichen, wenigstens für ein paar Stunden am Tag zu stehen und zu laufen.
Der Bruchsaler, Sven Flöß ist Mitarbeiter der Firma Rewalk und hilft Pascal bei seinen ersten Schritten auf eigenen Beinen. „Wichtig ist ein stabiler Oberkörper, eine freie Schulterbeweglichkeit und eine Greiffunktion um das System nutzen zu können. Daher ist es geeignet für Patienten mit der Indikation Querschnittslähmung.“ erklärt Sven.
Entwickelt hat das System ein Elektroingenieur aus Israel, Vorbild dafür war das Tierreich, da zahlreiche Lebewesen, wie beispielsweise Käfer ihr Skelett außerhalb tragen. Das Anschnallen erfordert höchste Genauigkeit, immerhin muss das System einen Menschen halten, der sich nicht selbst tragen kann. Da stehen am Anfang zwei Trainer zur Sicherung bereit. Bei Pascal ist es das Dritte mal, dass er das „Außenskelett“ trägt und er hat bereits große Fortschritte gemacht. Das Gerät wird angepasst, alles gut angeschnallt und dann kommt der große Moment für Pascal Watzel. Er erhebt sich und läuft. Er strahlt. „Das Gefühl ist unbeschreiblich. Endlich mal wieder mit anderen auf Augenhöhe zu stehen und nicht nur sitzen zu müssen. Ich kann es nicht in Worte fassen. Auch schmerzlindernd ist es, da die Wirbelsäule aufgerichtet ist.“
Nur ein paar Stunden am Tag laufen
Auch Thomas ist nach Bruchsal gekommen. Er trainiert mit dem Gerät seit 1,5 Jahren. Er bekam das Exoskelett kurz nach seinem Motorradunfall. Die Kosten übernahm die Versicherung, da es ein Unfall auf dem Arbeitsweg war. Nach etlichen Trainingsstunden kann er sich damit schon selbständig und sicher fortbewegen. „Am Anfang muss natürlich immer ein Therapeut dabei sein, der einen sichert. Da kann man schon mal das Gleichgewicht verlieren aber wenn man fleißig trainiert geht es auch irgendwann ohne die Unterstützung von einem Therapeuten. Ich nutze das Exoskelett wenn möglich täglich und laufe damit 20 Minuten bis zu eine Stunde, je nach Lust und Energie. Wenn es draußen regnet, nutze ich es drinnen in der Wohnung. Das Gerät ersetzt den Rollstuhl noch nicht, erstmal ist es ein Trainingsgerät und ich habe immer die Möglichkeit zu stehen, wenn ich möchte ohne viel Aufwand zu betreiben. Das ist medizinisch sinnvoll da die Durchblutung und die Atmung positiv beeinflusst wird. Ebenso wird die Druckstellengefahr gemindert und ein ganz wichtiger Faktor ist natürlich auch die Psyche. Es ist unglaublich wenn man wieder stehen kann.“
Gesteuert wird das System über eine Art Uhr. Hier kann der Nutzer diverse Befehle wie sitzen, aufstehen und laufen eingeben. Auch Treppen kann man laufen. Durch die Bewegung des Oberkörpers erkennt das System, wann es sich fortbewegen soll. Ein Problem stellen kleine spontane Hindernisse noch dar. Die Höhe der Schritte wird vorab eingestellt, da muss man frühzeitig erkennen wo es zu Problemen kommen könnte. Thomas hat gelernt damit umzugehen.
„Ich werde weiterhin kämpfen“
„Es wäre toll wenn es vom Gewicht leichter wäre, damit man es einfacher ins Auto verladen kann. Auch einen Sicherheitsmodus wäre gut, der einen Ausgleichsschritt erlaubt und Sensoren, wie an einem Auto, damit es die Umwelt besser erkennen kann und situationsangepasst reagieren kann, z.B. beim Bordstein oder bei einer Treppe.“
Das System ist kostenintensiv und wird nur in seltenen Fällen von den Krankenkassen übernommen. 17 Menschen in Deutschland haben bereits ein eigenes System und auch Pascal Watzel wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder auf eigenen Füßen stehen zu können. „Ich kämpfe bereits seit einem Jahr um das Gerät und ich werde weiterhin kämpfen, ich gebe nicht auf, es ist mein Ziel und die einzige Chance wieder auf meine eigenen Beine zu kommen.“
Sehen Sie den Film zu Rewalk auf www.kraichgau.tv
Text: Iris Weindel
Bilder: egghead Medien