Wer versucht, die Telefongesellschaft zu wechseln, eine Rentenauskunft oder Aufklärung bei kommunalen Behörden und Ämtern zu erhalten, erkennt vorab oft gar nicht, welche Bürden er als Kunde auf sich nimmt und welchen seelischen Strapazen er sich aussetzt. Ein schneller Griff zum Telefon scheint vordergründig ein probates Mittel, um über die angebotenen Servicenummern und Hotlines ein Anliegen abzuklären. Das Ganze nennt sich ja Kundenservice!
Wobei sich schon dieser Begriff meist als eher irreführend erweist. Denn de facto wird dem Kunden oft jeglicher Service erst einmal geradezu verweigert. Fast ausnahmslos landet er in einer sogenannten Warteschleife. Nicht die, die auch aus der Fliegerei bekannt ist. Dort ist das Manöver ja eher außergewöhnlich und meist nach wenigen Minuten beendet. Nein, hier geht es um Zeitspannen, die gefühlt fast unendliche Dimensionen annehmen. Motto: Bitte warten Sie, Ihr Anruf wird umgehend entgegengenommen.
Die Warteschleife, wie könnte es anders sein, ist klar definiert als Zeitspanne ab Rufaufbau bis zum Beginn der Bearbeitung eines Anliegens des Anrufers, wobei sich bei Weiterleitung natürlich auch sogenannte nachgelagerte Warteschleifen ergeben. Ob dem Kunden am Ende tatsächlich in irgendeiner Weise geholfen wird, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Wobei manche Behörden und Unternehmen für Anrufer ihrer Servicenummern noch eine verschärfte Variante in petto haben: Sie nehmen ihren Anruf erst gar nicht entgegen! Das Rufzeichen ertönt und das war es dann auch! Keine Verbindung kommt zustande.
Keine Warteschleife, keinerlei Auskunft über eine mögliche Erreichbarkeit. So läuft es zum Teil nicht nur bei der Firma Volocopter aus Bruchsal, wenn man nachfragen möchte, wie das Unternehmen zu der Aussage steht, es würde nichts als Ressourcen verschwendendes Spielzeug für die Oberklasse entwickeln. Eine überregionale Behörde, die hier besser nicht namentlich erwähnt wird, hat die Methode fast zur Perfektion entwickelt.
Frustration statt Problembehebung
Auch nach dutzenden Anrufen der Servicenummer zu unterschiedlichen Zeiten bimmelt es nur endlos. Und offensichtlich als besonderes Sahnehäubchen für den Kunden: Schlag 16 Uhr ist dann doch tatsächlich wie von Geisterhand eine Bandansage geschaltet, und zwar mit dem Inhalt, dass man außerhalb der Dienstzeiten anrufe und sich doch bitte gefälligst innerhalb dieser Zeiten um einen Anruf bemühen solle. Motto: Dann sind wir für Sie da!
Hat man Glück und kommt tatsächlich in einer Warteschleife an, dann scheinen mehrere Varianten möglich. Nachdem man auf seiner Tastatur nach Aufforderung subito verschiedentlich eins, drei oder acht gedrückt hat, damit der Anruf vermeintlich besser zugeordnet werden kann und eine Computerstimme mehrmals bittet, mit Ja oder Nein zu antworten (Motto: Ich habe Sie leider nicht verstanden…), um die Kundenwünsche vorgeblich noch gezielter erfüllen zu können, sind Sie dann meist bei einer von zwei Optionen der Warteschleife angekommen.
Bei der ersten Variante verweilen Sie ohne weitere Auskunft darüber, wie lange dieser Zustand anhält. Die andere Option gibt Ihnen wenigstens eine zeitliche Prognose. Wobei in keinem Fall gesichert ist, dass man jemals einen Ansprechpartner auf der anderen Seite zu hören bekommt. Denn es ist immer möglich, dass es abrupt heißt, man wolle Sie, den Anrufer (freundlicherweise…) nicht länger warten lassen und bittet Sie daher, es zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal zu versuchen. Danach wird die Verbindung am anderen Ende einfach unterbrochen!
„Belästigen Sie uns gefälligst nicht!“
Eine andere Unsitte ist es, dem Anrufer in der Warteschleife die vermeintlichen Vorzüge irgendwelcher Serviceprodukte anzupreisen oder ihn mit diversen Belehrungen zu berieseln. Denn sicherlich freut sich ein 92-jähriger Anrufer über die Mitteilung: Wussten Sie schon, dass Sie uns auch per E-Mail erreichen können und dass Sie viele Dinge online selbst bewerkstelligen können? De facto wird dem Anrufer durch die Blume gesagt: Belästigen Sie uns gefälligst nicht!
Fies sind Warteschleifen, die alle zehn Sekunden darauf hinweisen, man würde in Kürze verbunden werden, nur um den Wartenden danach ohne Unterlass mit Infomercials zu bequatschen oder mit einem Sound zu berieseln, der nicht als Musik, sondern eher als Lärmbelästigung daherkommt. Achten Sie mal darauf, was manche lokale Behörden Ihnen so in die Ohren blasen.
Man hat bisweilen das Gefühl, die Hörgeräteindustrie würde die Sache sponsern. Vermeintlich soll das schwachsinnige Gesäusel auch das Image oder gar die Corporate Identity des Unternehmens oder der Behörde vermitteln. Hören Sie also genau zu, wenn Sie mal wieder bei Ihrer Stadt- oder Kreisverwaltung oder anderen lokalen Servicecentern mit irgendwelchem Geträller berieselt werden.
Ist dann aber tatsächlich ein Ansprechpartner oft unvermittelt in der Leitung, so ist man als Kunde nach über zehnminütigem Warten wechselweise kurz vor dem Bersten oder innerlich weichgekocht, gemütsmäßig also alles andere als vorbereitet. Entweder schreit man dann erst einmal ins Telefon oder hat sein Anliegen überhaupt nicht mehr auf dem Schirm und notwendige Kundennummern und Codes verlegt oder vergessen.
Übrigens: Es ist zwecklos, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Ich habe es tatsächlich einmal probiert, um zu sehen, wie die andere Seite reagiert, als ich mitteilte, ich wolle erst etwas Musik auflegen und mir noch einen Kaffee holen, um dann mein Anliegen in entspannter Atmosphäre vorzubringen. Mein Ansprechpartner legte kommentar- und grußlos auf.
Text: Hubert Hieke
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