Foto: Rabea Matt mit den Waisenkindern aus Kendu Bay

WILLI-Reportage | „POLLE, POLLE“ – Ein Reisebericht aus Kenia

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Vier Wochen nach Kenia! Als meine Freundin mir ihr Reiseziel für Januar verraten hat, war ich erstmal sprachlos.Schnell war mir dann klar – da muss ich mit! Das schreibt die WILLI-Praktikantin Rabea Matt und hat auch gleich einen Reisebericht über ihre Erlebnisse und Eindrücke in Afrika verfasst.

Foto: Rabea Matt

 

„Wir gingen zusammen zur Mitgliederversammlung von KIFAFA. Kifafa ist Suaheli und bedeutet Epilepsie. Es handelt sich um einen Deutsch-Kenianischen Verein, der sich ursprünglich für epilepsiekranke Kinder in Kenia einsetzt, inzwischen aber weit mehr bewirkt“, schreibt sie über die Vorbereitungen. Bereits 2007 wurde in dem kleinen Ort Kendu Bay, nahe des Viktoria Sees in Kenia, ein Waisenhaus gegründet, welches den Schwerpunkt der Arbeit von Kifafa bildet.

Einfahrt Waisenhaus: Gründung durch KIFAFA

 

Dieses Waisenhaus dürfen jedes Jahr Interessierte besuchen, die sowohl die Arbeit von Kifafa vor Ort erleben, als auch den Waisenhausalltag und zugleich Kenia kennenlernen möchten. Wir durften mit! Als wir abends in Nairobi gelandet sind, war das erstmal ein Kulturschock. Kenias Hauptstadt ist laut und bunt, auf den vierspurigen Straßen herrscht absolutes Verkehrschaos und davon, dass man bei rot stehen bleibt, haben die Kenianer scheinbar noch nie etwas gehört.

„Musungo, Musungo“

Nach drei Tagen ging es auf achtstündige Busfahrt nach Kendu Bay. Das komplette Gegenteil zu Nairobi! Kendu ist ein kleines Dorf nahe des Viktoriasees. Touristen, vor allem Weiße, fallen dort auf wie bunte Hunde. Es vergeht kein Ausflug ins Dorf ohne aufgeregte „Musungo Musungo“ Rufe (das heißt übersetzt so viel wie Weiße). Nachmittags kamen wir dann im Waisenhaus an, völlig durchgeschüttelt von den wirklich miserablen Straßenverhältnissen und standen plötzlich inmitten einer Gruppe von Mädchen, die uns erwartungsvoll, neugierig aber auch ein bisschen schüchtern musterten, die Hände reichten und uns halfen, die Koffer und Rucksäcke ins Gästehaus zu tragen, unserem Zuhause für die nächsten vier Wochen.

Dusche und Toilette aus Wassereimern

Wie das gesamten Gelände, hat auch das Gästehaus keinen Wasseranschluss. Für Dusche und Toilettenspülung standen Wassereimer bereit, die wir allerdings erst mit Regenwasser aus riesigen Behältern hinter dem Haus füllen mussten. Für die Mädchen ist das normal, hier geht es ihnen wesentlich besser als zuhause, wo ihre Eltern oder Verwandten oft kein Geld haben, um sie zu versorgen.

Epilepsietraining: Diese werden für Angehörige und Interessierte veranstaltet, um mehr über die Krankheit zu erfahren.

 

Joakim, der Gärtner, führte uns über das Gelände. Neben dem Waisenhausgebäude und der angrenzenden Küche gab es noch eine kleine Klinik, in der jeden letzten Freitag eines Monats die Epilepsie Ambulanz stattfindet. Zusätzlich werden regelmäßig Epilepsie Trainings veranstaltet, bei denen Angehörige oder Interessierte über die Krankheit aufgeklärt werden. Neben der Klinik gibt es noch einen ausgedehnten Garten, in dem Mangobäume, Ananaspflanzen, Avocadobäume, Bananenstauden und vieles mehr wächst. Gleich am ersten Abend konnten wir schon unsere eigene Ananas ernten.

Die anfangs noch schüchternen kleinen Bewohnerinnen des Waisenhauses durften wir nach dem gemeinsamen Abendessen im Speisesaal bei einer kleinen Tanzaufführung bewundern und anschließend richtig kennenlernen. Danach war das Eis gebrochen und die Mädels haben uns einige kenianische Tänze beigebracht. Neben Tanzen sind sie ganz verrückt nach Fußball spielen. Das aber natürlich barfuß, feste Schuhe werden nämlich, wenn überhaupt, nur sonntags in der Kirche getragen. In Kenia gehört das in die Kirche gehen zum Alltag. Viele Kenianer sind sehr gläubig. Der Gottesdienst ist musikalisch, das durften wir bei mehreren Besuchen erleben. Oft gibt es Gesang auf Suaheli und auf Luo, das ist ein Dialekt der im Gebiet rund um Kendu Bay gesprochen wird.

Essen mit den Händen

Die Waisenhausbewohnerinnen sind zwischen sechs und achtzehn Jahren alt. Die Älteren, die bereits auf die High School gehen, wohnen nur in den Ferien in Kendu. Die Jüngeren gehen zur Primary School und kommen zum Mittagessen zusammen mit anderen Kindern aus dem Dorf ins Waisenhaus. Wie so vieles ist natürlich auch das Essen ungewöhnlich und anders als in Deutschland. Fast zu jeder Mahlzeit gibt es Ugali (Maisbrei) oder Reis. Bohnen und Linsen sind auch sehr häufig dabei. Fleisch ist dagegen selten, dafür aber Sukkumaviki (grünes Gemüse) aus eigenem Anbau. Besteck gibt es so gut wie gar nicht. Stattdessen wird mit den Händen gegessen. 2009 wurde ein Essensprogramm ins Leben gerufen, bei dem fünf Tage in der Woche bis zu 35 Kinder ein kostenloses Mittagessen erhalten.

GEMEINSAM!: Mädchen beim Linsen sortieren

 

Durch Patenschaften in Deutschland bekommen Familien Unterstützung. Ich durfte selbst dabei sein, als Patenkinder in die Klinik kamen, um Hilfe zu erhalten. Übernommen werden aus den Spenden neben der Grundversorgung auch die Krankenversicherung sowie das Schulgeld. Außer für die Grundschule muss man in Kenia Schulgebühren bezahlen, zusätzlich zu Uniform und teuren Schulbüchern, weshalb noch immer viele Kinder nicht zur Schule gehen können. Das Leben in Kenia ist grundlegend anders als bei uns und hat mich sehr beeindruckt. Viele der Menschen dort sind arm und leben zu sechst in traditionellen Lehmhütten ohne Strom oder fließendes Wasser. Trotzdem war jeder, dem wir im Laufe unserer Reise begegnet sind, unglaublich gastfreundlich und nett.

Wir durften Joachim, den deutschen Vorsitzenden von Kifafa immer wieder zu Hausbesuchen begleiten und hatten so auch einen direkten Einblick in den Lebensalltag der Kenianer. Bewundernswert fand ich vor allem die Ausgeglichenheit, mit der die Menschen dort ihren Alltag meistern. Eins der ersten Wörter, das ich auf Suaheli gelernt habe, war „Polle Polle“, was übersetzt so viel wie „langsam, langsam“ heißt. Das fasst das Wesen der Kenianer eigentlich ganz gut zusammen. In Kenia ticken die Uhren nämlich etwas anders als bei uns. Ich habe die ganzen vier Wochen keinen einzigen gestressten Kenianer erlebt.

Deutsch-Kenianischer Verein Kifafa

Kifafa ist ein gemeinnütziger Verein, der sich durch Spenden finanziert. Durch Ihre Spenden ermöglichen Sie Kifafa eine direkte Unterstützung der Familien vor Ort. Mit den Spendengeldern werden Nahrung, Gesundheitsvorsorge und Schulgelder bezahlt.

Weitere Informationen unter: https://www.kifafa.de/index.php?id=startseite
Spenden unter: https://www.kifafa.de/index.php?id=7

Text & Bilder: Rabea Matt

Aus RegioMagazin WILLI 05/2023

 

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Siehe auch

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