Gabriele Barth stammt aus Nürtingen. Eine Anstellung als Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin der Käthe-Kollwitz-Schule hat sie 1993 nach Bruchsal gelockt. Obwohl dies nun schon über 30 Jahre zurückliegt, hört man ihr die schwäbischen Wurzeln immer noch ein bisschen an. Auch sonst kann man sie als schwäbisch-diszipliniert und organisiert im positiven Sinn bezeichnen. Besonders in ihrem ganz speziellen Hobby, dem alljährlichen Weihnachtskrippenaufbauen, zeigt sich diese systematische Vorgehensweise als hilfreich. Anders wäre ihr „Unternehmen Weihnachtskrippe“ auch nicht durchführbar.
„Es gibt Simultankrippen – alle Szenen werden gleichzeitig aufgebaut – und Wechselkrippen bei denen die Szenen nacheinander nach dem Krippenkalender täglich wachsend aufgebaut werden“, erzählt Gabriele Barth von den Varianten, wie eine Weihnachtskrippe überhaupt aufgebaut werden kann. „Meine Krippe ist auf dem Weg zur Wechselkrippe, wobei ich nur einen Wechsel am Erscheinungsfest vollziehe, denn dann steht eine neue Stallszene mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige an. Außerdem werden der „Traum des Josef“, die „Flucht nach Ägypten“ und andere Szenen von mir aufgestellt.“
Man könnte beinahe sagen, eine Puppenstube für Christenmenschen, denn genauso andächtig wie kleine Mädchen (oder Jungs!) mit einem Puppenhaus agieren, so zelebriert die Lehrerin im „Unruhestand“ ihren Krippenaufbau. Tatsächlich findet man in dem akribischen Bau auch Kleinteile wie Teppiche oder Haushaltsgegenstände, die aus dem Katalog für Puppenhäuser stammen, denn eine detaillierte Krippenbestückung, wie bei Gabriele Barth zu finden, bietet kein Krippenbauer an.
Sammlung umfasst über 300 Figuren
Begonnen hat alles im Jahr 1990, als bei einem früheren Nachbarn, einem Hobbyschnitzer, ihr Wunsch nach einer eigenen kleinen Weihnachtskrippe Gehör fand und er ihr eine erste „Grundausstattung“ mit Maria, Josef, dem Jesuskind, Ochs, Esel, Hirten und Schafen sowie den Heiligen Drei Königen schenkte. Die Freude war groß, aber es sollte noch einmal 10 Jahre dauern, bis Gabriele Barth ihre spezielle Idee einer Krippe, weiter verfolgen konnte.
Während eines Chorausfluges nach Eberbach hat sie zufällig in der dort ansässigen Drechselstube Eich einen „Gloriaengel“ entdeckt. Sie kaufte ihn und nahm auch einen Prospekt mit, der ihr viele Möglichkeiten zur Gestaltung einer Krippe bewusst gemacht hat. Der Gloriaengel wacht seither über „ihrem“ Stall von Bethlehem. Am darauffolgenden Weihnachtsfest zog mit einer Hirtin neben Maria eine weitere weibliche Figur in die Krippe ein, denn der Gedanke, dass die „arme Maria ganz alleine unter Männern im Stall sei“ fand sie ungerecht. „Gleichstellung schon zu Christi Geburt“, sagt Gabriele Barth mit einem Augenzwinkern.
Zum 50. Geburtstag stellte sie für ihre Freunde eine Wunschliste mit Krippenfiguren zusammen. So kam eine Figur zur anderen.
Drei Brücken
Brücken führen als Übergänge über Schluchten und Bäche, deren Überquerung ein Risiko darstellt. In der Krippe soll es symbolisch für den Übergang vom Alten Testament zum Neuen Testament stehen und auch für den folgenden Jahreswechsel. Gabriele Barth arbeitet in ihrem Krippenaufbau gerne mit Engelbildern, so stehen bei zwei von drei Brückenszenen „Schutzengel“ parat. Ein kleines Kind vertraut seinem Schutzengel, deshalb ist dieser groß dargestellt. An der nächsten Brücke spielt das Kind fröhlich auf einer Schalmei, unbeeindruckt vom gefährlichen, reißenden Wasser. Der erwachsene Mensch hat seine Schwierigkeiten mit Glauben und Vertrauen, deshalb ist sein Schutzengel an der dritten Brücke klein, hockt ihm aber trotzdem auf der Schulter und zeigt den Weg zur Krippe. Diesen „Suchenden“ bezeichnet Gabriele Barth als einen Jakobspilger (die Muschel hängt um seinen Hals), der auf die richtige Seite möchte. Sein Weg ist beschwerlich, deshalb der unsichere Steg im Gebirge.
Die Weihnachtskrippe
Bevor im 19. Jahrhundert der Christbaum allgemeine Verbreitung fand, stand die Krippe im Mittelpunkt der traditionellen Weihnachtsfeier. Krippen sind bis heute fester Bestandteil des kirchlichen und häuslichen Weihnachtsschmucks und werden in allen erdenklichen künstlerischen Stilen und Materialien gefertigt. Eine Weihnachtskrippe ist eine Darstellung der Geburt Christi und anderer Szenen, meist durch Figuren in einer Modelllandschaft Betlehems. Die Weihnachtskrippen verbinden die Adventszeit mit dem Dreikönigsfest. Die heutigen Weihnachtskrippen gehen bereits auf das Frühchristentum zurück, jedoch zeigten die Darstellungen der ersten Jahrhunderte nur das Jesuskind in der Futterkrippe liegend mit den zwei Tieren Ochs und Esel. Die Figur der Maria kam erst im Mittelalter dazu, Josef sogar noch später. Hingegen gab es um 500 bereits bildliche Darstellungen, auf denen die drei Weisen ihre Geschenke dem Gotteskind darbringen.
Biblische Grundlage
Das Lukasevangelium stellt der Geburt Jesu eine Vorgeschichte voraus, die Grundlage für die üblichen Krippendarstellungen ist. „So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. (Lk 2,4-7 EU)“
Zuerst eher die „herkömmlichen“ Akteure, nach und nach ließ sie eigene Wünsche anfertigen. Wenn man die Ausmaße des Krippenaufbaus in ihrer Wohnung betrachtet, kommt automatisch die Frage nach der Logistik. Wie und wo wird das alles aufbewahrt? „Ich habe natürlich ein System entwickelt. Die Holzfiguren stehen in einer geschlossenen Vitrine, die kleinen Figürchen, Tiere und sonstige Accessoires habe ich in den 12 Schubladen einer Kommode untergebracht. Die Unterkonstruktion der Krippe wird im Keller und der Garage „übersommert“. Die Teile sind nummeriert und beschriftet.
Zum Start des Aufbaus habe ich starke Helfer, die geduldig alles zu mir in die Wohnung schleppen – wir reden hier von ca. 30 Kartons – das ist schon eine Anstrengung“, erzählt Gabriele Barth. „Meine Freundin Heidi Götz reist extra zum Aufbau für ein paar Tage aus Offenburg an, sie ist für die Elektrik zuständig, die wir vollständig auf Modelleisenbahnelektrik mit LED Technik umgestellt haben.“ Bis spät in die Nacht basteln die beiden Frauen dann am weihnachtlichen Szenario, wobei natürlich auch die Geselligkeit nicht zu kurz kommt.
Nicht nur beim Aufbau kann sie auf tatkräftige Unterstützung zählen. Ganz viele spezielle Figuren und Erinnerungen von Freunden finden sich mittlerweile in ihrer Krippe wieder. „Aus vielen Teilen der Welt habe ich Mitbringsel integriert, viele Freunde möchten inzwischen ihren speziellen Beitrag zu meiner Krippe leisten, das finde ich sehr schön“, erzählt sie und weiß zu so manchem Teil eine extra Geschichte zu erzählen. Das würde hier aber zu weit führen, bei über 300 Figuren ist es nicht mehr möglich auf jede Einzelne einzugehen. Ganz wichtig bei der Suche nach Figuren war ihr immer die Ausrichtung. „Der Stall steht im Zentrum, die Drei Könige kommen von Osten (aus dem Morgenland) die Hirten kommen von links“, erklärt sie den Grundaufbau der sich inzwischen etwa über fünf Meter erstreckenden biblischen Szenen in ihrem Wohnzimmer.
In dieser Größenordnung gibt es Platz für eigene „Kreationen“. Gabriele Barth hat in ihre Landschaft ein Tor zum Paradies integriert das von einem Cherub (Engel mit hohem Rang) mit Schwert bewacht wird. Erst am 1. Weihnachtstag öffnet sie das Tor, nachdem sie – pünktlich am 24. Dezember – das Jesuskind in die Krippe des Stalls von Betlehem gelegt hat.
Sie sagt andächtig: „Dann kann man beinahe die Kirchenliedstrophe hören: heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis, der Cherub steht nicht mehr dafür, Gott sei Lob Ehr und Preis.“
Text und Bilder: Andrea Bacher-Schäfer
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