WILLI-Reportage | GLASCONTAINER – eine unendlich unappetitliche Geschichte (Archiv 2022)

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In Amtsblättern, die vermehrt kommunaler Eigenwerbung dienen, schwärmen Kommunalpolitiker und Geschäftsführer lokaler Versorgungsbetriebe oft und gerne von ihren Heldentaten. Eigenlob stinkt ja bekanntlich nicht. Daneben versucht man, die Bürger auf den Pfad der Tugend zu führen.

Allerdings ist fraglich, ob dazu, wie in Bruchsal, ganze Nachhaltigkeitsserien in Anlehnung an sogenannte „Global Goals“ (neudeutsch für den Zungenbrecher „Globale Ziele“…) notwendig sind. Wirft der Bürger überhaupt einen Blick in solche Amtsblättchen oder entsorgt er sie gleich vorab ungelesen aber nachhaltig?

Für die, die dennoch einen Blick hineinwerfen, ist zu hoffen, dass zukünftig nicht über globale Ressourcenknappheit, Klimawandel oder Kreislaufwirtschaft schwadroniert und lamentiert wird, sondern man sich vorweg mit Dingen befasst, die die Menschen im Alltag vor Ort betreffen und ihnen bisweilen auf den Nägeln brennen.

Könnte man beispielsweise den Bürgern nicht einmal verdeutlichen, weshalb sie seit Jahren aufgefordert werden, Altglas sauber getrennt zu sammeln, die Entsorgung allerdings landkreisweit zu wünschen übriglässt.

Dies sollte für die Kommunalverwaltungen doch ein Leichtes sein! Denn, wie die Stadt Waghäusel zutreffend auf ihrer Internetseite darstellt: Weder die Kommunen noch der Landkreis sind für die Entleerung der Altglasbehälter überhaupt zuständig! Es ist allein Aufgabe des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems („Grüner Punkt“) und deren beauftragten Unternehmen, das gesammelte Altglas fachgerecht und, ja, nachhaltig, zu entsorgen.

Waghäusel hat die Faxen dicke

In unserem Landkreis hat derzeit PreZero (ehemals Sita, ehemals Suez) den Zuschlag zur Entsorgung erhalten. PreZero, das zur Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) gehört, weiß, wie man Senfgläser und Weinflaschen verkauft, beim Einsammeln der Überbleibsel ist man hingegen weniger kundenfreundlich. Waghäusel hat inzwischen die Faxen dicke und man darf gespannt sein, ob der neue Oberbürgermeister Thomas Deuschle (nicht nur) diese Linie weiterverfolgt und gegebenenfalls dem mächtigen Entsorger auf die Füße tritt.

Einige wenige unserer Mitbürger kümmert dies alles herzlich wenig. Das Stadt- und Landschaftsbild ist ihnen schnuppe, der Wald gilt als Müllhalde, ganze Straßenzüge ebenso. Wieder andere halten Gemeingüter für Privateigentum und werden sich auch dieses Jahr wieder aus den öffentlichen Rabatten munter einen Osterstrauß zusammenstellen.

Diese Landsleute sehen dann auch Glascontainer als probates Mittel zur Entsorgung ihres Hausmülls an, vornehmlich gleich in Säcken gebündelt. Die größeren Gemeinden können ein Lied davon singen. Selbst zentrale Lagen schrecken manche Zeitgenossen nicht; andere wiederum nutzen Glascontainer in Friedhofsnähe und betten dort ihren Müll zur letzten Ruhe. Falls Sie übrigens wissen wollen, wo bei einem Glasbehälter hinten ist?

Mein Tipp: Dort wo Dreck und Müll liegen. Bußgelder werden tatsächlich immer wieder verhängt, die gewieftesten Zeitgenossen lassen sich davon aber kaum abschrecken. Nur in kleineren Gemeinden wie Forst scheint der Missbrauch (mehr Gemeinsinn und/oder höhere soziale Hemmschwellen?) noch überschaubar.

Routen und Abholtage scheinen das Geheimnis des Entsorgers

Die große Mehrheit der Bürger findet dies alles weniger erquicklich. Auch was die Glascontainer selbst betrifft, für die PreZero zuständig ist: Unregelmäßige Leerungsintervalle, die selbst die Kommunen im Ungewissen lassen; Routen und Abholtage scheinen das Geheimnis des Entsorgers. Schallschutz und Sauberkeit der Behältnisse sind meist in miserablem Zustand. Rein optisch sind die Container alles andere als eine Augenweide. Sollten, wie regelmäßig der Fall, die Behältnisse überquellen, so wird die Angelegenheit unappetitlich bis gesundheitsgefährdend.

Dann entstehen oft abenteuerliche Kunstwerke, die keiner TÜV-Prüfung standhielten. Auch übervolle Container hat PreZero (Unternehmensmotto: Einfach, smart, transparent…) selbst zu räumen, an stürmischen Tagen kommen dennoch oft kommunale Angestellte, um Schlimmeres zu verhindern. Denn was sich auf und um die Container aufbaut, sind keinesfalls Collagen lokaler Künstler, noch wird das Ganze vom Verband für Sicherheitsschuhe oder dem Verein „Barfuß-über-Altglas“ gesponsert. Ebenso wenig haben irgendwelche Neapolitaner ihre Finger im Spiel.

Erkundigt man sich bei der Stadt Bruchsal telefonisch über die Zustände, so wird man gleich mit einem erhellenden: „Wieder mal eine Beschwerde?“ empfangen. Und dies in verständnisvollem Ton. Frustriert scheint man angesichts der Endlosschleife aus wildem Müll und inadäquater Glasentsorgung, die die Kommunen personell stark belastet und uns alle teuer zu stehen kommt.

Kann der Bürger selbst etwas dagegen tun? Sollte der Glascontainer Ihrer Wahl an Verstopfung leiden oder sich Derartiges anbahnen, so kann man zum Telefon greifen. Waghäusel empfiehlt vorzugsweise einen Anruf direkt bei PreZero; wie in anderen Gemeinden nimmt man dort natürlich auch selbst Hinweise zu überquellenden Containern und Vermüllung entgegen.

Hubert Hieke

Wie es wohl mittelfristig weitergeht? Dazu wird uns mit Sicherheit die Bruchsaler Serie zur Nachhaltigkeit aufklären. Sobald ich dort Stichhaltiges lese, hören Sie wieder von mir. Ehrenwort!

Übrigens: Frohe Ostern! Glücklicherweise gibt’s (noch) keine gläsernen Wegwerfhasen…

Text: Hubert Hieke

Aus RegioMagazin WILLI 04/2022

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