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Bruchsaler Umzug (2010)

Kraichgau | Der Graf vom Kraichgauland (Archiv 2019)

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Icon-Stadtmagazin WILLI Brusl Ahoi | Die Traditionsfigur darf nicht sterben

Weißer Vollbart, Nickelbrille und roter Mantel. Eigentlich wäre er auch als Weihnachtsmann durchgegangen – den allerdings hat die Bruchsaler Karnevalsgesellschaft vor 11 Jahren nicht gesucht. Es war die Stelle des „Graf Kuno“, der Traditionsfigur der Brusler Fasnacht, die es neu zu besetzen galt. In Heimfried Werner fand sie einen Mann, der nicht nur äußerlich den perfekten Graf gibt, auch sein Herz schlägt im Grafentakt.

Ein Faschingsnarr sei er schon immer gewesen, erzählt uns Heimfried Werner. Kein Wunder war er 22 Jahre lang Sitzungspräsident bei den Grießknöpfen in Büchenau, dem Verein, den er auch mitbegründet hat. Er schrieb Lieder und Büttenreden, plante Sitzungen und Umzüge. Auch auf Verbandsebene bei der Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalvereine ist er seit Jahren aktiv, erst 2017 erhielt er dafür die höchste Auszeichnung, den Goldenen Löwen mit Brillianten.

Graf Kuno | Bruchsal | Fasching | Fasnacht | Büchenau
Graf Kuno

Direkt nach seiner Amtszeit als Büchenauer Sitzungspräsident ließ er sich dazu überreden, ’Graf Kuno‘ ein neues Gesicht zu verleihen. „Eigentlich wollte ich es nur 6 Jahre lang machen aber ich mache es so gerne, dass irgendwie 11 Jahre daraus geworden sind. Ich bin ein lockerer Typ, freue mich über viel Gesellschaft und bin für jeden Spaß zu haben. Das passt auch zu den Jobs, die der Graf über die närrische Zeit zu begleiten hat. Der Kuno ist mir richtig ans Herz gewachsen.“
Wo andere Fasnachtsvereinigungen ihr Prinzenpaar haben, hat Bruchsal den Grafen Kuno.
Doch wieso ausgerechnet ein Graf? Tatsächlich gab es mal einen Grafen Konrad vom Kraichgauland in Bruchsal. Dieser hatte einen leichtfertigen, trunksüchtigen Lebenswandel. Sein Vetter Kaiser Heinrich der III. (*1017- † 1056) half ihm oft mit Geld aus. Man vermutete, dass Konrad nie verheiratet war und sagt ihm nach, den Bruchsaler Wald versoffen zu haben.

Auf Basis dieser Geschichte schrieb Otto-Oppenheimer (*1875 – †1951), Sohn einer jüdischen Kaufmannfamilie und Mitglied der Karnevalsgesellschaft Bruchsal, das Lied vom „Brusler Dorscht“. Damit schuf er ein Lied über das Leben des Grafen Konrad, welches fortan als Hymne der Bruchsaler galt. Allerdings wandelte er den Namen in ’Graf Kuno’ ab. Ab 1938 regierte dann auch ein solcher über die Brusler Fasnacht und er tut dies bis heute, in den vielen Jahren durch unterschiedliche Personen verkörpert – seit 2008 durch Heimfried Werner.

Brusler Dorscht
von Otto-Oppenheimer

Das war der Graf vom Kraichgauland, Graf Kuno war‘s, der Held. Der hatte einen Höllenbrand, doch leider wenig Geld.
Im Rappen war sein Stammlokal, da saß er Tag und Nacht
und hat so manches Zechgelag auf frohen Pump gemacht.

Denn der Dorscht, denn der Dorscht, denn der alte Brusler Dorscht war die Leidenschaft des Grafen,
alles andre war ihm worscht

Vom Eichelberg bis an den Rhein war all sein Eigentum,
der schöne Lußhardtwald war sein und vieles drumherum.
Doch freute ihn kein grüner Wald, kein Jagen auf der Au,
das schönste Mädchen ließ ihn kalt, er liebte keine Frau.

Bloß de Dorscht, bloß de Dorscht, bloß de alte Brusler Dorschtwar die Leidenschaft …

Der deutsche Kaiser Heinerich war mütterlicherseits
des Grafen Kuno Petterich und Gläubiger bereits.
Der hatt‘ ne Hypotheke auf das alte Brusler Schloß,
sodaß des Vetters Lebenslauf den Kaiser arg verdroß.

Ach de Dorscht, ach de Dorscht, ach de alte Brusler Doscht
war die Leidenschaft …

Doch eines schönen Tages war vorbei die große Not:
‚s war grade Anfang Februar, da war Graf Kuno tot.
Doch an die Landeskinder hat gedacht er bis ans End;
denn als die Teilung ward gemacht, da stand im Testament:

Meinen Dorscht, meinen Dorscht, meinen alten Brusler Dorscht – erben meine Landeskinder,
alles andre ist mir worscht.

Als hätte er als Heimatforscher in seiner Gemeinde nicht schon genug zu tun, erfüllt Heimfried Werner seine Jobs rund um das Amt des Grafen. 25-30 Termine pro Jahr nimmt er als Graf wahr und repräsentiert die Bruchsaler Fasnacht in der Stadt, aber auch weit über die Stadtgrenzen hinaus. Durch seine Brauchtumspflege entstanden sowohl Freundschaften zu anderen Karnevalsvereinen als auch private, tiefe Bindungen und diese werden weiterhin gehegt und gepflegt. „Ein Privileg ist sicherlich, dass man zu Veranstaltungen eingeladen wird, auf die nicht jeder eingeladen ist. Eben nur die, die einen „Titel“ haben“, freut sich der Graf und erinnert sich an eine Veranstaltung, die er als Highlight seiner „Herrschaft“ sieht. „Ich war geladen zur Sitzung in Berlin. Eine riesengroße Halle, die Organisation und das Programm waren klasse. Da wurde ich für ein Grußwort auf die Bühne geholt und habe einfach den ’Brusler Dorscht’ gesungen. Beim Refrain haben dann alle mitgesungen. Das hat mich ungemein beeindruckt.“

Bei der Frage, ob nun nach närrischen 11 Jahren Schluss sei, wird unser Graf kleinlaut.

„Ich bin ein lockerer, offener Typ, aber übers Aufhören möchte ich nicht reden.“ Er schmunzelt.

„Vielleicht mögen mich die Leute dann nicht mehr, wenn ich ankündige, dass ich mein Amt niederlege. Wenn es mal soweit ist, wird es für mich nicht einfach sein, weil mein Herz daran hängt. Meinem Nachfolger werde ich dann raten, dass er seinen eigenen Weg finden muss. Jeder Graf ist anders und jeder muss sich selbst in der Rolle finden. Wichtig ist, dass er die Tradition schützt. Es gibt nicht mehr viele Traditionsfiguren in der Badisch-Pfälzischen Fasnacht. So eine große Tradition darf nicht aussterben.“

Text: Iris Weindel
Bilder: Heimfried Werner, egghead

Aus RegioMagazin WILLI 02/19

Titel Willi Februar 2019

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Siehe auch

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