WILLI-Reportage | Kleiner Piks, große Wirkung! (Archiv 2021)

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Über die Rolle von Kinderimpfungen im Kampf gegen die Pandemie sprachen wir mit den Bruchsaler Kinder- und Jugendärzten Patrick Zehe und Dr. Bernhard Zehe.

Wie hat sich Ihre Arbeit seit Beginn der Pandemie verändert?

Während der ersten Phase der Pandemie, im Frühjahr 2020 kamen weniger Kinder und Jugendliche in die Kinderarztpraxis, zu Beginn mehr aus Unsicherheit, im Verlauf wegen des Rückgangs ansteckender Krankheiten jeglicher Art. Kontaktbeschränkungen und AHA-Regeln haben auch die Häufigkeit der Influenza-Kranken im Frühjahr 2021 drastisch vermindert. Mit Öffnung der Schulen und Kitas im September 2020 stieg die Anzahl der infizierten Kinder sofort an. Erst mit dem Weihnachts-Lockdown sanken die Infektionszahlen wieder, um dann zu Beginn des Jahres 2021 dramatisch zu explodieren.

Haben sie in ihrer Praxis bereits an Covid-19 erkrankte Kinder behandelt? Gab es schwere Fälle?

Wir haben uns im Herbst bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg als „Corona-Schwerpunkt-Praxis“ zur Verfügung gestellt. Dadurch konnten wir Testungen und Behandlungen durchführen. Wir haben zahlreiche positive Kinder und Jugendliche herausgefiltert. Das jüngste Kind war ein 4 Wochen altes Baby, das die Infektion folgenlos überstanden hat. Ein Kleinkind entwickelte das PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrom, eine schwere, dem Kawasaki-Syndrom ähnelnde Erkrankung, die bis heute in Deutschland 300 mal aufgetreten ist) und musste mehrere Tage stationär behandelt werden.

Hat man nachweisen können wo sich die Kinder angesteckt hatten?

Die Ansteckungsquellen resultierten in den Kitas und Schulen. Entweder durch Mitschüler, die sich zu Hause angesteckt hatten, oder durch das Lehrpersonal. Die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt machte in vielen Fällen eine Kontakt-Nachverfolgung möglich.

Wie stehen Sie zur Impfung von Kinder und Jugendlichen?

Der Biontech/Pfizer-Impfstoff ist in Kanada schon seit 5. Mai für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Die Impfung von Kindern und Jugendlichen kann die Perspektive für eine Normalisierung der Lebenswelt unserer Kinder und Jugendlichen deutlicher verbessern, als jegliches politisches oder schulisches Programm. Der Fokus darf sich nicht nur auf die Einschränkungen in der Welt der Erwachsenen richten. Wir dürfen die Not der Kleinkinder, Schülerinnen und Schülern und all der Studierenden nicht aus den Augen verlieren.

Und die Impfung von Kleinkindern und Babys?

Wenn die Überprüfung der Studienergebnisse auch bei Säuglingen und Kleinkindern seriöse Resultate ergibt, werden auch diese Altersgruppen in das Impfprogramm aufgenommen werden. Könnte man nur ältere Kinder und Erwachsene impfen, würde sich die Covid-19-Erkrankung in Zukunft als echte „Kinderkrankheit“ manifestieren.

Wird der „Kinder-Impfstoff“ eine andere Zusammensetzung haben?

Bei dem jetzt in Kanada zugelassenen Impfstoff und dem für den bei uns in Europa der Zulassungsantrag gestellt worden ist, handelt es sich um den gleichen Impfstoff. Die erst jetzt erfolgte Beantragung ist dadurch begründet, dass bei der Zulassungs-Studie noch keine Kinder und Jugendliche mit eingeschlossen waren.

Ist es richtig, dass Kinder sich weniger am Covid-Virus infizieren?

Von Beginn der Pandemie an, stellten Kinder einen bedeutenden Anteil derer dar, die die Infektion weitergetragen haben. Der Unterschied zu Erwachsenen liegt nicht in der Infektiosität, sondern in der Schwere der Erkrankung. Bei ganz vielen Kindern verläuft die Erkrankung fast ganz symptomlos. Wobei aber das „Post-Covid-Syndrom“ auch bei ihnen in einer Häufigkeit von ungefähr 10% zu beobachten ist.

Eine Impfung bedeutet immer persönlicher Schutz und trägt zur Entwicklung einer Herdenimmunität bei.

Wie sollte die Reihenfolge einer Impfung bei Kindern sein?

Die Schwächsten und Gefährdetsten müssen immer zuerst die Möglichkeit einer Impfung bekommen.

Wie könnte ein Impfstart für Kinder ihrer Meinung aussehen. Impfstationen in den Schulen um alle zu erwischen oder Impfung beim Kinderarzt?

In dem Moment, indem die Freigabe des Impfstoffes erfolgt, bedarf es einer gewaltigen Anstrengung vieler Kräfte, vor allem derer, die jetzt schon in das Impfprocedere eingeschlossen sind, also die Kinder- und Jugendarztpraxen, Hausarztpraxen, Impfzentren und mobile Impfteams. In den 1960er Jahren war es erforderlich geworden, in den Schulen Reihenimpfungen durchzuführen, um Impferfolge gegen Kinderlähmung und Pocken zu erzielen.

Sind sie vorbereitet, sollte der Impfstoff für Kinder freigegeben werden?

Einige Kinder- und Jugendarztpraxen haben sich seit April den Impfprogrammen der Hausarztpraxen angeschlossen. Wir impfen bereits priorisierte Personengruppen,  insofern sind wir eingeübt. Aber ab Juni wird eine ganz andere Kraftanstrengung erforderlich sein.

Was raten Sie Eltern die fragen: Soll ich mein Kind impfen lassen?

Wir glauben, dass es inzwischen jedem klar geworden ist, was Gesundheitsschutz durch Impfung bedeutet, persönlich und volkswirtschaftlich.  Gefahrenabwehr für Erkrankung und Folgeschäden, sowie Beendigung der Isolation unserer Kinder und Jugendlichen sind eine extrem wichtige Aufgabe. Eine Impfentscheidung setzt immer eine gültige Zulassung durch die Gesundheitsbehörden voraus, eine gute medizinische Aufklärung und eine ausgewogene persönliche Abwägung der Erwachsenen selbst und der Eltern in Verantwortung für ihre Kinder.

Patrick Zehe
Dr. Bernhard Zehe
Praxis für Kinderheilkunde und Jugendmedizin – Dr. med Bernhard Zehe
Franz-Sigel-Strasse 83
Tel. 07251/17667

Aus RegioMagazin WILLI 6/21

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