ÖSTRINGEN | Rettet die Bienen, aber richtig. (Archiv 2022)

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20.6.2021 | Die Ende Oktober 2017 veröffentlichte Studie des Krefelder Entomologen Vereins schlug ein wie eine Bombe: Es wurde ein Rückgang der Insektenbiomasse von bis zu 76% nachgewiesen.

Als Gründe für den Rückgang werden die Monokulturen und hohen Pestizideinsätze der Landwirtschaft genannt. Das Insektensterben trifft auch das kleinste und wahrscheinlich wichtigste „Haustier“ der Menschen- die Honigbiene. Durch das Bestäuben von Obstbäumen und Sträuchern sichert die Honigbiene und ihre wilden Verwandten eine reiche Ernte.
Zum Thema Imkerei habe ich den Heidelsheimer Imker Rudi Rehm befragt.

 

Frage 1: Sehr geehrte Herr Rehm, danke dass sie sich für das Interview Zeit nehmen. Meine Erste Frage lautet: Wie sind sie auf das Imkern gekommen und seit wann sind sie dort aktiv?

Ich habe mich schon sehr früh für Bienen begeistert. Schon mit 11 Jahren hatte ich mit Herrn Nagel, einem 50-jährigen Imker meine ersten Imkererfahrungen. Weitere Lehrmeister waren Dr. Ritter aus Freiburg und Dr. Breschko aus Österreich. Der Startschuss war dann 1967. Da habe ich mit meinem ersten Bienenvolk begonnen.

 

Frage 2: Die Europäische Honigbiene (Apis mellifera) kam ursprünglich in Europa, Afrika und Vorderasen vor und ist mittlerweile weltweit verbreitet. Sie existiert in verschiedenen Varianten. Welche Bienenrassen halten Sie?

Ich bin Mitglied beim Bundesverband Dunkle Biene Deutschland e.V., einem Verein der sich der Erhaltung der Dunklen Europäischen Honigbiene (Apis mellifera mellifera) widmet. Diese ist die ursprüngliche Bienenrasse, die sich in Europa nach der Eiszeit angesiedelt hat. Sie hat eine hohe Kälteresistenz und hohe Flugkraft, leider sticht sie aber auch schneller als andere Bienenrassen. Daher werden mittlerweile zahmere und leistungsstärkere gezüchtete Bienenrassen wie die Buckfast-Biene verwendet. Ich habe beide Rassen bei mir.

 

Frage 3: Was macht Ihre Bienenhaltung so speziell? Ich sehe, sie haben einige recht ungewöhnliche Bienenstöcke.

(lacht), naja die klassischen Bienenstöcke sind eben eckig und so leichter zu transportieren. Typisch menschlich eben, das hat aber auch Nachteile. In den Ecken bildet sich leicht Schimmel. Ursprünglich ist die Biene eine Waldbewohnerin, die sich in verlassenen Spechthöhlen einnistet. Dort gibt es keine Ecken. Auch das Einflugsloch ist ein Spechtloch und kein Schlitz wie man es bei den klassischen Bienenstöcken kennt. Damit keine Vögel sich über das Loch an dem Bienenvolk zu schaffen macht, habe ich ein Stück Hasendraht über die Öffnung geschraubt. Das hält gefiederte Eindringlinge fern und bietet den Bienen noch genug Platz.

 

 

Frage 4: Die Varroamilbe (Varroa destructor) ist der Schrecken aller Imker. Als blutsaugender Parasit befällt es die Brut und adulte Bienen. Sie verursacht bei der Brut eine Virusinfektion, wodurch die Flügel verkrüppeln. Chemische Mittel gegen diesen Schädling enthalten Ameisensäure und sollen den Bienen helfen. Sie arbeiten aber seit einem Jahr ohne die obligatorische Varroamilbenbekämpfung.

Ja, das ist richtig. Ich arbeite an einer anderen Art der Bienenvölkerführung. Die Bekämpfung der Varroamilbe mit Ameisensäure ist mir zu grob- nicht nur die Milbe geht dadurch ein, auch die Bienen leiden darunter! Die Varroamilbe wird von Bienenvolk zu Bienenvolk übertragen, wenn die Völker dicht beieinanderstehen. Wie bei Corona, ist auch hier das erste Gebot, Abstand halten- nicht zu viele Bienenvölker auf einem Ort. Meine Bienenstöcke haben außerdem im oberen Bereich einen Hohlraum gefüllt mit Schafswolle. Das soll zum einen die Luftfeuchtigkeit aufnehmen und zum anderen den Bücherskorpion beheimaten. Dieser wenige Millimeter große Skorpion macht Jagd auf die Varroamilben. Eine biologische Bekämpfungsmaßnahme also.

 

Frage 5: Worauf kommt es beim Umgang mit Bienen an? Was ist besonders wichtig?

Man muss sich mit dem Thema gut befassen, bevor man sich in die Imkerei stürzt. Viele Jungimker besuchen ein bis zwei Vorträge zu dem Thema und legen dann gleich los, ohne das nötige Wissen zu haben. Man muss seine Bienen kennen, und vor allem Respekt vor Ihnen haben. Ein Stallhase zu mästen ist keine Kunst, aber mit einem hochkomplexen Superorganismus zu arbeiten, dazu gehört schon etwas mehr. Außerdem ist das Streben nach mehr und mehr Profit oft der Untergang. Ein Standort kann nur eine gewisse Anzahl an Bienenvölker ernähren, zu viele Völker auf einem Fleck bedeuten Hunger und Krankheiten, dies zeigt sich dann auch bei der Honigernte.

 

Frage 6: Albert Einstein sagte einst, „wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen.“ In Teilen Chinas ist die Lage so ernst, dass Obstbäume per Menschenhand bestäubt werden müssen, da es keine Bienen mehr gibt. Was kann man gegen den Trend „Bienensterben“ unternehmen?

Ja, das Bienensterben bzw. Insektensterben ist ein globales Problem. Vor allem Pestiz

ide in der Landwirtschaft und der allgemeine Flächenfraß sind Hauptursachen. Man kann aber auch als Einzelperson Bienen unterstützen, indem man seinen (Vor)garten verwildern lässt. Wer Bienen besonders unterstützen möchte kann Aster, Lavendel oder Salbei in den Garten Pflanzen. Bei den Baumarten stehen Linden, Akazien (Robinien) und Vogelkirschen bei den Bienen hoch im Kurs.

 

Frage 7: Sie haben eine informationsreiche Website und den Youtube-Kanal Imkerei Rehm- Honig und Mehr. Im Spätjahr möchten Sie auch ein Buch herausgeben. Ihnen liegt die Wissensvermittlung am Herzen.

Ja, wobei ich bei den klassischen Imkern oft mit meinen Methoden anecke. Mir ist bei meiner Wissensvermittlung die Qualität wichtiger als die Quantität. Für meine Schüler nehme ich mir viel Zeit und begleite sie auch bei ihren ersten Schritten zur Imkerei. Meine Tochter unterstützt mich beim Einrichten meiner Internetseite und bei meinem YouTube-Kanal.

 

Text u. Bilder: Benedikt Siegel

Unser Termintipp:

https://landfunker.de/bruchsal-wer-rettet-die-bienen

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