In aller Kürze
• Petition fordert Erhalt als Kultur- und Gasthaus
• Genossenschaftliche Finanzierungsidee in Planung
Bruchsal, 19.10.2025 | Der Bär ist los – jedenfalls im Logo. Oben links im Bruchsaler Wappen hockt er, rundlich, brav, ein Comic-Kollege aus dem Clipart-Katalog von 2002. Darunter der Name „BruchsalBärenstark“. Hmm, klingt, als träfe man sich dienstags um zehn in der Kindergartengruppe?
Falsch gedacht: Auch wenn das Logo und der Name so aussehen, als würden sie für eine Kindergarten-Bastelgruppe werben, es handelt sich tatsächlich um eine Bruchsaler Widerstandsbewegung gegen das Finanzministerium. Und Sie, liebe Leser, könnten beim Widerstand mitmachen. Wie erfahren Sie weiter unten.
Den „Bären“ vor der behördlichen Einschläferung bewahren
Die Bruchsaler Akteure wollen nichts weniger, als eines der ältesten Wirtshäuser Bruchsals vor dem Amtsschimmel retten. Es sind keine Unbekannten in unserer Stadt. Ihre Waffen sind Geschichtsbewusstsein, Öffentlichkeitsarbeit und ein Bürgerbegehren in Form einer Petition. Dass diese nun vom Land zugelassen wurde, beweist, dass man selbst mit einem „bärenstarken“ Namen ordentlich Krach schlagen kann. Also bleiben Sie dran!
Eins nach dem anderen
Es ist Oktober 2022 und die Pächterfamilie Machauer gibt aus gesundheitlichen Gründen auf, der Gasthof „Zum Bären“ schließt nach Jahrzehnten erfolgreichen Betriebs. Nun ist der Bären erstmal zu. Im Mai 2025, knappe drei Jahre später, entscheidet das Land Baden-Württemberg – genauer: das Finanzministerium und die Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) – das Gebäude am Damianstor nicht weiter gastronomisch zu nutzen. Begründung: zu teuer, zu aufwendig, zu unrentabel. Von einem mittleren einstelligen Millionenbetrag ist die Rede, wollte man Küche, Leitungen und Brandschutz auf Vordermann bringen. Also lieber keine Bratkartoffeln mehr, sondern Besprechungsräume für die Denkmalverwaltung. Der Bär als Verwaltungsakteur – ein trauriges Bild.
Wirtshaus mit Geschichte: Hier wurde schon vor über 180 Jahren gegessen, gestritten und versammelt.
Genau an dieser Stelle stapft „BruchsalBärenstark“ ins Geschehen: eine frisch gegründete Bürgerinitiative bestehend aus Historikern, Kommunikationsprofis und Lokalpatrioten: Zuvorderst Journalist Rainer Kaufmann, Historiker Dr. Jürgen Dick, Weinbauer Ulrich Klumpp, Rüdiger Lupp (FDP-Ortsvorsitzender) und Sonja Zeh, Lokalredakteurin des Kurier mit dem Blick auf das historische Bruchsal. Ihr Ziel: Den „Bären“ wiederbeleben – als Ort für Gastronomie, Kultur und Geschichte.
Als Bürgerinitiative haben sie nun eine Petition beim Landtag eingereicht, die inzwischen offiziell angenommen wurde. Knapp 185 Menschen – die meisten aus Bruchsal – haben bislang unterzeichnet. Nicht gerade die Masse eines Volksaufstands, aber ein Signal, das in Bruchsal zwischen Tageszeitung und sozialen Medien immer deutlicher durchflimmert. Und – das wünscht sich auch die Landfunker-Redaktion – hoffentlich noch kräftig an Fahrt aufnimmt.
Essen, reden, streiten – die Zutaten im historischen Bruchsaler Bären
Die Initiative „BruchsalBärenstark“ argumentiert mit Tradition und Identität: Der „Bären“ war nicht nur ein Gasthaus, sondern auch ein geschichtsträchtiger Ort – Treffpunkt des demokratischen Volksvereins während der Revolution von 1848/49. Essen, reden, streiten – die Zutaten einer frühen politischen Küche. Das soll wiederkehren, sagen die Initiatoren: mit regionaler Gastronomie, kulturellen Veranstaltungen und vielleicht sogar mit einem kleinen Bürgerfonds. Konkrete Zahlen, Pachtmodelle oder Investorenideen sind noch in der Mache. Der Bär ist wach, aber noch ohne Speiseplan.
Vorwurf der „Respektlosigkeit“ an die DeHoGa
Dann die erste Reibung: Christian Hochhaus, Bruchsaler Gastronom und Dehoga-Kreisvorsitzender, sieht beim „Bären“ vor allem Probleme – hohe Umbaukosten, gestiegene Energiepreise, fragliche Zielgruppe. Die Bärengruppe kontert öffentlich: zu wenig Herzblut, zu viel Pessimismus. Den Hinweis, im „Bären“ hätten früher vor allem Seniorinnen und Senioren gegessen, nennt sie „ziemlich respektlos“ und verweist auf die Kaufkraft der Best-Ager. Hier prallen Welten aufeinander: Buchhaltender Gastronom versus Idealisten.
Was der Löwe kann, sollte der Bär auch können
Vielleicht hilft ein kurzer Blick über den Tellerand hinüber nach Rheinsheim. Da hat die Dorfgemeinschaft mit dem Bürgerhaus „Löwen“ vorgemacht, wie’s gehen kann – durch private Initiative, Vereine, Ehrenamt und viel Selbstvertrauen. Heute ist der „Löwe“ dort Wirtshaus, Kulturort und Treffpunkt in einem. Doch Bruchsal ist keine Dorfgemeinschaft, sondern eine Stadt mit mehr Verwaltungs- als Vereinsgeist. Ob sich hier ähnliche Energie bündeln lässt, bleibt die große Frage und fordert den Bruchsaler Bürgersinn heraus.
Was bisher fehlt, ist der zweite Teil des Plans: Was passiert, wenn das Land tatsächlich einlenkt? Will die BI das Gebäude kaufen, pachten, genossenschaftlich tragen? Wer investiert, wer bewirtschaftet, wer bleibt am Ende mit den Rechnungen sitzen? Offiziell heißt es: „Wir entwickeln ein Konzept.“ Das ist sympathisch offen – aber auch offen im Sinne von „noch nicht vorhanden“. Dabei eilt es, denn man will verhindern, dass das Land alsbald schon eine Entscheidung trifft.
Es ist gut, dass der Bären nicht einfach „abgehakt“ wird. Bitte auch nicht vom Land.
Selbst ohne fertigen Plan steht eines fest: Der Diskurs um den Bären hat wieder Feuer. Nach Jahren des Schweigens wird gestritten, diskutiert, gesammelt, geträumt. Und vielleicht ist das schon der erste Erfolg. Denn während das Land über Rentabilität spricht, redet Bruchsal endlich wieder über eine gute Seele der Stadt, die künftig wieder in einem der ältesten Wirtshäuser der Stadt wohnen soll.
Unterstützen Sie die Petition noch bis zum 24.11.
Wichtig: Es gibt keine Alterbegrenzung!
Also, liebe Leser: Wer den Bären lieber mit Besteck als mit Büroklammern sieht, sollte sich nicht nur der Initiative anschließen, sondern auch die Petition unterzeichnen – online beim Landtag oder direkt bei der BI. (zur Webseite der Bürgerinitiative). Es muss fix gehen, denn es ist nur noch bis zum 24.11. Zeit und es barucht mindestens 10.000 Unterstützer. Eine gefühlt sehr hohe Zahl für Bruchsaler Verhältnisse, aber immerhin gibt es keine Altersgrenze nach unten, auch Minderjährige sind zeichnungsberechtigt. Vielleicht finden sich auch in den Nachbarorten Menschen, die gerne mal wieder in den Bären essen (und streiten) gehen wollen.
Hier können Sie die Petition direkt mitzeichnen!
Reichen Sie diesen Artikel oder unsere Facebookseite mit dem Link an Ihre Freunde weiter und wer weiß: Vielleicht wächst aus dem Clipart-Bärchen ja doch noch ein echtes Wappentier. Eines mit Zähnen, Haltung und großem Appetit.
Übrigens: Der Landfunker hat’s jetzt auch getan.
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Ich kann mir fast nicht langweiligeres als eine Verwaltungsstelle im Gasthaus zum Bären. Aber es passt ja dann. Anstatt Gourmetmeile hat Bruchsal eben eine Verwaltungsmeile: Schlossverwaltung, Finanzverwaltung, Polizeidienststelle und JVA. Stadtmarketing at its best.
Der Gegenentwurf wäre eine Meile mit Außenbewirtung und Angeboten vom Kuchen bis zur Pizza. Für Touris, für Ausflügler, Bustouristen, Tagesgaste und für uns Bruchsaler. Mit dem Bären als Sahnehäubchen.
Nicht jede Bürgerinitiative ist sinnvoll, was die Initiatoren tatsächlich erreichen möchten ist doch sehr verwaschen. Angesichts der Problematik in der Gastronomie sind tragbare Lösungen für den Bären nicht in Sicht.
ich finde, die Argumentation ist nicht verwaschen: Was die Initiatoren wollen ist zunächst einmal die Entscheidung beim Land zu vertagen, denn ein Konzept, vor allem, wenn es tragfähig sein soll, braucht Zeit.
Mir gefällt die Aktion und der Gedanke, das historische Gebäude mit Bruchsaler Geschichte nicht ein für alle Mal in ein Bürohaus umzuwandeln. Der Versuch ist es allemal wert.
Liebe Landfunker. Vielen Dank für diesen Bericht. Jetzt sind Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft gefragt, gemeinsam dem Land BW und seiner Verwaltung die unmöglichen Büroträume im Bären auszureden. Wer mitmachen will: Der erste Schritt wäre die Mitunterzeichnung unserer Petition. Der zweite: Wir laden ein zu einem ersten öffentlichen Informationsabend über die Rolle des „Bären – ehemals: Hetterich`sches Bierhaus“ in der Demokratiegeschichte Bruchsals. Termin vormerken: 28. Oktober, 19:00 Uhr im Weingut Klumpp in der Heidelberger Straße 100. Dabei werden wir auch erste Ideen für die zukünftige Konzeption dieses für die Bruchsaler Geschichts-Identifikation wichtigen Bürger-Gasthauses zur Diskussion stellen. Damit wir planen können, wäre eine rechtzeitige Anmeldung erwünscht: info@baeren-bruchsal.de.
Ich finde es gut, wenn denkmalgeschützte Gebäude eine sinnvolle Nutzung erhalten.
Über den durch den Denkmalschutz generierten Zusatzaufwand sollte gesprochen werden. Will man das Gebäude erhalten, könnte es mit einem Mix eine Chance geben.
Das Herr Hochhaus als Betreiber des benachbarten Schloßcafes dies anders sieht, ist aus meiner Sicht menschlich.
Allerdings macht das Ganze ohne Pächter keinen Sinn.
Der Erhalt eines denkmalgeschützten Gebäudes für Leerstand oder Verwaltung wäre eine schlechtere Lösung. Zumal die Verwaltung in den nächsten Jahren deutlich weniger Mitarbeiter haben wird.
(Weniger Arbeitskräfte vorhanden und die überfällige Digitalisierung der Verwaltung).
Bei der von Ihnen angesprochenen alten Feuerwehr in bester Innenstadtlage bin ich für eine Folgenutzung ohne öffentliche Gelder.
Ist ja primär nicht die „alte Feuerwehr“, sondern da haben 1938 die Nationalsozialisten dereinst eine Synagoge abgebrannt. Ich fände, so ein Ort sollte eine andere Würdigung erfahren, als das nächste Immobilienprojekt zu wittern. Genau deren Regime zeichnete dafür auch dafür vor allem seit dem 1.3.1945 verantwortlich, dass die „Barockstadt Bruchsal“ im Bestand überwiegend aus Nachkriegsarchitektur besteht.
Ich habe auch viele Einwände gegen die arrogante Argumentation von Herrn Hochhaus. Nur: Wir sollten bei der Wahrheit bleiben. Nach meinen Informationen war Herr Hochhaus bis vor einiger Zeit Betreiber des Schlosscafes. Heute ist er wohl im Ruhestand und hat mit dem Cafe nicht mehr viel zu tun. Dass diese frühere Tätigkeit dennoch seinen Blick auf die Realität und die Chancen, die im Gasthaus „Zum Bären – ehemals Hetterich`sches Bierhaus“ stecken, etwas verstellt, möchte ich dabei nicht ausschließen.
Ich seh’s kritisch. Was hätten denn andere -abseits der Best Ager Zielgruppe- denn von einer Gastrostätte, die für den Rest zu teuer ist und womöglich -in Zeiten knapper Kassen- zusätzliches Steuergeld frisst und am Ende -wie vorher schon- nur eine teure Speisekarte für Leute mit dickem Geldbeutel rauskommt? In Zeiten wirtschaftlicher Rezession sind das immer weniger Prozente der Bevölkerung, die sich einen Reastaurantbesauch leisten können.
Wenn schon Kulturausbau, dann lieber die Mittel fokussieren und die Gelder für das Areal der alten Synagoge ausgeben.