WILLI-Kommentar | BLITZER – ein erträgliches Geschäft?

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Dass notorische Bleifüße und Raser auf unseren Straßen nichts zu suchen haben, darüber herrscht wohl Konsens. Ob Kommunen aber immerzu weitere Überwachungssysteme anschaffen sollten, darüber gehen die Meinungen bisweilen auseinander. Denn mancher sieht dies eher als Strategie, im Namen der Verkehrssicherheit besonders die Autofahrer noch weiter zu schröpfen.

Der Leiter des Bruchsaler Ordnungsamts Oliver Bienek ist recht stolz auf die Errungenschaften der Stadt zur Verkehrssicherheit und -überwachung. Wenigstens kann man sich dieses Eindrucks nicht erwehren, wenn man seinem, mit umfangreichem Zahlenmaterial gespickten Vortrag zur mobilen, teilstationären und stationären Geschwindigkeitsüberwachung folgt, den er jüngst den Gemeinderäten der Kommune vorstellte. Technisch werde man bald auf dem neuesten Stand sein, einheitliche Systeme führten dann zu Synergieeffekten und die Daten belegten die Effizienz der Kontrolle des fließenden Verkehrs. Bruchsal werde sicherer und die Geschwindigkeitskontrollen dienten dem landesweit ausgerufenen Ziel, bis 2030 die Zahl der Verkehrstoten drastisch zu senken.

Mehr Verkehrssicherheit auf kommunalen Straßen

Wo und wann in Bruchsal Lasersäulen in welche Richtung blitzen und scharf gestellt sind oder zusätzlich der Rotlichtüberwachung dienen, wo veraltete „Starenkästen“ als Attrappen verbleiben und die Autofahrer weiterhin abschrecken; Bieneks Ausführungen ließen fast keine Fragen offen. Wobei bisweilen unterging: Die relative Zahl der Verstöße verringerte sich in den vergangenen Jahren und die Autofahrer verhalten sich zunehmend verantwortungsvoller. Aufgrund der drastisch erhöhten Bußgelder bleiben die Kontrollen aber dennoch ein einträgliches Geschäft!

Ob allerdings bei der Verkehrsüberwachung weiter aufgerüstet werden soll, darüber herrschte keine einhellige Meinung. Denn im Gegensatz zu Bienek, der Verwaltung und insbesondere der Grünen, sah die Mehrheit des Gemeinderats schon vor Jahren keine Veranlassung, einen weiteren dieser semistationären Messanhänger anzuschaffen, der an unterschiedlichsten Stellen abgestellt wird und dort für einige Tage rund um die Uhr fleißig die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer überwacht. Wobei Motorradfahrer auch modernste Technik umgehen können und aufgrund der Helmpflicht scheinbar schwerlich juristisch zu belangen sind. Ebenso wie aggressive Radfahrer, die sich nicht nur in Tempo-30-Zonen manchmal aufführen, als gehörten ihnen allein Straßen und Gehsteige.

Einen satten Millionenbetrag verbucht die Stadt Bruchsal jährlich durch die Bußgeldbescheide aufgrund von Geschwindigkeitsverstößen und auch in anderen Kommunen klingeln die Kassen kräftig. Werden durch diese Kontrollen also vornehmlich kommunale Haushaltslöcher gestopft? Gelegentlich entsteht dieser Eindruck. Denn als der Bruchsaler Gemeinderat einen zweiten Messanhänger ablehnte, betonte die Verwaltung, der Rat müsse gefälligst zur Kenntnis nehmen, dass dadurch 300.000 Euro im Stadtsäckel fehlten! Nach außen lässt man natürlich verlauten, Geld spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle und Maßstab des Handelns seien allein der Lärmschutz und die Sicherheit im Straßenverkehr.

Sollte dies aber tatsächlich zutreffen, weshalb lässt man bei der Gemeinde und den regionalen Ämtern dann in anderen Fällen einiges schleifen oder schiebt es auf die lange Bank? Weil finanziell nichts zu holen ist? So liegen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung der Durlacherstraße in Bruchsal seit Jahren auf Eis. Sind hier keine Anwohner gestört? Ist die Verkehrssicherheit dort etwa vorbildlich? Sind Menschen, die beim Scheelkopf, am Augsteiner oder Schloss wohnen, schützenswerter? Oder warum müssen Ältere seit Jahren unter Aufbietung aller Kräfte beim Kübelmarkt/Oppenheimer Platz über die Bundesstraße hasten? Keine zehn Sekunden Zeit bleibt ihnen zur Querung! Ist das der Verkehrssicherheit förderlich? Weshalb warten die Behörden bis zum Sankt Nimmerleinstag auf eine vermeintlich „Große Lösung“ für diesen Verkehrsknotenpunkt? Scheren sich die Zuständigen deshalb so wenig darum, weil eine Abhilfe mit Kosten verbunden ist?

Bußgelder lassen die Kassen klingeln

Und apropos Klimawandel und CO₂- Emmisionen: Glaubt man bei der Stadt Bruchsal tatsächlich, durch Tempo-30- Zonen den Planeten zu retten, wie es in Vorlagen zu lesen ist? Als Rechtfertigung reichen Verkehrssicherheit oder der Lärmschutz vollkommen aus! Wie wäre es andererseits, nach Mitternacht vielleicht weitere Ampeln abzuschalten und generell so zu takten, dass ein besserer Verkehrsfluss entsteht und Autofahrer nicht ständig ungewollt auf der Bremse stehen? Dazu zählt auch, Verkehrsbehinderungen durch Baustellen auf ein Minimum zu begrenzen. Statt seitens der regionalen und kommunalen Behörden den Verkehrsteilnehmern Umleitungen zu empfehlen, sollte auf eine zügige Fertigstellung der Bautätigkeit geachtet werden. Denn wie perfide ist es, wenn manche Verzögerung bei Bauarbeiten gar noch genutzt wird, um schwerpunktartig durch Geschwindigkeitsmessungen abzukassieren. Nicht nur Gemeinderat Hans-Peter Kistenberger bringt derartiges Verhalten zurecht in Rage! Dabei ist bisweilen sogar nebulös, wer auf den Straßen des Landkreises kontrolliert. Als vor Wochen zwischen Ober- und Untergrombach geblitzt wurde, war danach völlig unklar, wer zu welchem Anlass dort aktiv gewesen war. Die Bruchsaler Verwaltung wusste trotz mehrmaliger Anfrage nichts davon, ebenso wenig der Landkreis Karlsruhe. Verblieben also nur die Polizeibehörden. Aber auch dort konnte nach intensiver, interner Recherche nur bestätigt werden, dass keine Messungen veranlasst wurden. Allerdings könne man doch vielleicht noch einmal bei der Stadt Bruchsal nachfragen…

Übrigens verfolgt manche Gemeinde im Landkreis Karlsruhe simple Geschwindigkeitsverstöße auch über den Tod eines Autobesitzers hinaus auf recht beschämende Weise. Scheint es, als sei ein inzwischen verstorbener Fahrzeughalter nicht die Person, die bei einer Kontrolle geblitzt wurde, so beugt man sich im Ordnungsamt dennoch weiter über die Fotos und forscht nach, wer wohl mit dem Eigentümer zusammenlebte oder mit dessen Auto noch zu Lebzeiten unterwegs gewesen sein könnte. Und trotz Kenntnis der tragischen Umstände veranlasst das Amt sogar pietätlose Hausbesuche durch lokale Polizeibehörden zur Überprüfung und dem Abgleich von Personen, Passbildern und Blitzerfotos. Immerhin geht es mitunter um satte 135 Euro! Wenn die Behörden doch auch sonst immer so zielstrebig und hartnäckig wären…

Text: Hubert Hieke

Aus RegioMagazin WILLI 09/2024

 

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