Kirrlach, 20. September 2024 | Drei Jahre voller Leidenschaft, Handwerk und der Vision, dem Bäckerhandwerk wieder seine Seele zurückzugeben – nun endet diese Reise, und es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Die Brotmacherin aus Kirrlach, Renate Faust, die mit ihrem kleinen Ein-Frau-Betrieb so viele Herzen mit echtem, traditionellem Sauerteigbrot gewonnen hat, wird am 30. September 2024 ihre Bäckerei schließen.
Rebellion gegen die Massenware
Renate hat nicht nur Brot gebacken, sie hat mit jedem Laib eine kleine Rebellion geführt: gegen die industrielle Massenware, gegen die Backfabriken und für die Kunst des Handwerks. Ihr Brot, ein handgefertigtes Produkt aus regionalen Zutaten, fermentiertem Sauerteig und der festen Überzeugung, dass man Brot noch mit Zeit und Liebe machen sollte, hat in Kirrlach und Umgebung Wellen der Begeisterung ausgelöst. Doch Begeisterung allein reicht nicht.
Ein Ort für Handwerk und Qualität
Wir erinnern uns an unseren Filmbeitrag vom Februar 2023, als wir die „Brotmacherin“ das erste Mal besuchten. Damals waren wir beeindruckt von der Hingabe, mit der Renate ihre Brote kreierte. Ihr kleiner Laden in der Waghäusler Straße war mehr als eine Bäckerei – es war ein Zeichen dafür, dass Handwerk und Qualität noch einen Platz in unserer schnelllebigen Welt haben. Wir sprachen mit Renate über ihre Philosophie, die Reinheit ihrer Zutaten und ihren unermüdlichen Einsatz, den Menschen etwas Besonderes zu bieten: Brot, wie es früher war, ohne künstliche Zusätze, aber dafür mit echter Liebe gemacht. Der Aufwand war enorm – vier Tage Vorbereitung für zwei Öffnungstage pro Woche.
Ein harter Kampf ums Überleben
Doch trotz all der Anerkennung, die Renate erfuhr, war der Kampf um die Existenz härter als gedacht. „Ich kann nicht von Luft und Liebe leben“, schreibt sie in ihrem Abschiedsbrief. Die Umsätze waren einfach nicht ausreichend, um die Bäckerei am Leben zu erhalten. Mehr Öffnungstage hätten Angestellte erfordert, die sie sich nicht leisten konnte. Die letzten drei Jahre arbeitete sie ohne Gehaltsbezug, in der Hoffnung, dass sich der Traum von einem nachhaltigen Geschäft erfüllt. Hinzu kamen gesundheitliche Probleme, die es ihr immer schwerer machten, das Geschäft allein zu stemmen.
Warum scheitern kleine Betriebe?
Es ist eine schmerzliche Erkenntnis, die wir alle teilen müssen: Warum sagen wir, dass wir regional einkaufen wollen, dass wir kleine Geschäfte unterstützen möchten – und doch bleibt der Laden oft leer? Renate ist nicht die Erste, die diesen Weg gehen muss. Viele Einzelkämpfer, die mit Herz und Leidenschaft ihre Läden führen, scheitern letztlich an dem, was sie nicht selbst beeinflussen können – dem Verhalten der Konsumenten. Die große Mehrheit spricht sich zwar für den Erhalt solcher Bäckereien aus, doch die Realität sieht anders aus.
Ein Abschied, der nachdenklich macht
Renates Geschichte ist nur ein Beispiel von vielen, die uns nachdenklich machen sollten. Sie hat es gewagt, gegen den Strom zu schwimmen, hat für Qualität und Handwerk gekämpft und am Ende – wie sie selbst sagt – die Katze im Schwanz gebissen. Nun schließt ein weiterer Ort der Menschlichkeit und des handwerklichen Könnens seine Türen.
Ein letzter Gruß an die Brotmacherin
Zum Abschied möchten wir noch einmal unseren Filmbeitrag aus dem Jahr 2023 aus dem Archiv holen, um die Arbeit dieser außergewöhnlichen Frau zu würdigen. Es war ein kleiner Betrieb, aber einer, der einen großen Unterschied machte – für alle, die ihn unterstützt haben und für die, die ihn vermissen werden.
Unser Bericht aus dem TV-Archiv
Die Brotmacherin von Kirrlach – Nachhaltigkeit und Handwerkskunst vereint
Die letzten Brote gehen im September über die Ladentheke. Dann wird die Brotmacherin ihre Öfen ausschalten und sich von dem Traum verabschieden, der zu groß für eine kleine Stadt war. Fühlt euch gedrückt, schreibt sie an ihre Kunden. Und wir alle, die wir die kleinen Geschäfte lieben, sollten uns fragen: Wer drückt zurück?
Hier die Facebookseite der Brotmacherin >>>