ZEUTERN | Eine Reise, wie keine andere – Dieter Dutzi mit Esel Anton auf dem Jakobsweg (Archiv 2014)

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„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ Dieter Dutzi machte sich auf den Weg – zu Fuß seinem Lebenstraum entgegen – von Speyer nach Santiago de Compostela. Auf seinem Jakobsweg wurde der Zeuterner die 3.000 Kilometer über von seinem Esel begleitet. Im August kam der Pilger wieder zurück, gestärkt durch viele Eindrücke.

Mit 65 Jahren fasste Dieter Dutzi den Entschluss, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen. „Schon vor mehr als zehn Jahren verspürte ich den Wunsch, den Jakobsweg laufen zu wollen. Die tollen Bauwerke, Kathedralen, die Christlichkeit – das wollte ich mit meinen eigenen Augen gesehen und erlebt haben!“, erinnert sich der Rückkehrer. Er wolle nur mit einem Esel losziehen, nahm er sich damals schon vor. Rucksackschleppen und in Herbergen übernachten, wie viele andere Pilger auf dem Jakobsweg – das war es nicht, was der abenteuerlustige Rentner sich vorgestellt hatte. „Ich wollte jede Nacht in der Ruhe der freien Natur verbringen, abseits jeglicher Zivilisation.“

Gesagt, getan – Dieter Dutzi schaffte sich einen Wagen an, kaufte sich einen 6-jährigen Esel, nannte ihn Anton, packte seine sieben Sachen zusammen und machte sich auf den Weg.

Gelbe Muschel auf blauem Grund: das Symbol für Wege der Jakobspilger durch ganz Europa
Gelbe Muschel auf blauem Grund: das Symbol für Wege der Jakobspilger durch ganz Europa

In Speyer sollte die Reise des ehemaligen Industriemechanikers beginnen. „Ich wollte einen Startpunkt, der auch etwas mit dem Jakobsweg zu tun hat“, erklärt er. „Da vor dem Speyerer Dom eine Jakobs-Pilger-Statue steht, bot sich das natürlich an.“ Mit seinem Esel Anton marschierte der damals 65-Jährige im April 2012 los – im Schlepptau der große Wagen mit 350kg Gesamtgewicht, beladen mit Kleidung, Nahrungsmitteln, Werkzeugen, Zuggeschirr, Wertsachen und Kraftfutter für den Esel. Von Weißenburg über Straßburg, Mühlhausen und Lyon bis nach Mâcon pilgerte das Duo Tag für Tag seine Kilometer. Solange, bis Esel Anton sich schwer verletzte. Die Tierärzte hatten keine gute Nachricht für Dieter Dutzi: eine Weiterreise war mit Anton nicht möglich. Er musste sein Abenteuer nach 58 Tagen mit Rücksicht auf seinen Reisefreund unterbrechen. Der Esel sollte sich zuhause in Zeutern erholen, ehe die beiden Pilger 2013 zur zweiten Etappe aufbrachen.

„So was macht man nur 1 Mal im Leben“

Von seiner Familie, die ihm immer mit großem Verständnis und Unterstützung zur Seite stand, wurden Dieter und Anton zurück nach Mâcon gefahren. Voller neuer Energie starteten beide in Richtung Navarrenx, wo sich nach 78 Tagen die nächste Reiseunterbrechung anbahnte.  „Das war ein heftiger Tiefschlag“, betont der 67-Jährige, „wegen einer Gallenkolik wurde ich ins Krankenhaus gebracht und musste erneut nach Hause zurückkehren. Niedergeschlagen ließ ich Anton bei einem Bauern in Navarrenx zurück.“ Es folgte eine OP im Bruchsaler Krankenhaus. Nach seiner Erholung fasste der Rentner den Entschluss, seine Reise trotz aller Strapazen und Rückschläge zu Ende zu bringen. Er holte Anton bei dem Bauern in Navarrenx ab und startete erneut. Doch mit

Der Pilgerpass: Die Stempel belegen die gelaufene Strecke
Der Pilgerpass: Die Stempel belegen die gelaufene Strecke

Anton stimmte etwas nicht, ihn verließen zunehmend seine Kräfte. Tierärzte stellten letztendlich eine Erbkrankheit fest. Anton sollte nie wieder in der Lage sein, etwas zu ziehen – und da war doch der schwere Wagen mit all dem Gepäck.  „’Was nun?’ Hab ich mich gefragt? Mit Rucksack weiterwandern? Auf keinen Fall! Ich wollte um jeden Preis einen neuen Esel!“, erinnert sich der Pilger. Eine Woche später wurde ihm von einem anderen hilfsbereiten, französischen Bauern ein Esel vorgestellt: Martin, 22 Jahre alt, kräftig, stark, liebliche Augen – ein Prachttier. „Ich hab mir den Esel angeschaut und sofort „JA“ gesagt!“, erinnert sich Dieter Dutzi und lächelt. Ohne weitere Unterbrechungen wollte er sich nun auf den Weg machen, die restlichen Kilometer zu bewältigen.

Während seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg hat Dieter Dutzi massig an positiven Eindrücken und Erlebnissen gesammelt. „Ich wurde so oft von der völlig fremden Bevölkerung versorgt, das war beeindruckend!“, erzählt er. Als er eines Tages ohne Möglichkeit, sich mit Wasser und neuem Brot einzudecken, durch kleinere Ortschaften Frankreichs marschierte, fuhr eine Französin mit dem Auto einige Ortschaften weiter um ihm Baguette und Trinkflaschen zu holen.  Auch Esel Anton kam nicht selten auf seine Kosten und wurde oftmals mit Äpfeln beschenkt. Ein Problem auf seiner langen Reise waren die Verständigungsprobleme, gibt der Abenteurer zu: „Das war oft ein Kampf. Da ich keine Fremdsprache beherrsche, war es teils nicht einfach, mich in Frankreich und Spanien durchzuschlagen. Ich lege es jedem anderen ans Herz, zumindest ein paar Worte der anderen Sprache sprechen zu können. Am besten noch zwei, drei Freunde mitnehmen, von denen jeder eine der Sprachen sprechen kann“, lacht er.

Verständigungsprobleme

Am 8. August diesen Jahres war es dann nach insgesamt 258 Reisetagen soweit: Das große Ziel seiner Reise war in Sicht. Die letzte Strecke zum Grab des Apostels Jakob bestritt er gemeinsam mit seiner Frau, Tochter, Schwiegersohn und dem 6-jährigen Enkelkind. „Meine Familie hat mich immer unterstützt, ob vor der Reise oder auch währenddessen mit aufmunternden Worten am Telefon. Es hat mir viel bedeutet, sie an meiner Seite zu wissen!“, lächelt der Naturfreund und war überglücklich, als er in Santiago de Compostela ankam. „Das ist ein einmaliger Weg, den ich gegangen bin. So eine tolle Natur, die Bauwerke und die hilfsbereiten Menschen… Ich werde das alles nie vergessen. Ich kann es nur jedem empfehlen, mir diese einzigartige, besondere Reise nachzumachen.“

Tiefschlag, Gallenkolik

Als Dieter Dutzi im August wieder wohlbehalten in seinem Heimatort Zeutern ankam, wurde er von seinen Freunden und Nachbarn mit einer großen Grillparty willkommen geheißen. „Er hat uns allen sehr gefehlt“, gibt seine Frau Margaret zu. „Ich habe mich oft gesorgt und gehofft, dass er nicht krank wird und dass auch sonst nichts passiert. Aber Dieter war schon immer ein Abenteurer und da es sein großer Wunsch war, den Jakobsweg zu laufen, habe ich ihn natürlich so gut es ging unterstützt.“

Man hat das Gefühl, Dieter Dutzi ist der Rummel um seine Person nicht so recht und er nimmt sich normalerweise nicht so wichtig.

Geschafft: Ankunft in Santiago de Compostela, Dieter Dutzi mit Enkelsohn
Geschafft: Ankunft in Santiago de Compostela, Dieter Dutzi mit Enkelsohn

Trotzdem hat er ein riesiges Abenteuer hinter sich und hat sich diese Aufmerksamkeit verdient. Nochmal zu einer so großen Reise aufzubrechen, kommt für Dieter Dutzi allerdings nicht in Frage. „So was macht man 1 Mal im Leben. Aber kleinere Etappen werde ich natürlich noch oft wandern, das macht mir ja Spaß!“  Auch sonst ist er bestens ausgelastet. In seiner Freizeit hat er von Fußball bis hin zu Sportschießen eine Menge Auswahl an sportlichen Leidenschaften. Esel Martin kommt dabei auch nicht zu kurz: Jeden Morgen bringt Dieter Dutzi seinen Wegbegleiter auf eine Weide am Zeuterner Ortsausgang und holt ihn abends wieder zurück in den Stall. Genau wie auf der Reise, ist Martin auch hier im Ort ein echter Hingucker. Obwohl er in Zeutern nicht mit dem großen,  mit Fahnen und Blumen geschmückten Wagen zu sehen ist, freuen sich vor allem die Kinder immer wieder, wenn sie den Esel Martin abends zusammen mit Dieter zurück in den Stall führen dürfen.

Text: Maja Ihre, Bilder: Dieter Dutzi, egghead Medien

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