WILLI-Reportage | Vintage auf Achse

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Normalerweise landen Urlaubsfotos bei uns auf der WILLI-World-Wide-Seite. Das Bild von Armin Mezger aus Graben-Neudorf mit seiner Tochter Judith hat es jedoch direkt auf den WILLI-Titel geschafft. Denn so ein Gespann sieht man wirklich nicht alle Tage: ein Opel Manta B, Baujahr 1981, vorgespannt vor einen Eriba Touring Troll von 1984. Nostalgie pur.

it meiner jüngsten Tochter Judith und WILLI war ich bei den Vintage Camper Days im Erwin-Hymer-Museum in Bad Waldsee“, schrieb Armin uns. Was er nicht dazu sagte: Hinter diesem einen Foto steckt eine ganze Geschichte – über Oldtimerliebe, über Camping und über eine Vater-Tochter-Bande.

Armin erzählt, wie alles begann: „Kurz vor meinem 50. Geburtstag habe ich mir gesagt: Spätestens dann habe ich einen Oldtimer zu Hause stehen. Also habe ich gesucht – und plötzlich stand er da: mein Manta. Da habe ich mich sofort verliebt.“ Judith schmunzelt: „Verliebt war nicht nur er, auch Mama hat den Manta damals gleich ins Herz geschlossen. Aber beim Campen winkt sie bis heute ab – das ist einfach nicht ihr Ding.“

Armins ganzer Stolz: der Opel Manta von 1981 – original, mit Patina und unverwechselbarem Achtzigerjahre-Charme.

 

So kommt es, dass Vater und Tochter gemeinsam losziehen. „Allein macht’s ja nur halb so viel Spaß“, sagt Judith, die sich inzwischen gut mit den Gepflogenheiten auf Oldtimertreffen auskennt. Auch wenn sie offen zugibt: „Autos sind eigentlich nicht meine Welt. Aber die Stimmung, die Leute, die Gespräche – das ist echt schön.“

Bad Waldsee klingt für Außenstehende vielleicht wie ein idyllischer Ort im Allgäu – aber für Oldtimer-Fans ist es mehr: Hier steht das Erwin-Hymer-Museum, und einmal im Jahr werden die Tore geöffnet für die Vintage Camper Days. Dann verwandelt sich das Gelände in ein rollendes Freilichtmuseum: historische Autos, Wohnwagen, Busse, alles liebevoll restauriert. „Da wollten wir unbedingt hin“, erzählt Armin. „Aber klar, allein mit dem Gespann loszuziehen, das wäre halb so schön. Also Judith eingepackt – und los ging’s.“

Camping wie damals: Vor dem Eriba Troll laden Klapptisch, Stühle und Sonnenschirm im 80er-Jahre-Look zum Verweilen ein.

 

Natürlich läuft ein Manta von 1981 nicht wie ein moderner Diesel. „Über die Alpen haben wir es noch nicht probiert“, sagt Armin. „Aber im Schwarzwald, als wir wegen Stau die Landstraße genommen haben, ging’s ganz schön bergauf. Zweiter Gang, 40 km/h, und er hat’s geschafft. Er hat sich geplagt, aber er hat’s geschafft.“ Der Manta ist weitgehend original erhalten, nur stellenweise nachlackiert, mit Patina, aber unverbastelt. Einzige Veränderung sind die Opel-Doppelscheinwerfer als Originalzubehör.
Der Manta allein war Armin irgendwann nicht mehr genug. „Ich hab bei Treffen die alten VW-Busse mit Eriba-Anhängern gesehen – das sah einfach klasse aus. Da dachte ich mir: so etwas brauch ich auch.“ Also suchte er nach einer Anhängerkupplung. „Ich hab tatsächlich die letzte in Europa gefunden. Total verrostet, aber nach dem Sandstrahlen wie neu.“

Bald darauf stand auch der Eriba Touring Troll da. „Das war Zufall“, erzählt Judith. „Wir waren auf einer Hochzeit, und am Straßenrand stand er mit einem Schild ‚Zu verkaufen‘. Papa hat’s erst im Spaß erwähnt – und eine Woche später haben wir ihn gekauft.“
Innen drin ist es praktisch: zwei Betten, die man umbauen kann, kleine Küche, Retro-Charme. „So hat jeder sein eigenes Reich: Papa auf der einen Seite, ich auf der anderen. Fast wie Zwei-Zimmer-Küche-Bad – im Mini-Format.“

Gemütlicher 80er-Traum auf Rädern: Der Eriba Touring Troll bietet zwei kleine ‚Zimmer‘ und jede Menge Nostalgie.“

 

Doch damit nicht genug: Wer sich dem Gespann von Armin und Judith nähert, taucht sofort in eine andere Zeit ein. Da stehen Klapptische und Stühle im typischen Achtzigerjahre-Muster, teilweise echte Originale. Auf dem Tisch knistert ein alter Bajazzo-Transistorradio, betrieben mit Batterien, in einer Ecke liegt eine Agfa-Kamera, Armins Geschenk zur Erstkommunion, und im Wohnwagen thront die legendäre gehäkelte Klorollenmütze, liebevoll von seiner Frau angefertigt. Vorn im Manta darf selbstverständlich auch der Wackeldackel nicht fehlen – als stiller Beifahrer und Symbol einer ganzen Ära. Und weil es bei Armin immer noch ein bisschen mehr „Zeitreise“ sein darf, hat er auf der Anhängerkupplung noch ein originales Bonanza-Fahrrad montiert – stilecht mit Fuchsschwanz am Lenker, wie es damals dazugehört hat. „Man muss die Details lieben.“

Mit so einem Gespann fällt man auf. „Neulich an der Tankstelle fährt einer extra rein, macht das Fenster runter und ruft: ‚Geiles Auto! Geiles Auto!‘ – und fährt wieder weg. Da kriegst du Gänsehaut“, erzählt Armin. Auch Judith bestätigt: „Die Leute hupen, winken, lachen – unser Gespann wird unterwegs schnell zur kleinen Attraktion.“

Stilecht bis ins Detail: Das Bonanzarad mit Fuchsschwanz am Lenker macht die Zeitreise perfekt.

 

Wintercamping ist nicht geplant, aber Bad Waldsee steht schon wieder im Kalender. Außerdem träumt die Familie von einem VW T3 Bus. „Das wär’s noch“, meint Armin, „dann ist der Fuhrpark komplett.“ Bis dahin genießen er und Judith jeden Kilometer mit Manta und Troll.„Ich gebe zu, ich habe manchmal Schüttelfrost, wenn’s zu holprig ist“, sagt Judith lachend. „Aber am Ende macht’s doch immer Spaß.“

Und so bleibt Armin seiner Linie treu: „Ein Oldtimer muss nicht perfekt glänzen. Ein bisschen Patina gehört dazu. Hauptsache, er ist ehrlich – und fährt.“

 

Aus RegioMagazin WILLI 10/2025   |   Text: iris Weindel

 

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Siehe auch

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