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WILLI-Reportage | Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

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Dass manche Männer in Führungspositionen ihr Geld nicht wert sind, hat sich gerade wieder bei den Bruchsaler Stadtwerken gezeigt, wo der lange hochgelobte Geschäftsführer Armin Baumgärtner Knall auf Fall (O-Ton: „auf eigenen Wunsch“) binnen Tagesfrist (!) sein Büro räumte. Was zu dieser ungewöhnlich abrupten Trennung führte, liegt für die Öffentlichkeit bisher im Dunkeln. Jedenfalls muss es lichterloh gebrannt haben! In einer Nacht- und Nebelaktion musste man den ehemaligen Ettlinger Stadtwerkechef Eberhard Oehler, als Interimslösung aus dem Ruhestand holen. Zu hoffen ist, dass er statt dem eigenen Erscheinungsbild die substanzielle, kollegiale Arbeit wieder in den Mittelpunkt stellt.

Ob Männer allerdings generell ungerechtfertigt und über Gebühr entlohnt werden? Die Statistiken zum sogenannten Equal Pay Day zeigen seit Jahren, dass die Bruttoverdienste von Frauen in Deutschland fast ein Fünftel unter denen der Männer liegen; ein Sachverhalt, der als unbereinigter Gender Pay Gap bezeichnet wird und der im März jeden Jahres bis hinunter zu den Kommunen und Landkreisen moniert und bemängelt wird. Aber was sagen diese Befunde tatsächlich aus, die ja unter anderem dadurch verursacht sind, dass Frauen vermehrt in Teilzeit und niedrig entlohnten Branchen arbeiten? Einiges in der Debatte ist gerechtfertigt, anderes eher aufgeblasen, denn sind nicht viele der verbeamteten Frauen an staatlichen Schulen gutdotiert und freiwillig teilzeitbeschäftigt? Die bereinigte Einkommenslücke, die durch Verhandlungsgeschick oder tatsächliche frauenspezifische Diskriminierung entstehen kann, ist dagegen durchweg beklagenswert und beträgt in Deutschland beachtliche fünf Prozent. Wie geht man vor Ort bei uns mit all diesen Dingen um? Wie sieht es in den Behörden selbst aus? Denn allein die Bestellung meist weiblicher Gleichstellungsbeauftragter verringert die ungleiche Entlohnung ja um keinen einzigen Cent.

Fragt man bei Kommunen und im Landkreis nach, so ist der Befund zwiegespalten. In Bruchsal, der größten Landkreiskommune, werden die Fragestellungen proaktiv und offen angegangen. Und meinte man letztes Jahr noch, in offiziellen Verlautbarungen weitgehend auf die unbereinigte Lohnlücke fokussieren zu müssen, ist inzwischen wohl verstanden, wie sehr man sich mit pathetisch aufgeladenen Infos ins eigene Knie schießt. Dass nämlich auch die Stadt Bruchsal eine wohl beträchtliche unbereinigte Lohnlücke aufweist, wird von ihr keineswegs bestritten! Sachlich verweist man auf die vielschichtigen Ursachen, wie überproportionale Teilzeitarbeit bei Frauen und die Dominanz von Männern in höheren Verantwortungsebenen. Dass manches davon nicht gleich skandalisiert werden sollte, zeigt die Betonung der Stadt auf ihre besonderen Maßnahmen für Frauen in Teilzeitbeschäftigung und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So kann man sich gar einen smarten Wettbewerbsvorteil bei der Rekrutierung von Personal schaffen! Daneben will die Gemeinde, wie schon bisher, verstärkt Frauen in Führungspositionen bringen.

Equal Pay Day: Wie geht man bei uns vor Ort damit um?

Bemerkenswert ist, dass Bruchsal nicht leugnet, auch bei den bereinigten, geschlechtsspezifischen Einkommen im eigenen Verwaltungsbereich eine, wenngleich recht geringe, Lücke aufzuweisen. Hut ab! Denn diese Lohnlücke ist auf kommunaler Ebene schwerlich quantifizierbar. Es wäre ein Leichtes, deren Existenz einfach zu verneinen. Überraschenderweise tut Bruchsal dies dennoch nicht! Offensichtlich setzt man in diesen Fragen auf Dialog und Abhilfe und kehrt die Dinge nicht einfach unter den Teppich!
Auf Landkreisebene scheint man mit der Thematik hingegen entweder überfordert oder einfach desinteressiert. Dort erhält man allgemeine Hinweise und Binsen, wie die, dass der Equal Pay Day 2023 am 7. März stattfindet. Insgesamt erweckt die Behörde den Eindruck, die Privatwirtschaft sei für Unterschiede bei der Entlohnung von Männern und Frauen allein verantwortlich. Aussagen zu möglicher ungleicher Entlohnung in der Landratsbehörde? Pustekuchen! Vielmehr scheint man allein schon über eine derartige Anfrage gekränkt und düpiert. Denn im Antwortschreiben heißt es dazu knapp und lapidar: „Im öffentlichen Dienst gelten Tarifverträge bzw. beamtenrechtliche Vorgaben. Diese schließen eine unterschiedliche Bezahlung der Geschlechter aus.“ Punkt! Man kann Landrat Christoph Schnaudigel eigentlich nur anraten, einige seiner Bediensteten zur Nachhilfe in Sachen Gender Pay Gap nach Bruchsal zu schicken.

Übrigens: Sollten die Bruchsaler Stadtwerke längerfristig von einer Frau gemanagt werden, so würde sich der unbereinigte Gender Pay Gap beim Bruchsaler Versorgungsunternehmen nicht unerheblich verringern. Würde diese Frau Zusatzleistungen in ihren Vertrag hineinverhandeln, würde auch die bereinigte Lohnlücke schrumpfen. Ähnliches gilt natürlich auch für den Landkreis: Sollte Schnaudigel, der ja im Kreistag zur Wiederwahl steht, durch eine Frau ersetzt werden, so würde nicht nur frischer Wind einkehren, sondern auch der Gender Pay Gap im Landratsamt beträchtlich reduziert. Von der Bruchsaler Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick hat der Landrat allerdings derzeit weder direkt noch indirekt, etwas zu befürchten. Wie die Presse in der Landeshauptstadt Stuttgart berichtete, ist Petzold-Schick zwar eine der Vordenkerinnen, mehr Frauen in Bürgermeisterämter zu bringen und wird dabei vom Land finanziell unterstützt. Zum Glück für Schnaudigel ist dabei aber von einer Landrätinnenförderung nicht die Rede.

Text : Hubert Hieke

Aus RegioMagazin WILLI 03/2023

 

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