WILLI-Reportage | Als die Römer frech geworden (Archiv 2022)

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Wer kennt nicht das Lied: „Als die Römer frech geworden, zogen sie nach Deutschlands Norden…“? Zumindest zog ein Teil von ihnen an den Wagbach, auf ein späteres Wiesentaler Gebiet, errichtete dort eine militärische Befestigung und ließ sich für drei bis vier Jahrzehnte nieder.

Also, stammen die ersten Wiesentaler womöglich von den Römern ab? Eher unwahrscheinlich, denn das mit Soldaten besetzte Römerkastell und die römische Niederlassung liegen rund 1200 Jahre vor der offiziellen Gründung des Weilers Wiesental. Heimatfreunde und Heimatkundler sprechen von einem „historischen Kleinod aus der Römerzeit“, das im Osten von Wiesental – in Richtung Hambrücken – schlummert.

Im Museum im „Alten Rathaus“ gibt es Fundstücke aus der Römerzeit zu entdecken

Immerhin: Die Gemarkung des erst 1297 gegründeten kleinen Dorfes Wiesental gehörte einst zum großen Imperium Romanum. Es gibt wohl so zwei Dutzend konkrete Bezüge und noch viel mehr Bodenfundstücke, die beweisen, dass sich die alten Römer auf Wiesentaler Gebiet aufgehalten haben: nicht für eine Nacht, sondern für Jahrzehnte.

Bei der heutigen Poststraße mit verlängerter Stefanstraße dürfte es sich um eine alte römische Wegverbindung handeln. Dazu gehört auch der Schelmenheckweg, an dem – der Sage nach – ein großer römischer Heerführer in einem silbernen Sarg begraben liegen soll.

Scherben aus der römischen Eroberungszeit wurden in den 80er Jahren in der Zwetschgenallee zutage gefördert. Durch die Gemarkung zieht die noch erkennbar höher gelegene Römerstraße, die für den Vormarsch und den Nachschub geschaffen worden war. 1863 fand man im Waldboden vier römische Amphoren: bauchige Tongefäße mit Henkeln.

Das Römerkastell bot Platz für 80 Soldaten

Ehemalige Wegverbindungen aus den Römerjahren heißen vielfach „Eselsweg“, weil die Soldaten meistens Mauleseln als Lasttiere mitführten. So lassen die Wiesentaler Gewannbezeichnungen „Eselsfeld“ und „Eselsgrund“ diese Deutung zu, denn auf dem Gelände fanden sich und finden sich immer wieder Mauleselshufeisen.

Im „Eselschlag“ liegt die höchste natürliche Erhebung von Wiesental mit etwa 112 Metern. Unter den vielen Fundgegenständen befand sich auch eine Münze mit dem Bildnis des berüchtigten

Das Römerkastell von Wiesental kann im Museum im „Alten Rathaus“ in Wiesental besichtigt werden

Kaisers Nero. Bei der Begradigung der Landstraße nach Hambrücken und dem Bau der Wagbachbrücke stießen die Bauarbeiter 1953 auf auffallend viele römische Scherben und Ziegelbrocken, auf einen Wall, einen Graben und einen Schachtbrunnen. Bei der entdeckten Anlage handelt es sich um ein trapezförmiges Kastell mit ungleich langen Seiten, erbaut um das Jahr 82. Das weit und breit einzige Kastell bot Platz für nahezu 80 Soldaten.

Bestimmend für die Lage dieses Beobachtungspostens war wohl die in geringer Entfernung vorbeiziehende Römerstraße. Die Innenfläche betrug ungefähr 2.400 Quadratmeter. Ende 1991 kamen bei der Erweiterung der Kiesgrube der Kiesfirma Bauer besonders viele Ziegelscherben zum Vorschein. Auch damit existieren Belege, dass etwa 180 Meter westlich des Wagbachkastells – rechts und links des Wagbachs – eine zivile Siedlung lag, worauf die Grabungsergebnisse wie die Töpferofen und mehrere Brunnen hinweisen.

Ein ganzer Raum im ersten Obergeschoss des Heimatmuseums im alten Rathaus ist der Römerzeit gewidmet. Zu Verdeutlichung der damaligen politischen und militärischen Lage wurde von Mitgliedern des Heimatvereins Wiesental ein Modell des Römerkastells angefertigt.

Text: Werner Schmidhuber

Aus RegioMagazin WILLI 03/2022

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