Der Bruchsaler Fotograf Carl Ohler machte es sich zur Aufgabe die Tragödie und deren Ausmaß zu dokumentieren. Er nutzte dabei seine langjährige Erfahrung auf dem Spritzenwagen der Feuerwehr. Hoch oben auf der Leiter, teilweise während der Fahrt, entstand der Großteil der Aufnahmen, die heute die Zerstörung und das Leid dokumentieren.
Aus dem RegioMagazin WILLI 03/18
„Meine geliebte Heimatstadt Bruchsal wurde in nur wenigen Minuten durch einen Fliegerangriff zerstört, das vergesse ich mein Leben lang nicht mehr“, erinnert sich die heute 79-Jährige. „Es war ein wunderschöner Tag, so warm, dass ich im Hof mit meinem Sommerkleidchen und weißen Söckchen spielen durfte. Meine Eltern, mein Bruder und ich, wohnten in der Huttenstraße bei Schlosser Braun. Mein Vater arbeitete als Hausmeister im Kaufhaus Schardt (vormals Geschwister Knopf, später Kaufhaus Schneider). Meine Mutter hatte eine Putzstelle bei „Bäckersmüllers“ und nebenan in dem Lampengeschäft „Baschnagel“.
Das grauenvolle Ereignis am 1. März begab sich gerade, als sich Waltrauds Vater ins Kaufhaus Schardt aufmachen wollte. Man hörte das laute Dröhnen der Fliegermotoren. In dem Moment wussten sie, dass sie ganz schnell in den Luftschutzkeller mussten um zu überleben. Kaum dort angekommen prasselten auch schon die ersten Bomben auf die Erde. Als ihr Vater erstmals einen Blick nach draußen riskierte war er schockiert als er den riesigen Bombentrichter vor der Einfahrt sah. Die ganze Umgebung stand in Flammen, alles war zerstört – sogar der Amboss der Schlosserei Braun, die damals im Nachbargebäude der Bachmanns in der Huttenstraße ihren Hauptsitz hatte, glühte sehr stark.
„Fremde Männer zogen uns Gasmasken auf…“
Da es so stark brannte mussten sie sich mit Teppichen die Körper bedecken und versuchen aus dem Luftschutzkeller über den Garten zur Reserve nach oben zu gelangen. Die Teppiche fingen Feuer, aber sie schafften es alle unbeschadet nach oben zu kommen. „Ich weinte schrecklich vor Angst“, erinnert sich Waltraud Dietrich. Der Rauch war so furchtbar. Fremde Männer zogen uns dann eine Gasmaske auf, aber ich weinte immer noch.“
Zuflucht fanden sie dann bei Waltrauds Großmutter, die damals in der Württembergerstraße wohnte. „Wir hörten dort unten würde es nicht brennen und sind hin gelaufen. Doch hier suchten schon so viele Menschen zuflucht, dass wir nur unten in der Scheune bleiben konnten.“
Am nächsten Abend brachen die Bachmanns dann zu Fuß auf nach Bretten-Ruit, dort wohnte die andere Oma. Sie mussten nachts laufen, da Tiefflieger ständig im Einsatzflug waren und sie sonst entdeckt hätten. „Ich bin dort krank, mit einer schweren Rauchvergiftung angekommen. Ich konnte nichts essen und trinken, weil der Hals ganz übel aufgerissen war.“
Waltrauds Vater kehrte nach dem Angriff nach Bruchsal zurück um sich einen Überblick über die Verwüstung zu schaffen. „Im Haus war nichts mehr ganz außer dem Küchenherd, den er holte dann nach Ruit. Als er wieder zu uns kam, war er sehr traurig. Er erzählte von seiner Arbeitsstelle, dem Kaufhaus Schardt. Da war alles kaputt, und er sah die vielen Toten, die vom Luftdruck gestorben waren. Im Keller waren etliche junge Mädchen, kaum 18 Jahre alt ums Leben gekommen, die mein Vater kannte. Auch den Metzger Schorle und seine Kinder hat er auf der Straße liegen sehen. Sie sahen aus, als würden sie noch leben. Es war eine schrecklich tiefe Traurigkeit die er mit nach Ruit brachte.“
Plötzlich war Waltrauds Familie arm, sie hatten nichts mehr und standen vor den Trümmern ihres Lebens. Hilfe bekamen sie damals keine, jeder musste in dieser Zeit selbst schauen wo er bleibt.
Nächstes Jahr wird Waltraud Dietrich 80 Jahre alt und sie fragt sich heute, wie sie die damalige Armut, Traurigkeit und das Unheil überstehen konnten und es schafften sich ein neues Zuhause in Ruit aufzubauen. „Nur mit Gottes Hilfe“, sagt sie und hofft
Man kann es sich nicht mehr vorstellen, wie es gewesen sein muss, als am
1. März 1945 die Innenstadt Bruchsals dem Erdboden gleich gemacht wurde. Alles lag in Schutt und Asche. Ein Tag, der für die Leute, die ihn erleben mussten wie ein Brandmal in ihren Erinnerungen zurück bleibt. Auch die damals erst siebenjährige Waltraud Bachmann (heute Dietrich) kann sich daran erinnern, als wäre es erst gestern gewesen.