Aus RegioMagazin WILLI 9/17:
Bei einem zweiten Entwurf ließ sie sich vom Sonnengesang eines indianischen Liedes inspirieren, das das „Freisein, bis zum letzten Tag“ besingt und entwarf ein Kettenkarussell, das Begriffe wie Freiheit, Liebe, Erde in Stein gemeißelt fliegen lässt. Ein Stein mit Blumenornamenten in Anlehnung an Darstellungen im Jugendstil erhielt eine Bronzemedaille.
Sonja Stadelwieser-Spiegel zeigt auf mehrere Entwürfe, die nach Gesprächen mit Angehörigen und Freunden eines Verstorbenen entstanden. Es sind die Geschichten, aus denen sie erfährt, was die Person ausgemacht hat. „Hinter einem Grabstein steht ein Menschenleben. Vom Steinmetz, unter Einsatz von Körperkraft und viel kreativer Energie geformt, spendet er dem Betrachter Trost“, sagt sie. Manchmal, viel später, kämen Angehörige auf sie zu, um sich für das Gespräch zu bedanken. „Das ist dann das größte Lob für mich“, lacht die Heidelsheimerin. Nicht nur kreativ und körperlich zu arbeiten, sondern der enge Kontakt zu den Menschen sei sehr erfüllend.
„Namensträger“ nennt sie Grabsteine, die genormt, poliert und beschriftet aus Massenfertigung stammen und „keine Seele“ haben. Nach dem Krieg habe man ja nicht über die Gestorbenen gesprochen. Inzwischen sei es vielen Angehörigen wichtig, die Persönlichkeit des Verstorbenen beim Kauf des Steins zu berücksichtigen. Da habe sich die Grabkultur gewandelt. Andererseits gehe der Trend in Richtung Friedwald und anonymer Bestattung. Auf einen Ort der Trauer verzichten zu müssen sei für die Angehörigen jedoch manchmal sehr schmerzlich.
Das Unternehmen Stadelwieser besteht bereits in der vierten Generation. So wurde der Bildhauer und Urgroßvater Josef Stadelwieser 1908 aus Südtirol in den Kraichgau geholt, um das Schloss des Grafen Douglas in Gondelsheim mit Bildhauerarbeiten zu schmücken. Er ist auch der Kreator des Kriegerdenkmals in Heidelsheim und war an der Fertigung des Diskuswerfers im Berliner Olympiastadion beteiligt. Den Berlinaufenthalt zur Preisverleihung im Juni nutzte die Urenkelin kürzlich, um das Stadion zu besuchen. Der Anblick des Diskuswerfers habe ihr einen Schauer über den Rücken gejagt. „Der sieht aus wie mein Neffe“, sagt Sonja Stadelwieser-Spiegel. Der Großvater sei eben ein Genie gewesen, dessen Werke unverkennbar seine Handschrift trugen.
Dem beruflichen Erfolg und der Auszeichnungen zum Trotz ist Sonja Stadelwieser-Spiegel noch immer auf der Suche „nach ihrem Strich“. „Da ist etwas in mir, aber es ist noch nicht da“, versucht sie zu erklären. Kürzlich habe sie eine Bildhauerin getroffen, die sei berühmt, vermisse aber die Bodenständigkeit eines Steinmetzberufs. „Da können wir uns vielleicht gegenseitig aushelfen“, findet die 48-Jährige. Nun, da die Kinder größer seien, könne sie sich der persönlichen Entwicklung widmen, flankiert von ihrem heute 15-jährigen Sohn Marius, der in die Fußstapfen seiner Eltern treten möchte.
Text und Bilder: Susanne Maske
Werkstatt für Stein
Der Familienbetrieb „Stadelwieser – Werkstatt für Stein“ liegt im Ortskern von Heidelsheim. Gegründet wurde das Unternehmen von Josef Stadelswieser aus Südtirol, der 1908 nach Heidelsheim kam. Opa Eugen verlegte den Betrieb in die Oberelterstraße, wo Vater Egon Stadelwieser das Unternehmen modernisierte. Heute werden neben Grab- und Gedenksteinen auch Bauwerke restauriert, Küchenarbeitsplatten, Bodenbeläge und Fliesen verlegt. Seit 2003 wird das Unternehmen gemeinsam von Sonja Stadelwieser-Spiegel und ihrem Mann, dem Steinmetzmeister Stephan Spiegel geführt. Sie beschäftigen sechs Mitarbeiter.
www.stadelwieser.de