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Schock für Bretten: Traditionsunternehmen Neff schließt 2028 – über 1.000 Arbeitsplätze betroffen

Bretten, 10.10.25 | Wie aus einer Pressemeldung der IG Metall vom heutigen Freitag hervorgeht, plant die BSH Hausgeräte GmbH, den traditionsreichen Neff-Standort in Bretten im ersten Quartal 2028 zu schließen. Die Entscheidung betrifft nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 1.000 Beschäftigte – und trifft die Stadt mitten ins wirtschaftliche Herz.

Der Schock sitzt tief. Jahrzehntelang galt Neff als einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Im Werk Bretten werden hochwertige Einbaugeräte produziert – ein Symbol für industrielle Stärke im Kraichgau. Nun droht dieser Standort Geschichte zu werden.

„Die Entscheidung kam völlig überraschend“

Nach Angaben des Betriebsrats wurden Belegschaft und Vertreter erst am Tag der Ankündigung informiert. Über mögliche Alternativen oder Zukunftsszenarien habe es zuvor keine Gespräche gegeben. „Wir fordern Transparenz und echte Mitbestimmung – nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden“, zitiert die Gewerkschaft den Betriebsratsvorsitzenden Kristian Kipcic-Suta.

Auch der erste Bevollmächtigte der IG Metall Bruchsal, Dirk Becker, äußerte sich kritisch: Die Entscheidung sei ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, die noch während der Corona-Jahre Sonderschichten gefahren hätten, um Lieferfähigkeit und Rekordergebnisse zu sichern.

BSH Hausgeräte, zu der die Marke Neff gehört, hat sich bislang öffentlich nicht detailliert zu den Gründen geäußert (siehe Update und Stellungnahme ganz unten). Nach Einschätzung von Branchenkennern spielt die weltweit sinkende Nachfrage im Bereich sogenannter „Weißer Ware“ sowie die zunehmende Verlagerung von Produktionskapazitäten an günstigere Standorte eine Rolle.

Ein schwerer Verlust für Stadt und Region

Die Folgen für Bretten und den gesamten Wirtschaftsraum Kraichgau wären erheblich:

  • Über 1.000 direkte Arbeitsplätze bei Neff und in der angeschlossenen Logistik (HSN) stehen auf dem Spiel.
  • Hinzu kommen zahlreiche indirekte Jobs bei Zulieferern, Dienstleistern, Handwerksbetrieben und im Transportwesen.
  • Der Verlust eines industriellen Großbetriebs in dieser Größenordnung würde sich spürbar auf die kommunalen Finanzen und die Kaufkraft in der Region auswirken.

Neff war über Jahrzehnte ein wirtschaftliches Rückgrat der Stadt, ein Magnet für Fachkräfte und Ausbildungsbetrieb mit starker regionaler Bindung. Der mögliche Wegfall trifft daher nicht nur die betroffenen Familien, sondern das gesamte städtische Gefüge – von Einzelhandel und Gastronomie bis hin zu Vereinen und Kulturleben.

Bretten kämpft mit schwieriger Haushaltslage

Die Stadt Bretten befindet sich bereits seit Jahren in einer angespannten finanziellen Situation. Zuletzt hatte der Gemeinderat beschlossen, auf die ursprünglich für 2031 geplante Gartenschau zu verzichten. Die kalkulierten Kosten von rund 35 Millionen Euro hätten den ohnehin steigenden Schuldenstand der Stadt weiter verschärft. Kämmerin und Verwaltung warnten damals vor einem Risiko, das die Stadt „finanziell überfordern“ könnte – ein Schritt, der vielen Bürgerinnen und Bürgern als bittere, aber notwendige Entscheidung galt.

Mit der angekündigten Werksschließung drohen nun zusätzliche Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen, die die ohnehin fragile Haushaltslage weiter verschärfen könnten.

Wirtschaftlicher Aderlass setzt sich fort

Die drohende Neff-Schließung steht nicht allein. In den vergangenen zwei Jahren musste Bretten bereits den Abzug mehrerer Unternehmen verkraften. Prominentestes Beispiel: die international bekannte Pferdeklinik Salzhofen, die ihren Standort von Bretten nach Maulbronn verlagert hat. Auch andere Betriebe haben sich in jüngster Zeit aus dem Stadtgebiet zurückgezogen oder Investitionen zurückgestellt.

Der wirtschaftliche Trend zeigt damit eine Richtung, die vielen Sorgen bereitet: Wegfall von Arbeitsplätzen, sinkende Einnahmen, abnehmende Attraktivität für neue Investoren.

Zwischen Hoffnung und Realität

In der Gewerkschaft erinnert man sich an das Jahr 1982, als es schon einmal gelungen war, die drohende Schließung des Standorts abzuwenden. Damals retteten Verhandlungen und Zugeständnisse der Belegschaft den Standort. Ob sich ein solches Szenario in der heutigen, globalisierten Konzernstruktur wiederholen lässt, ist allerdings offen.

Für die Menschen in Bretten bedeutet die Ankündigung vor allem eines: Unsicherheit. Familien, die seit Generationen bei Neff beschäftigt sind, stehen vor einer ungewissen Zukunft. Gleichzeitig muss die Stadt Antworten finden, wie sie mit dem möglichen Verlust eines ihrer größten Arbeitgeber umgeht – und welche Perspektiven sich für die betroffenen Beschäftigten ergeben können.

Bretten steht vor einer der schwierigsten Bewährungsproben der letzten Jahrzehnte.

UPDATE 16:30 Uhr

So äußert sich die BSH zu den Schließungsplänen:

 

In einer Stellungnahme vom 10. Oktober 2025 bestätigt die BSH Hausgeräte GmbH die geplante Schließung des Werks in Bretten bis Ende des ersten Quartals 2028. Betroffen seien rund 980 Mitarbeitende, heißt es.

Als Gründe nennt das Unternehmen eine dauerhafte Unterauslastung des Produktionsnetzwerks, verursacht durch rückläufige Märkte, stagnierende Bau- und Immobilienentwicklungen sowie eine steigende Nachfrage nach günstigeren Geräten.

BSH spricht von einer notwendigen „Anpassung der Produktionskapazitäten“, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit zu sichern. Die Versorgung des Marktes mit Herden und Dunstabzugshauben soll künftig über andere europäische Werke erfolgen.

Gleichzeitig betont das Unternehmen, dass man die Entscheidung „nicht leichtfertig“ getroffen habe und nun Gespräche mit Arbeitnehmervertretungen führen wolle, um sozialverträgliche Lösungen zu finden.

BSH verweist darauf, dass weiterhin stark in deutsche Standorte investiert werde – rund 300 Millionen Euro in den vergangenen drei Jahren – und auch künftig in Digitalisierung, Automatisierung und Forschung investiert werden soll.

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2 Feedback

  1. Ich habe viele schöne Jahre bei Neff in Bretten gearbeitet – eine der schönsten Berufsjahre meines Lebens ! Es zerreißt mir das Herz

    Dieses – unser Land stirbt einen langsamen, qualvollen Deindustrialisierungs-Tod und keiner macht was dagegen

    • Wir erleben nur das abgekündigte grüne Wirtschaftswunder. Nichts weiter.
      Aber weiter keinesfalls jenseits der Brandmauer wählen 😉

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