Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal

Bruchsal | Glockengießerei Allmers (Archiv 2019)

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Icon-Stadtmagazin WILLI Vivos voco.  Mortuos plango.  Fulgura frango. | Lebende rufe ich. Tote beklage ich. Blitze zerbreche ich. (Motto von Friedrich Schiller für sein „Lied von der Glocke“ nach der Inschrift der großen Glocke im Münster zu Schaffhausen)

Elfriede Debatin ist Jahrgang 1944, also keine unmittelbare Zeitzeugin des Bombenangriffes auf Bruchsal am 1. März 1945. Sie möchte vom Schicksal ihrer Familien berichten. Ihre Großeltern Hermann und Josephine Allmers führten eine Metallgießerei in der Innenstadt Bruchsal und kamen in den Flammen des Bombenhagels um.

Meine Schwester Toni, die 10 Jahre älter war als ich, und sich gut an das Kriegsgeschehen erinnern konnte, hat mir immer wieder ihre Erinnerungen an diesen Tag geschildert“, erzählt Elfriede Debatin, geborene Redelstab die Geschichte ihrer Familie. „Toni war damals 11 Jahre alt und hat das Inferno Bruchsals zu Hause in unserem Elternhaus in der Tunnelstraße, oberhalb der Stadt, mit mir als Baby und unserer Mutter überlebt. Unser Vater war als Soldat im Krieg, Mutter war auf sich alleine gestellt. Meine Schwester hat mir immer davon erzählt, dass unsere Mutter auf die brennende Stadt hinunter geschaut hätte und sagte, sie müsse gehen und nach den Großeltern schauen.“ Die Eheleute Allmers haben in der Schloßstraße/Ecke Rollingenstraße eine Metallgießerei betrieben. Neben Alltagsgegenständen wie Backformen, Wasserkesseln und Bettflaschen war eine wichtige Einnahmequelle der Metallgießerei Allmers das gießen von Kirchenglocken.

Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal
Familie Allmers: Die Kinder Georg, Antonia und Elisabeth mit den Eltern Hermann und Josephine
Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal
Hermann Allmers (*30.03.1874, †01.03.1945)

Irgendwann wagte sich Elisabeth doch in die brennende Stadt hinunter. Die Mutter sei dann nach ein paar Stunden wieder zurückgekommen und hätte ein Leiterwägelchen geholt. Das Haus der Großeltern sei zerstört, Oma und Opa tot. Mit dem Leiterwägelchen habe Elisabeth die sterblichen Überreste ihrer Eltern, Josephine und Hermann Allmers aus den Trümmern geborgen und eigenhändig aus der Stadt den Berg hinauf auf den Friedhof gezogen und zur Bestattung abgegeben.
Da dort so furchtbar viele Tote aus der zerstörten Stadt abgelegt wurden, und es aus hygienischen Gründen sehr schnell gehen musste mit den Bestattungen war es erst viele  Monate später möglich die Gebeine der Familie Allmers in einem eigenen Familiengrab zur letzten Ruhe zu geben, gibt Elfriede Debatin die Erinnerungen ihrer inzwischen leider auch verstorbenen Schwester Toni wieder.

Elfriede Debatin erzählt diese spärlichen Überlieferungen, weil sie damit die Erinnerung an ihre Großeltern erhalten möchte.

Die Beiden sind am 1. März 1945 gestorben, ihre Firma brannte nieder. Ihr Vermächtnis in Form von Kirchenglocken hat aber in zahlreichen Kirchen und religiösen Einrichtungen in der Region inzwischen weitere 75 Jahre überdauert.

Bereits im 1. Weltkrieg wurden fast alle Kirchenglocken zu Rüstungszwecken eingeschmolzen, in den 1920er Jahren gab es viel zu tun für Gießereien. Zwischen 1920 und 1927 wurden mit Glocken jeder Größe in der Allmerschen Gießerei in Bruchsal wieder viele Kirchtürme zum Klingen gebracht. Das Glockengießen war eine große Kunst, denn das Geläut musste klanglich fein aufeinander abgestimmt sein.

„Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden!
Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben;
Doch der Segen kommt von oben.“
– Lied von der Glocke, Friedrich Schiller

Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal
Aus dem Paulusheimarchiv: Die handschriftlichen Aufzeichnungen bezeugen die Lieferung von drei Glocken am 6. Juli 1924

Für das St. Paulusheim wurden am 5. Juli 1924 drei Glocken geliefert, die am 6. Juli 1924 dort im Rahmen einer Feier geweiht wurden.

In den handschriftlichen Aufzeichnungen des St. Paulusheim Archivs ist zu lesen, dass die Glocken „Friedensklänge“ läuten sollten, nicht wissend, dass ihnen das schlimmste Gräuel noch bevorstehen würde. Die drei Glocken waren für den Glockenturm bestimmt. Wegen deren schönem Klang gaben die Pallottiner bald noch weitere, kleinere Glocken für das Atrium des Neubaus in Auftrag, kann man in der Chronik des St. Paulusheim nachlesen.

Die Paulusheimglocken aus dem Jahr 1924 erfuhren dasselbe Schicksal wie fast alle Glocken während des 2. Weltkrieges. Wieder wurden sie – wie im 1. Weltkrieg – zu Rüstungszwecken eingeschmolzen. Laut einem Abnahmeschein der Reichsstelle für Metalle (!) mussten sechs Glocken am 26. 2.1942 zum Einschmelzen abgegeben werden, zwei kleinere Glocken durften im Paulusheim bleiben und erinnern heute noch an die vergessene Tradition der Glockengießerei Allmers, Bruchsal. Im Atrium hängen die original Bruchsaler Glocken mit der Inschrift  „Felicitas hominis“ (Glück des Menschen) und Magnificat Aima Mea Dominum (Es preist meine Seele den Herrn).

Eine weitere Bruchsaler Glocke findet man in der Aussegnungshalle des Bruchsaler Friedhofes. Auch im Turm des Weiherer Friedhofs hat eine einzige, kleinere Glocke (das Taufglöcklein) aus einem Quartett von Allmers Glocken einen Platz gefunden. Deren drei anderen „Geschwister“ mussten auch 1942 abgegeben werden. Allmers Glöcklein findet man noch in Sinsheim/ Weiler, in Kraichtal-Neuenbürg und in der Kirche St. Andreas Münzesheim, da die Orte 1942 jeweils ein kleines Glöcklein zum Läuten behalten durften.

Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal
St. Paulusheim, Bruchsal
Allmers Glocken Glockengießerei Bruchsal
Friedhof Weiher

Nach dem Krieg wurden die Kirchenglocken neu gegossen, leider nicht mehr in Bruchsal, denn mit dem Tod von Hermann Allmers und seiner Ehefrau Josephine ist diese Tradition für immer in Bruchsal gestorben.

Text + Fotos: Andrea Bacher-Schäfer, Alte Fotos: Fa. Debatin/ Archiv St. Paulusheim

Erstveröffentlichung in RegioMagazin WILLI 12/19

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Siehe auch

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