12.7.24 | Es sind Millionen Menschen, die seit 2015 in Deutschland Schutz und Unterkunft suchen oder gesucht haben. Und es ist keine Frage, dass wir uns als Land, Verwaltung und Bürger darum kümmern müssen! Und es ist genauso keine Frage, dass das auch Bruchsal und die Bruchsaler betrifft.
Schutz und Unterkunft für viele tausend Menschen
Die Aufnahmekapazität von 500 Plätzen in der Alten Feuerwehrschule klingt zunächst wenig. Es ist die bisher im Fokus stehende Zahl bei den Diskussionen um das Erstaufnahmelager (EA) auf dem Bruchsaler Weiherberg. Allerdings täuscht die mit Bedacht von Land und Stadt kommunizierte Zahl über die ganze Wahrheit hinweg.
Bruchsals EA wird eine Durchgangseinrichtung
Denn die Zuflucht suchenden Menschen sollen möglichst zeitnah in dauerhafte Unterbringungen verteilt werden. Konkret bedeutet das jedoch, dass in einem Wechsel innerhalb von ca. 4-8 Wochen stets neue Asylsuchende, die in andere Einrichtungen Zugeteilten ersetzen.
Von Menschen und Statistiken
Diese Kurzzeitunterbringung von 4-8 Wochen bringt immer wieder 500 neue, menschliche Probleme mit sich, da diese Menschen weitgehend unter schwierigsten Bedingungen gelebt und unter schwierigen Umständen geflüchtet sind. Das kann zu Traumata oder Paniksituationen führen und ist nur menschlich und würde vermutlich vielen von uns ebenso ergehen.
Anders als bei einer dauerhaften, endgültigen Unterbringung, kennt man die konkreten Umstände stets neu ankommender Menschen also nicht. Sie bringen immer wieder neue, unbekannte Erlebnisse, Erfahrungen und Haltungen mit, die sie verarbeiten müssen, was dem Einzelnen mehr oder weniger gut gelingen mag.
Diese vielen Erfahrungen der Geflüchteten können Auslöser für Handlungen sein, die man weder kennt noch steuern kann. Rein statistisch wird es sich jedoch verhalten wie in der ganzen Welt. Das kann man dem einzelnen Zufluchtsuchenden keinesfalls zum Vorwurf machen, aber es ist, wie es ist und sollte im Bewusstsein aller sein, dass wir alle in Bruchsal mit dieser Situation umgehen müssen.
Realität der Zahlen – Bruchsal und die Herausforderungen
Darum ist es wichtig, die Zahlen und die Umstände zu kennen. Wir sprechen nicht über 500 Menschen in der EA, sondern von voraussichtlich mehr als 20.000 Menschen in der geplanten Zeit von fünf Jahren. Das sind jährlich etwa 4000 Menschen mit Problemen, Sorgen und Haltungen, die unsere Aufmerksamkeit, Betreuung und Maßnahmen erfordern. Das werden Herausforderungen sein, die wir allenfalls aus den Erfahrungen an anderen, vergleichbaren Stellen kennen.
Und wenn nun die Bewohner des Weiherbergs, die zum Teil keine EA neben sich haben wollen, sich dagegen wehren, so ist das verständlich. Der werfe den ersten Stein, der sich nicht diese Situation „Not In My Backyard“ wünscht. Das erklärt auch, dass ein anderer Standort keineswegs dieses Problem löst. Denn egal wo, werden wir Bruchsaler mit dem Problem umgehen müssen, denn die Geflüchteten werden sich selbstverständlich in der ganzen Stadt aufhalten dürfen, nicht nur am Weiherberg.
Und noch etwas: Die IG Weiherberg sind nicht „Alle Bruchsaler“ und das sollte sie auch nicht für sich in Anspruch nehmen. Es gibt sicher Menschen in unserer Stadt, die anders denken und handeln würden. Auch wenn sie nicht unmittelbar betroffen sind steht ihnen das zu. Nicht mehr und nicht weniger.
Die alternative Standortsuche und der Letter of Intent
Eine EA im reinen Wohngebiet am Weiherberg ist keine gute Idee. Aber eine alternative Standortsuche bringt nämlich neben dem sowieso vorhandenen Problem gleich noch ein weiteres dazu: die Spaltung der Bruchsaler zwischen „Weiherberg-Bruchsalern“ und „anderen Bruchsalern“. Und das sollten wir uns alle verbieten.
Heute mag der Hinweis darauf, dass die Stadt keinen Einfluss auf die Entscheidung der Landesregierung habe, formal stimmen. Aber ob man einem Letter Of Intent (LOI), der eine eventuelle Lösung, vielleicht, unter Umständen, dereinst einmal, in Aussicht stellt, vertrauen kann, sei dahingestellt. Die Gemeinderäte haben sich dazu durchgerungen; als beste, weil derzeit einzige Lösung. Auch diese Entscheidung gilt es zu respektieren, selbst wenn sie nicht allen gefällt.
Ob dieses Verhandlungsergebnis auf Grundlage des LOI am Ende des Tages gut war, zumal noch nicht vom MP unterschrieben, werden wir in fünf Jahren wissen.
Soweit die Einmischung vom Landfunker
TERMINHINWEIS
Die Stadt Bruchsal lädt zu einer gemeinsamen öffentlichen Informationsveranstaltung zur EA ein
- 16. Juli, 18 bis 21 Uhr
- Areal Alte Landesfeuerwehrschule
- Einfahrt Höhe Steinackerstraße 20
Zusammen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe veranstaltet die Stadt Bruchsal am 16. Juli, von 18 bis 21 Uhr, eine Öffentlichkeitsinformation zur Einrichtung einer Erstaufnahmestelle (EA) auf dem Areal der alten Landesfeuerwehrschule. Auf dem Gelände werde dabei dezentrale Stände eingerichtet sein, an denen sich die Besucher/-innen informieren können. Betreut werden diese Stände von Mitarbeiter/-innen des Regierungspräsidiums und der Stadtverwaltung, die vor Ort zum Gespräch bereitstehen.