Edo Zanki Soul-Legende aus Karlsdorf
PR-Foto, ArchivLandfunker

KARLSDORF :: Edo Zanki auf dem Dorf

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WILLI Redakteur Armin Herberger und das Team von Kraichgau TV besuchten den Sänger und Produzenten Edo Zanki. Der „Pate des deutschen Soul“ ist als 4-jähriges Kind mit seiner Familie  von Kroatien ausgewandert. Heute lebt und arbeitet er in Karlsdorf.  

Edo Zanki, der „Pate des deutschen Soul“, erfolgreicher Sänger und Produzent, hat mit Stars zusammengearbeitet wie Xavier Naidoo, André Heller, Herbert Grönemeyer, Tina Turner, um nur einige zu nennen. Da fragt man sich doch – was macht so jemand auf dem Dorf?

Edo Zanki ist am 1. September 2019 im Alter von 66 Jahren gestorben

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Und auf einmal schneit es mitten unterm Jahr … Zum Tode von Edo Zanki

Zanki: Was macht er in der Großstadt – auch nichts anderes. Für mich war klar, nachdem ich schon in größeren Städten kurz gewohnt habe:  Das ist nicht meins. Zwar kreuzen sich dort die Wege vieler interessanten Leute, für mich war jedoch immer das Heimelige wichtig. Irgendwo in Ruhe zuhause zu sein, dort Besuch zu bekommen, morgens zur Bäckerin zu gehen, die einen kennt. Das ist ein sehr angenehmes Gefühl, besser als sich irgendwo andauernd in einer angeblichen Szene zu bewegen. Im Grunde ist die Arbeit, das Treffen, das Denken, das künstlerisch Fühlen, das Auftreten genau dasselbe. Für mich hat das ruhigere Leben große Vorteile.

Wie war das damals, Ende der 70er Jahre, als auf einmal die große weite Welt des Musikbusiness in Karlsdorf Einzug hielt?

Zanki: Karlsdorf hat sich zwischenzeitlich daran gewöhnt.  Herbert Grönemeyer hatte  an einem Faschingstag hier bei mir eingesungen und wollte dann mit seinem Wagen nach Bochum fahren, es war aber gerade Umzug in der Bahnhofstraße. Zehn Minuten vor dem Umzug konnte er angeblich nicht mehr raus mit dem Auto. Dann bin ich bis zur Absperrung gespurtet, dort stand ein Schulfreund von mir (Zanki lacht). Den hab ich dann gebeten, noch mal kurz die Absperrung aufzumachen, und Herbert konnte doch noch rechtzeitig gehen.  Nach einem Besuch von Nena und ihrer ältesten Tochter  hat mich die Apothekerin angesprochen, ob die nette Frau gestern vielleicht Nena war und wer denn die andere junge Frau war. Alle gehen entspannt mit der Situation um. Das freut die Artists, und das freut mich, denn eine gewisse Normalität ist eine sehr gute Alternative zu der allgemeinen Hysterie.

Wer Dir auf Facebook folgt, stellt fest: da geht es nicht nur um Musik oder Werbung in eigener Sache, du beziehst oft Stellung zu politischen Themen.

Zanki: Das kommt von meiner Neugierde. Ich war mein ganzes Leben immer extrem neugierig, schon als Kind. Ich wollte natürlich wissen, warum sind meine Eltern aus einem Land weggegangen in ein anderes. Warum sind wir als Neuankömmlinge mit bestimmten Schwierigkeiten in sprachlicher und kultureller Art behaftet? Wie funktioniert das alles? Warum ist ein Gemeinwesen ein Gemeinwesen? Meine Familie war damals meine einzige kleine Umgebung. Ich habe mich langsam in eine neue Gesellschaft hineinbegeben, die ich erst schätzen und deuten lernen musste. So geht es mir bis heute, wenn ein bestimmtes Thema aufkommt, ich versuche zu verstehen und will einfach als Mensch mit meiner Lebenserfahrung zu dem Thema etwas sagen. Ich hoffe, es ist nicht opportunistisch und hysterisch, sondern menschlich und auch nachvollziehbar. Viele Menschen zeigten sich erst verstört über einen Künstler, der über alle möglichen anderen Dinge auch noch redet. Das passte nicht so recht in ihr Bild, was so ein Künstler von morgens bis abends tut. Es ist ein ganz normales Leben, erweitert um eine gewisse künstlerische Sicht, die ein großer und wichtiger Teil meiner Person ist, aber eben nicht der einzige.

Das Thema Zuwanderung – ein Thema, das ja auch ein Teil deiner Biografie ist. Du kommst ursprünglich aus Kroatien.

Zanki: Meine Familie fühlte sich eigentlich gut aufgehoben in Kroatien und wir haben uns in diesem mediterranen Umfeld sehr wohlgefühlt. Jedoch waren die politischen Umstände für meine Eltern nicht sehr lustig, am Ende drohte meinem Vater sogar Gefängnis.

Als Auswanderer hat man es nicht einfach. Man muss immer bedenken, dass niemand gerne von zuhause weggeht. Das tut man nur unter Druck. Natürlich hat man bestimmte Erwartungen an das neue Land und die Leute. Manche haben bestimmt auch überzogene Vorstellungen, trotzdem will uns niemandem was wegnehmen. Wer auswandert, muss wissen, dass er erstmal Gast ist und muss was anbieten, damit er auf Respekt und Hilfe zählen kann. Es kann dem gesellschaftlichen Leben nur gut tun, wenn man eine Möglichkeit findet, die Kluft zwischen Arm und Reich nicht noch größer werden zu lassen. Es darf keinen Druck mehr geben, das eigene Land verlassen zu müssen. Man darf nicht vergessen, dass unser Wohlstand auch in gewisser Weise auf der Armut sogenannter „Dritte-Welt-Staaten“ basiert. Vielleicht sollten wir umdenken und unser Glück mit Menschen teilen, mit denen es das Schicksal bisher nicht so gut gemeint hat.

»Warum sind meine Eltern aus einem Land weggegangen in ein anderes?«


Welche Rolle spielte bei dir die Musik beim Ankommen in Deutschland, bei der Integration?

Zanki: Wir kamen auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter an und kämpften natürlich um Anerkennung in der Gesellschaft. Dabei kam uns der Umstand zugute, dass meine ganze Familie musikalisch war, recht schnell die deutsche Sprache lernte und generell eine gewisse Bildung hatte. Das hat uns besonders gemacht, gewissermaßen zu „weißen Elefanten“. Die plötzliche Anerkennung für das, was ich als Kind schon konnte, hat mir dann einen richtigen Schub gegeben.

Edo Zanki im Studio in Karlsdorf
Edo Zanki im Studio in Karlsdorf

Und die Soulmusik ist ja auch in der Kultur verankert.

Zanki: Xavier Naidoo hat das mal so ausgedrückt: Wir sind alle „Halbe“. Er ist halber Südafrikaner und ein bisschen Inder – und dann noch halber Mannheimer. Bei mir ist das ähnlich: Ich bin zur Hälfte Deutscher und zur Hälfte Kroate. Wir sind sozusagen in zwei Kulturen aufgewachsen und da lag die Frage nahe, warum wir Musik, die wir lieben, nicht genauso gut auch auf Deutsch singen könnten? Neben mediterraner Musik aus meiner Heimat, sind da auch schwarzafrikanische und schwarzamerikanische Einflüsse. Doch als die Platte erschien, war ich erschrocken! Es handelte sich quasi um die erste deutsche Soulplatte und ernstzunehmende deutsche Musikjournalisten schrieben plötzlich, ob man Deutsch denn so „zerjaulen und zersingen“ dürfe? So eine Denkweise war und ist mir völlig fremd. Keine 20 Jahre später ist solche Musik populär. Man muss sich also vor Augen halten, dass es immer ein bisschen dauert, bis eine Hörgewohnheit die Massen erreicht.

Am 29. März findet in der Altenbürghalle Karlsdorf-Neuthard das erste abendfüllende Konzert in der Region seit längerer Zeit statt.

Zanki: Das ist mein lange gewünschtes und endlich realisiertes „Heimspiel“ in Karlsdorf-Neuthard – denn man gehört ja irgendwo hin. Dennoch hält sich mein Lokalpatriotismus in Grenzen. Gleichwohl lebe ich gern hier und finde, dass Kunst und Kultur und ein gemeinsames Erlebnis nicht unbedingt größeren Städte vorbehalten sein müssen. Dörfer wie Karlsdorf sind nicht nur auf Bierfeste festgelegt, sondern können durchaus ernstzunehmende Konzerte präsentieren.

Auf was darf das Publikum sich freuen?

Zanki: Ein lustvolles Musikkonzert, ohne den Hintergedanken, wie viel Bier man dabei trinken kann. Ich habe mal die Definition geprägt, dass es dann ein gutes Konzert ist, wenn man mit Freude hineingeht, aber klüger und fröhlicher wieder nach Hause kommt. Wenn dies zutrifft, kann man von einem gelungenen Abend oder einem guten Konzert sprechen. Beim Konzert in der Altenbürghalle wird es auch ein regionales Vorprogramm und natürlich Edo-Zanki-Musik geben. Im Grunde also das, was ich in den letzten 40 Jahren gemacht habe. Immer etwas soulig, mit starker Gewichtung auf die textliche Seite. Generell hört Musik als internationales Phänomen auch nicht an den Stadtgrenzen auf. Wenn mir ein Stück eines großen amerikanischen Singer-Songwriters oder eines italienischen oder deutschen Liedermachers gefällt, dann integriere ich das völlig unproblematisch in mein Programm. Dann wird es Teil eines schönen Konzerterlebnisses in Karlsdorf.

Archivbeitrag 2014 – Text: Armin Herberger,  Bild: Brother Records, Ivo Kljuce

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