13.4.24 | Polizeipräsidium Karlsruhe stellt Sicherheitsbilanz aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2023 vor. Bundesweiter Trend bestätigt sich auch in unserer Region.
Nach einem mehrjährigen Rückgang der polizeilich bekannt gewordenen Straftaten, insbesondere während der Corona-Pandemie und einem Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2022, stieg die registrierte Kriminalität im Stadt- und Landkreis Karlsruhe im Jahr 2023 erneut leicht um 4,6% an. Im Vergleich zum Vorjahr 2022 bedeutet das im Dienstbezirk des Polizeipräsidiums Karlsruhe eine Zunahme um 1.967 auf 44.425 Straftaten. Diese Entwicklung folgt dem Landestrend, der mit einer Zunahme der Fallzahlen von +8,1% allerdings deutlich höher ausfällt.
Erfreulicherweise stieg allerdings auch die Aufklärungsquote, die das Verhältnis von aufgeklärten zu bekannt gewordenen Fällen ausdrückt, sowohl im Stadt- als auch im Landkreis Karlsruhe im Jahr 2023 an. Die Zunahme von 58,9% auf 61,5% lag mit 2,6% etwas über dem landesweiten Trend.
Im landesweiten Vergleich der Polizeipräsidien im Land Baden-Württemberg blieb Karlsruhe mit einer Häufigkeitszahl von 5.820 registrierten Straftaten pro 100.000 Einwohner wie im Vorjahr auf dem neunten Platz. Im Landkreis Karlsruhe ist ein leichter Anstieg der Häufigkeitszahl um 42 Straftaten pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen, damit rangiert der Landkreis auf Platz 13 unter den 35 Landkreisen.
Bei der Kriminalitätsverteilung gab es im Vergleich zur Vorjahresstatistik nur wenige Veränderungen. Die Anteile der einzelnen Deliktsgruppen an der Gesamtkriminalität entsprachen prozentual in etwa den Vorjahreswerten.
Den größten Anteil an der Gesamtkriminalität nahmen mit 14.725 Fällen die Diebstahlsdelikte ein, deren Anzahl im Vergleich zum Vorjahr erneut um 1.135 Fälle anstieg und somit das Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie erreichte. Die Aufklärungsquote bei diesen Delikten erreichte hingegen mit 33,7% ein Zehnjahreshoch.
Bei knapp jedem zehnten Delikt im öffentlichen Raum handelte es sich 2023 um ein Aggressionsdelikt. Hierzu zählen neben den Straftaten der Gewaltkriminalität einfache Körperverletzungen und der Tätliche Angriff. Die Fallzahlen in dieser Deliktsgruppe erreichten mit +15,4% im Landkreis und +1,0% im Stadtkreis Karlsruhe im vergangenen Jahr den höchsten Stand im Zehnjahresvergleich. Die Straßenkriminalität, also Straftaten, die in ihrer Tatphase ausschließlich oder überwiegend auf Straßen, Plätzen oder Wegen begangen wurden, verstetigten sich 2023 mit einem minimalen Anstieg (+0,3%) auf dem Niveau der Jahre vor der Pandemie.
Darstellung ausgewählter Deliktsgruppen
Wohnungseinbrüche
Wohnungseinbruchdiebstahl stellt nach wie vor einen bedeutsamen Teil der Eigentumskriminalität mit erheblichen Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung dar. Dementsprechend bekämpft die Polizei weiterhin intensiv und zielgerichtet den Wohnungseinbruchdiebstahl sowohl mit präventiven als auch repressiven Ansätzen. Erfreulicherweise gingen die Fallzahlen im Polizeipräsidium Karlsruhe, entgegen dem landesweiten Trend, um knapp 15% auf 430 Fälle zurück. Der stärkste Rückgang war hierbei im Stadtkreis Karlsruhe mit -20% zu verzeichnen. Sowohl eine verstärkte Aufmerksamkeit der Bevölkerung als auch die Bereitschaft zur technischen Einbruchsprävention nach polizeilicher Beratung dürften dazu beigetragen haben, dass es in knapp der Hälfte aller Fälle beim Versuch blieb.
In den meisten Fällen hebelten die häufig organisiert und bandenmäßig vorgehenden Täter oder Tätergruppen aus dem ost-und südosteuropäischen Raum Fenster und Türen auf. Im Inneren hatten die Tatverdächtigen es dann, wie auch in den Vorjahren, auf bewegliche Gegenstände, wie z.B. Bargeld, Schmuck, Uhren sowie elektronische Kleingeräte abgesehen.
Betrügerische Anrufstraftaten
Die Fallzahlen der Betrugsdelikte mit den Phänomenen „Angeblicher Polizeibeamter“, „Enkeltrick“ und „Schockanruf“ waren insgesamt weiter rückläufig und im letzten Jahr auf dem niedrigsten Stand der vergangenen vier Jahre. Bedauerlicherweise stieg aber im Gegensatz dazu der Vermögensschaden von etwas mehr als 1,3 Millionen Euro auf knapp 2,6 Millionen Euro.
Der überwiegende Teil der 88 Inlandsstraftaten blieb im Versuchsstadium. In 20 Fällen wurde die Tathandlung vollendet. 58 Fälle konnten aufgeklärt werden. Von den 591 sogenannter Auslandsstraftaten, bei denen das Handeln der Täter in Deutschland nicht hinreichend konkret nachweisbar ist, wurden 15 Tathandlungen vollendet.
Kriminelle Banden nutzten bei diesen Straftaten die Hilfsbereitschaft innerhalb von Familien gezielt aus und passen ihre Betrugsmasche kontinuierlich an. Mit den ständig wechselnden Begehungsformen stellen die Täter die Ermittlungen und die Aufklärungsarbeit der Kriminalprävention immer wieder vor neue Herausforderungen.
Der Leiter der Kriminalpolizeidirektion Karlsruhe, Leitender Kriminaldirektor Ralf Krämer, führt die sinkenden Fallzahlen u.a. auf einen Mix aus Prävention und Strafverfolgung zurück. „Die Kolleginnen und Kollegen zeigen hier hochmotiviert ein großes Engagement. Insbesondere das konspirative Verhalten der Täter macht die Aufklärung dieser Straftaten sehr komplex. Wichtig für die Ermittlungen ist insbesondere die nationale und internationale Vernetzung der kriminalpolizeilichen Erkenntnisse.“ „Für die Geschädigten, die nicht nur in finanzieller Hinsicht Schaden erlitten haben, sondern teils massiv an den psychischen Folgen der Tat leiden, ist es wichtig, dass Täter ermittelt werden.
Insofern hat die Aufklärung nicht nur Verhinderungscharakter für künftige Straftaten, sondern auch Einfluss auf das Sicherheitsgefühl der Menschen.“, so Krämer weiter.
Körperverletzungen
Bei den Körperverletzungsdelikten stiegen im Polizeipräsidium Karlsruhe die Fallzahlen auf ein Zehnjahreshoch von 4.025 Fällen. Während im Landkreis Karlsruhe ein deutlicher Anstieg (+19,8%) festzustellen war, blieben die Fallzahlen im Stadtkreis nahezu konstant (+1,1%).
Vorsätzliche leichte Körperverletzungen machten mehr als zwei Drittel aller Körperverletzungsdelikte aus und verzeichneten 2023 ein Zehnjahreshoch. Die gefährlichen/schweren Körperverletzungsdelikte lagen auf dem dritthöchsten Stand der letzten 10 Jahre. Auch hier war besonders im Landkreis Karlsruhe mit +25,5% eine deutliche Steigerung zu verzeichnen. Wenngleich die Fallzahlen bei Körperverletzungen erneut eine Zunahme verzeichneten, gelang es den Ermittlern, die Aufklärungsquote (90,7%) auf den dritthöchsten Stand im Zehnjahresvergleich zu steigern.
„Wir müssen feststellen, dass Konflikte leider immer häufiger gewaltsam ausgetragen werden. Die Bereitschaft, in eine körperliche Auseinandersetzung zu gehen, nimmt stetig zu.“ erklärt die kommissarische Leiterin der Schutzpolizeidirektion Karlsruhe Polizeidirektorin Claudia Rohde. „Dieses Phänomen hat sicherlich vielfältige Ursachen. Repressive Maßnahmen und unsere polizeiliche Präventionsarbeit allein werden aber für eine Umkehr dieses negativen Trends nicht ausreichen. Nur im intensiven Zusammenwirken auf allen gesellschaftlichen Ebenen kann uns dies gelingen.“
Besonders genau beobachtet die Polizei bei Körperverletzungen und anderen Straftaten die Fälle, bei denen ein Messer als Tatmittel verwendet wurde. War dies 2022 noch bei 97 Körperverletzungsdelikten der Fall, wurde im Jahr 2023 in 109 Fällen ein Messer als Tatmittel eingesetzt.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Die Fallzahlen bei diesen Delikten stiegen im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Karlsruhe deutlich an (+24,7%). Der größte Anstieg war mit 61,3% bei der „Verbreitung pornografischer Schriften“ zu verzeichnen. Dies dürfte erneut u.a. auf die intensive kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit und den überregionalen sowie auch internationalen Austausch der Ermittlungsbehörden zurückzuführen sein, was mit einer deutlich höheren Entdeckungswahrscheinlichkeit von Sexualstraftaten im digitalen Raum einhergeht.
Rund ein Drittel der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ereigneten sich im öffentlichen Raum. Hier handelte es sich neben der Verbreitung pornografischer Schriften (137 Taten) hauptsächlich um sexuelle Belästigungen (71 Taten) und Exhibitionistische Handlungen bzw. Erregung öffentlichen Ärgernisses (71 Taten). Von den insgesamt 79 angezeigten Vergewaltigungen (-9,2%) ereigneten sich 20 Fälle im öffentlichen Raum. Insgesamt war bei den Sexualstraftaten im öffentlichen Raum im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 49 auf 352 Fälle festzustellen.
Straftaten gegen das Leben
Bei den Straftaten gegen das Leben war ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Die Zahl der Fälle sank um 6 Fälle auf insgesamt 19 und erreichte somit den niedrigsten Wert seit 2020 und den viertniedrigsten Wert in den letzten 10 Jahren. Straftaten gegen das Leben, die im Versuchsstadium blieben, machen fast zwei Drittel der erfassten Fälle aus.
Rauschgiftkriminalität
Die Rauschgiftkriminalität sank im dritten Jahr in Folge. Mit einem Rückgang von knapp 10% befand sie sich damit leicht unter dem Durchschnittswert der vergangenen 10 Jahre. Schwerpunkte stellten im Jahr vor der Cannabis-Teillegalisierung erneut der Besitz und Erwerb von Cannabis dar.
Der Schwerpunkt der Rauschgiftkriminalität lag mit über 63% der Fallzahlen
(1.619) im Stadtkreis Karlsruhe. Im Berichtsjahr wurden im Dienstbezirk des Polizeipräsidiums Karlsruhe, wie auch im Vorjahr, neun Rauschgifttodesfälle registriert.
Gewalt gegen Polizeibeamte
Die „Gewalt gegen Polizeibeamte“ bewegt sich seit Jahren auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Häufig werden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nicht nur bei der Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen oder bei besonderen Einsatzlagen angegriffen, sondern auch zunehmend bei alltäglichen Standardmaßnahmen wie z.B. häuslichen Auseinandersetzungen oder Fahrzeugkontrollen. Im Gegensatz zu den teils deutlichen Anstiegen der Gewaltkriminalität, der Aggressions- und Körperverletzungsdelikte waren die Fallzahlen von Gewalt gegen Polizeibeamte im Berichtsjahr minimal rückläufig.
Bei den insgesamt 374 Angriffen, davon 264 im Stadtkreis und 110 im Landkreis Karlsruhe, gab es in den Reihen des Polizeipräsidiums Karlsruhe 781 Geschädigte, 202 davon wurden leicht verletzt, vier erlitten schwere Verletzungen. Etwas über Dreiviertel der zumeist männlichen Tatverdächtigen (ca. 82%) waren zuvor bereits kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten. Fast die Hälfte der Verdächtigen stand unter Alkoholeinfluss.
„Die noch immer hohe Fallzahl von Gewalt, der Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt sind, betrachte ich weiterhin mit großer Sorge“, so Polizeipräsidentin Caren Denner. „Wer unsere Demokratie schützt, darf nicht Ziel von Angriffen werden.“ betont sie.
Leider wurden in den letzten Jahren neben Polizeibeamten auch Rettungskräfte zunehmend Opfer von Gewalttaten. Die Fallzahlen bewegten sich mit 14 Fällen auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr bzw. dem Jahr 2019 vor der Corona-Pandemie mit jeweils 13 Fällen. Bei den 18 Rettungskräften, die Ziel einer Gewalttat wurden, erlitten fünf leichte Verletzungen. Schwer verletzte Rettungskräfte waren zum Glück nicht zu beklagen.
„Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner sowie Rettungskräfte helfen Menschen in Not, Sie schützen unsere Demokratie sowie die Rechte eines jeden Einzelnen. Hierfür haben sie die gesellschaftliche Anerkennung und Sicherheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit verdient. Jeder Angriff ist einer zu viel und aggressives Verhalten gegen Einsatzkräfte darf nicht einfach hingenommen werden. Wer mit polizeilichen Maßnahmen nicht einverstanden ist, dem steht der Rechtsweg offen. Seinen persönlichen Unmut gegenüber dem Staat, Verärgerung über gesellschaftliche Entwicklungen oder privaten Groll mit Gewalt auf Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zu projizieren, darf von der Gesellschaft nicht toleriert werden. Wer sich so verhält muss mit aller Konsequenz für sein Handeln zur Verantwortung gezogen werden.“
Partnergewalt / häusliche Gewalt
In Baden-Württemberg ist die „häusliche Gewalt“ ausschließlich als „Partnergewalt“ definiert. Unter diese Definition fallen Ehepartner, ehemalige Partner/Lebenspartner, Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften oder eingetragene Lebenspartnerschaft. Die Fallzahlen der Partnergewalt / häuslichen Gewalt sind im vergangenen Jahr um 205 Fälle weiter auf 1.097 und damit auf ein Zehnjahreshoch angestiegen. Im Jahr 2021 wurde beim Polizeipräsidium Karlsruhe die Koordinierungsstelle häusliche Gewalt eingerichtet, durch die im Rahmen eines Gefährdungs-managements das Risiko für weitere Gewaltanwendungen reduziert werden soll. Der Anstieg der Fallzahlen ist insbesondere auch darauf zurückzuführen, dass infolge der qualifizierten Bearbeitung Fälle häuslicher Gewalt schneller erkannt werden.
Cyberkriminalität
Seit dem Jahr 2021 weist die PKS die klassischen Delikte der Computerkriminalität und des Computerbetruges als Cybercrime aus. Straftaten der Allgemeinkriminalität – beispielsweise Beleidigungen in den sozialen Medien, die mittels des Internets oder IT-Systemen wie Computer, Tablet, Smartphone und Server verübt werden, erfassen die Sicherheitsbehörden seither bundesweit mit einem gesonderten Kenners „Tatmittel Internet und/oder IT-Geräte“.
Die Fallzahlen der sog. Cyberkriminalität nahmen im Polizeipräsidium Karlsruhe, entgegen dem ansteigenden landesweiten Trend, leicht ab. Die Schadenssumme lag mit etwas über zwei Millionen Euro etwa bei zwei Drittel der Schadenssumme aus dem Vorjahr. Hervorzuheben ist, dass die Gruppe der unter 21-Jährigen bei diesen Delikten fast ein Viertel der Tatverdächtigen ausmachte. Hier stieg insbesondere die Anzahl an Jugendlichen und Kindern unter den Tatverdächtigen stark an.
Resumee der Polizeipräsidentin
„Während die Pandemie für einen deutlichen Rückgang des Kriminalitätsgeschehens gesorgt hat, gilt es nun wieder besonders wachsam zu sein.“ bewertet Polizeipräsidentin Caren Denner die aktuelle Kriminalitätsstatistik. „Im Polizeipräsidium Karlsruhe haben die Fallzahlen 2023 wieder das Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie erreicht. Die erneut gestiegene Aufklärungsquote unterstreicht die gute Arbeit der Kolleginnen und Kollegen.“
„Gerade dort, wo Bürgerinnen und Bürger in ihrem Sicherheitsempfinden besonders beeinträchtigt werden, ist es uns gelungen deutliche Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr zu erzielen. Den Anstrengungen der polizeilichen Kriminalprävention, der akribischen Tatortarbeit und den beharrlichen Ermittlungen der Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruchsdiebstahl ist es zu verdanken, dass die Zahl der Einbrüche 2023 entgegen dem landesweiten Trend um 15% zurückging und gleichzeitig die Aufklärungsquote anstieg. Auch bei den Straftaten gegen das Leben und den betrügerischen Anrufstraftaten konnten wir 2023 mit Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit mehr Sicherheit schaffen.“, fasst die Polizeipräsidentin die positiven Entwicklungen aus dem Vorjahr zusammen.
„Bei anderen Delikten mussten wir allerdings Entwicklungen feststellen, die wir als Polizei so nicht hinnehmen können“ resümiert die Polizeipräsidentin weiter und kündigt insbesondere mit Blick auf die gestiegene Aggressions- und Gewaltkriminalität an: „Wir werden die notwendigen Handlungsfelder ganz genau im Blick behalten, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger im Stadt- und Landkreis Karlsruhe auch weiterhin sicher fühlen können.“