Vor Jahresfrist wäre die Bruchsaler Rathauschefin Cornelia Petzold-Schick wohl gerne in Richtung Freiburg ins Regierungspräsidium abgewandert, hätte sie der baden-württembergische Landesvater Winfried Kretschmann tatsächlich darum gebeten. Es ist anders gekommen und nach den Äußerungen Petzold-Schicks im Interview mit WILLI scheint die Katze endgültig aus dem Sack: Die amtierende Verwaltungschefin tritt wohl erneut für den wichtigsten Rathausposten im Landkreis an!
Damit ist nun wahrscheinlich auch der Vorwahlkampf eröffnet und gleichzeitig der Erste Beigeordnete der Stadt Bruchsal Andreas Glaser als Kandidat um den Chefsessel aus dem Rennen, will er sich doch keinen Wahlkampf gegen die Rathauschefin antun. Chancen zu siegen hätte er gehabt, das weiß Glaser sicherlich selbst und die lokale CDU hätte den derzeit beliebtesten Bruchsaler Lokalpolitiker auch mit Kusshand aufs Podest gehoben. So steht die CDU nun aber, ähnlich wie beim Abgang des Ex-Stadtoberhauptes Bernd Doll vor der Qual der Wahl, den Bürgern einen passablen Gegenkandidaten zu präsentieren.
Wiederwahl wird kein Spaziergang
Denn eines ist klar: Die CDU, als stärkste und neuerdings erstarkte kommunale Kraft, wird im Gegensatz zur ersten Wiederwahl Petzold-Schicks 2017 diesmal dagegenhalten und einen eigenen Kandidaten aufstellen. Wie dieser Findungsprozess vonstatten gehen wird? Erinnern sich doch manche noch zu gut an das desaströse Auswahlprozedere zur Wahl 2009, als einige Altvordere in Hinterzimmern verschiedene Personen aus dem Hut zauberten, die dann entweder absprangen oder nicht zur Verfügung standen. Schlussendlich verlor man die Wahl nach massiven internen Querelen knapp aber verdient und musste sich an die eigene Nase fassen.
Bekommen die Bruchsaler erneut einen Kandidaten aus Ettlingen?
Ein derartiges Gerangel wird sich die CDU nicht mehr erlauben. Hinter den Kulissen wird bisweilen Moritz Heidecker genannt. Dieser war einige Jahre Leiter des Bruchsaler Rechtsamts und ist vor nicht allzu langer Zeit zum Ersten Bürgermeister in Ettlingen vereidigt worden. Kommt also alles Gute für Bruchsal aus Ettlingen? Denn schon Petzold-Schick hatte diesen Posten inne, bevor sie sich nach Bruchsal aufmachte.
Und welche Koalitionen werden sich bilden? Die SPD würde sich wohl zu Petzold-Schick bekennen, statt einen eigenen Vorschlag in die Wahl zu schicken, bei FDP und insbesondere den Freien Wählern, die Petzold-Schick mit ihrem Bekenntnis zu den Grünen bei der letzten Kommunalwahl verprellte, ist die Sache noch nicht entschieden. Und wird die AfD im ersten Wahlgang einen eigenen Wahlvorschlag machen, der die Dynamik und Themensetzung des Wahlkampfes mitbestimmen könnte?
Jedenfalls dürfte die Wiederwahl für Petzold-Schick kein Spaziergang werden. Zwar kann sie sich als einzige grüne Oberbürgermeisterin Baden-Württembergs der Unterstützung von prominenten Landespolitikern gewiss sein und selbst die bundespolitische Prominenz der Grünen wird den einen oder anderen Halt in Bruchsal machen, um Schützenhilfe zu leisten. Ob dies der Rathauschefin, die sicherlich eine pragmatische Realo-Grüne ist, aber tatsächlich weiterhelfen wird, bleibt abzuwarten.
Das Glück der Tüchtigen und die Hochwasserkatastrophe
Wobei Petzold-Schick in ihren ersten beiden Amtszeiten im Gegensatz zu ihrem Vorgänger größeren Fettnäpfchen auswich und zweifellos einige Erfolge verbuchen konnte, wenngleich ihr das Glück der Tüchtigen kräftig dabei half. Dies gilt für den Kommunalhaushalt, wo die Steuereinnahmen sprudelten, wie auch für die Entwicklung der Bahnstadt in Zeiten der Niedrigzinsphase. Die Hochwasserkatastrophe im August wurde angesichts ihrer Dimension in Bruchsal leidlich gut gemanagt, wenngleich die Mühlen der Bürokratie bisweilen recht schwerfällig mahlen. War es der organisatorischen Komplexität geschuldet, dass in Bruchsal ein Krisenstab oft zähflüssig noch nach Lösungen suchte, während der Gondelsheimer Bürgermeister Markus Rupp unablässig vor Ort an den Brennpunkten des Geschehens agierte und zügig Entscheidungen traf? So hatte Gondelsheim auch schon längst ein Spendenkonto eingerichtet und indirekt dadurch mögliche Trittbrettfahrer in die Schranken gewiesen, als in Bruchsal noch beratschlagt wurde.
Fototermine und Bürokratie
Wohlfeile Fototermine mit Klimaschützern sollten in Krisenzeiten eher nebensächlich sein. Ebenso Bauern-Bashing von Naturschützern. Viele der Landwirte waren bei Hilfsaktionen an vorderster Front. Sollte man nicht vielmehr fragen, weshalb in hochwassergefährdeten Neubaugebieten gleich über der Grasnarbe Baugenehmigungen erteilt werden? Und Hinweise an die vom Hochwasser Betroffenen müssen von der Verwaltung nicht im Befehlston oder in wulstigen Formulierungen übermittelt werden. „Bilden Sie Haufenwerke (Haufen)“ wurde den von Schlammmassen Geschädigten mitgeteilt. Geht´s noch heftiger mit diesem Bürokratensprech?
Windkraft und Asyl keine Gewinnerthemen für die grüne Rathauschefin
Die Wähler werden im nächsten Jahr aber hauptsächlich nach vorne schauen. Und da muss Petzold-Schick bei manchen Themen mit gehörigem Gegenwind rechnen, nicht nur in Punkto Windräder in heimischen Wäldern, wo ihr pro-aktiver Aktionismus gegenüber dem Regionalverband gehörig nach hinten losging, sondern auch beim Thema Asylunterkunft am Weiherberg und der von den Landes-Grünen initiierten Variante der baden-württembergischen Grundsteuer, die zu Beginn des Oberbürgermeisterwahlkampfs für einigen Unmut unter Grundstücksbesitzern mit weitläufigen Gärten sorgen dürfte. Alles keine Gewinnerthemen für eine Rathauschefin, deren Partei im Europaparlament weiterhin Open-Borders propagiert und bei der Beschleunigung im Baurecht hauptsächlich an Flüchtlingsunterkünfte denkt. Und ob die von Petzold-Schick favorisierten Geothermieanlagen beim Wähler Begeisterungsstürme auslösen werden, bleibt abzuwarten.
Und richtig, der gesellschaftliche Zusammenhalt, den Petzold-Schick anmahnt, sollte gestärkt werden. Dieser lässt sich aber nicht durch das unablässige Bekenntnis zu vermeintlicher Vielfalt, mehrsprachige Behördenflyer oder zusätzliche Dolmetscher und Gleichstellungsbeauftragte herbeibeschwören! Dieser Gemeinsinn wird im Alltag gefestigt und ist oft noch sehr lebendig, wie sich bei der Hochwasserkatastrophe gezeigt hat. Die Ehrenamtlichen und freiwillig Engagierten trugen durch ihre unablässige Hilfe oft die Hauptlast der Aufräumarbeiten. Bravo!
Übrigens können sich all jene, die politisch interessiert sind und denen an einer lebendigen Demokratie gelegen ist, schon jetzt auf einen hoffentlich fairen, aber schwungvollen Kommunalwahlkampf freuen! Angesichts fehlender repräsentativer Umfragen besitzen Kommunalwahlen mitunter besondere Überraschungseffekte.
Aus RegioMagazin WILLI 10/2024
Hochwasser, Klimawandel, Energiewende: WILLI-Interview mit Cornelia Petzold-Schick