Am 11. September 2024 wird der neu gewählte Bruchsaler Gemeinderat zum ersten Mal tagen und ein junger Mann mit gerade einmal 16 Jahren wird am Ratstisch Platz nehmen: Liam Kölbl aus Büchenau. |
Liam Kölbl ist der bisher jüngste Gemeinderat in Bruchsal, und das ist auch gut so. Schön, dass die jüngere Generation mit ihm nun endlich eine Stimme im Gremium hat. Gewählt mit 6277 Stimmen hat er mehr als die Hälfte der meist etablierten und bekannten Persönlichkeiten bei der Wahl übertroffen. Wir haben den Schüler des Bruchsaler Paulusheim-Gymnasiums in unser Studio eingeladen, um herauszufinden, wie es zur Kandidatur kam und was er sich für seine Zukunft vorstellt. Nehmen Sie sich Zeit für ein aufschlussreiches Gespräch und erfahren Sie, wie Liam Kölbl seine ersten Schritte in die aktive Kommunalpolitik angehen will.
Das Gespräch fand am 19. Juli 2024 statt.
Das Transkript des Gesprächs in voller Länge
Wichtiger Hinweis: Das Transkript wurde automatisch erstellt und enthält Fehler. Es gilt das im Interview Gesprochene
Ulrich Konrad:
Ja, herzlich willkommen, liebe Zuschauer, bei uns im Stadtstudio. Hier geht es Schlag auf Schlag. Derzeit haben wir viele Gäste, obwohl ich nicht weiß, woran es liegt. Eigentlich sind doch alle im Urlaub, denn wir befinden uns in der Sommerzeit. Aber ich habe jemanden gefunden, der noch keinen Urlaub gemacht hat. Keinen hat. Ja, es kommt noch schlimmer. Der befindet sich möglicherweise schon in den Ferien.
Es handelt sich nämlich um einen Schüler, der gleichzeitig auch im Gemeinderat sitzt. Ja, Sie haben richtig gehört, Schülergemeinderat. Es ist Liam Kölbl. Er hat bei der Gemeinderatswahl in Bruchsal ein Ergebnis erzielt, das Ihnen die Socken auszieht: 6.277 Stimmen! Das ist sicher irgendein Rekord. Welcher Rekord? Das schauen wir mal nach und lassen ihn am besten selbst erzählen, wie überrascht er von dieser Situation ist.
Herzlich willkommen, Liam Kölbl. Aus Respekt vor Ihrer Funktion als Gemeinderat sieze ich dich – das war der erste Fehler. Herzlich willkommen, Liam! Ich habe gesagt, 6.000 und noch mehr Stimmen. Ja, äh, wo kommen die her?
Liam Kölbl:
Also erst mal vielen Dank, dass ich hier sein darf. Freut mich sehr. Gute Frage zum Einstieg. Ich glaube tatsächlich, dass es ein gutes Zeichen ist, dass auch junge Menschen Interesse an Politik haben und vor allem an der Kommunalpolitik.
Ulrich Konrad:
Meinen Sie jetzt sich selbst oder die Wähler?
Liam Kölbl:
Auch die Wähler. Gerade die Kommunalpolitik ist, glaube ich, besonders interessant, weil man die Leute kennt, die in den Gremien sitzen – im Gemeinderat, im Ortschaftsrat und auch im Kreistag. Deswegen denke ich, dass sich auch viele Jugendliche, die ich kenne oder die andere kennen, von denen ich kenne, motivieren ließen, zur Wahl zu gehen, Demokratie zu leben. Und ich glaube, so ist das Wahlergebnis zustande gekommen.
Ulrich Konrad:
Jetzt hatten Sie über 6.000 Stimmen – nicht nur in Büchenau, auch in der Gesamtstadt. Genau 6.277. Da müssen mehr als nur die Büchenauer Jugendlichen gesagt haben: „Jung, das ist das Argument schlechthin.“ Also da hat offensichtlich etwas gegriffen, offensichtlich die Jugendlichkeit, aber man muss ja irgendwo auch politisch unterwegs sein. Ja, und das waren Sie schon.
Liam Kölbl:
Genau. Ich war vorher schon im jungen Gemeinderat, seit 2022, also seit zwei Jahren.
Ulrich Konrad:
Mit 14, dann?
Liam Kölbl:
Ja, mit 14. Ich glaube, man kann schon ab 13 gewählt werden. Ich wurde dann mit 14 in den Gemeinderat gewählt – den jungen Gemeinderat, Entschuldigung, 2022. Da hatte ich natürlich schon einen guten Einblick in die Kommunalpolitik. Das hat mich auch wirklich interessiert, und dementsprechend hat sich mein politisches Interesse weiterentwickelt, und ich habe mich weitergebildet.
Ulrich Konrad:
Ist es denn so ein politisches Interesse allgemein? Schaut man da die Nachrichten, Tagesthemen, Talkrunden und so weiter, oder ist es mehr fokussiert auf Bruchsal, Büchenau oder den Sportverein Büchenau? Wie eng ist das politische Interesse oder wie weit?
Liam Kölbl:
Ja, also ich würde sagen, ziemlich weit. Ich interessiere mich für Nachrichten, lese Zeitungen und so weiter. Mich interessiert jegliche Ebene der Politik, schon die ersten Schritte in der Schülermitverantwortung. Aber jetzt, die Europawahlen interessieren mich total. Ich glaube, dass sich das einfach so herauskristallisiert hat, dass mich die Kommunalpolitik und auch die Landespolitik in Baden-Württemberg, in Bruchsal, in Karlsruhe dann doch mehr interessieren als die Europapolitik, einfach weil sie greifbarer für mich ist.
Ulrich Konrad:
Man nimmt ja immer die große Welt wahr, weil wir die in den großen Medien natürlich auch erfahren. Aber die ticken ja irgendwie alle anders. Wir haben ganz andere Probleme als in Büchenau. Da geht es nicht unbedingt um Ladenöffnungszeiten in Berlin und den ÖPNV in Karlsruhe, sondern da sucht man ländliche Lösungen für einen Ortsteil. Muss man da anders an die Sache rangehen, oder schaut man auf die große Politik und denkt: „Oh, was machen die da mit mir, wie kann ich das umsetzen?“ Oder bringt man selbst Ideen ein für den Ort oder die Jugend? Wird man konkret, um es kurz zu machen?
Liam Kölbl:
Genau. Das ist ja der Kern der Kommunalpolitik, dass man die Gesetzeslage von oben hat und dann konkret umsetzen muss. Das ist auch das, was mich interessiert, weil man dann wirklich auch das Stadtbild zum Beispiel beeinflussen kann. Sie haben es schon angesprochen: Ich bin hier, um die Jugend im Gemeinderat zu vertreten. Also klar, für jeden, der mich gewählt hat und auch für alle Bürger Bruchsals, aber natürlich interessiere ich mich als Jugendlicher besonders für die Jugend und will deren Interessen vertreten, weil ich glaube, dass sie im Gemeinderat nicht genug vertreten wird.
Ulrich Konrad:
Da genügt ein Blick auf die Altersstruktur in den Gemeinderäten. Die meisten sind ja jenseits der 50, zum Teil sogar jenseits der 60. Das soll nicht gegen die älteren Herrschaften gehen, überhaupt nicht, aber es ist, wie es ist. Es gibt keine oder nur schlecht repräsentierte jugendliche Abordnung in diesen Gemeinderäten. Ich habe es nicht überprüft, aber ich vermute mal, das wird in Bruchsal sein wie in anderen Orten auch. Man kommt als Jugendlicher nicht unbedingt in die Versuchung, sich mit diesen alten Männern und Frauen womöglich in die Gemeinde zu setzen. Wie wohl fühlt man sich? Haben Sie überhaupt schon mal eine Sitzung gehabt?
Liam Kölbl:
Bis jetzt hatten wir noch keine Sitzung.
Ulrich Konrad:
Noch kein Schreckens-Erlebnis?
Liam Kölbl:
Ja, also wir haben ja jetzt den jungen Gemeinderat in Bruchsal, und da gibt es Jugendgremien, die dafür da sind, Jugendliche zu integrieren. Gerade auf Kommunalpolitik bezogen ist das ja auch wichtig. Allerdings ist der Handlungsrahmen im Gemeinderat noch viel größer. Sie haben es schon angesprochen: In anderen Ortschaften gibt es zum Beispiel die „Junge Liste“, das sind junge Menschen aus unterschiedlichen Parteien, und das funktioniert gut. Das haben wir in Bruchsal nicht, aber das ist ein anderes Konzept, das gut funktioniert.
Ulrich Konrad:
Abwarten, Tee trinken, was sich entwickelt. Ich habe da ein interessantes Erlebnis gehabt. Ich zitiere ihn jetzt, ohne ihn gefragt zu haben, ob ich ihn zitieren darf. Ein erfahrener Gemeinderat, Professor Dr. Werner Schnatterbeck, den kennt ja jeder in Bruchsal, sagte mir: „Schade, dass er nicht bei uns in der Partei ist, aber Hauptsache, die jungen Leute sind dabei, wo immer sie auch antreten mögen. Wir brauchen junge Kräfte, politisch Interessierte in unseren Gemeinderäten oder Ortschaftsräten oder wo auch immer.“ Also er hat eine Lanze gebrochen für Jugendlichkeit, wohlwissend, dass er selbst ja auch zu der Generation gehört, die immer kritisiert wird, wenn wir sagen: „Ach, noch ein älterer, macht doch mal die Plätze frei.“ Aber die müssen ja auch kommen, die Leute, die auf die freien Plätze gehen. Haben Sie eine starke Gruppe an Jugendlichen, die mobilisiert werden könnten, oder ist das jetzt ein Glücksfall, ein Einzelfall?
Liam Kölbl:
In Büchenau gibt es natürlich auch Jugendliche, aber politisch aktiv sind sie nicht. Wir hatten einen jüngeren Kandidaten, unter 20, der bei der CDU für den Ortschaftsrat kandidiert hat, wurde leider nicht gewählt. Auch unter 30 hatten wir einige Kandidaten für den Ortschaftsrat. In Bruchsal gibt es dann schon mehr Jugendliche, die sich engagieren, zum Beispiel Luca Butterweck, der in den Oberkronbacher Ortschaftsrat gewählt wurde. Er war auch Jugendgemeinderatssprecher in meinem Gremium. Und in meiner Klasse am Paulusheim gibt es auch ein Mädchen, das mit 16 für den Forster Gemeinderat kandidiert hat. Also in Bruchsal haben wir noch Luca, der sich aufstellen lassen hat. Aber in den umliegenden Gemeinden haben sich auch einige aufstellen lassen, wenn auch weniger als die älteren Kandidaten.
Ulrich Konrad:
Wo ist der Trick? Wie kriegen wir die? Wie können wir älteren Herrschaften in den Ruhestand gehen und hintendran stehen die Jugendlichen? Was fehlt? Wo ist die Motivation? Mehr Sitzungsgeld, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld? Liegt’s am Geld? Wo finden wir den Schlüssel, um Menschen wie Sie in die Räte zu bekommen?
Liam Kölbl:
Ich glaube nicht, dass es am Geld liegt. Es liegt vielleicht daran, dass viele Jugendliche gar nicht wissen, dass man sich mit 16 schon aufstellen lassen kann, oder sie glauben nicht daran, dass es möglich ist. Es ist natürlich ein Commitment, und man muss sich das auch zutrauen. Man bekommt vielleicht auch mal einen Kommentar gedrückt, sei es von anderen Jugendlichen oder von Erwachsenen. Da muss man sich selbst fragen: „Will ich das wirklich?“ Aber ich hoffe, dass ich durch meine Wahl andere Jugendliche motivieren kann, mir nachzufolgen. Und ich hoffe, dass bei der nächsten Wahl noch mehr junge Leute auf den Listen stehen und ich da den Weg ebnen konnte.
Ulrich Konrad:
Also so ein bisschen imagebildend wirken, dass der Gemeinderat nicht verstaubt ist, sondern Mitwirkung am politischen, gesellschaftlichen und Vereinsleben bedeutet. Man hat da wirklich Gestaltungsmöglichkeiten. Vielleicht denken die Jugendlichen nicht daran, weil sie keinen Kontakt dazu haben, aber diese Brücke könnte Ihnen gelingen, zumindest mal im Paulusheim. Ist im – wir bleiben mal bei der Schule – kann man da schon ein bisschen fördern? Also kann die Schule da ein bisschen einen Kick geben: „Hey, das ist gar nicht so altmodisch, Gemeinderat klingt zwar langweilig, aber geben wir dem Ding einen neuen Namen und schon ist es griffiger und ihr seid dabei.“ Kann man das von der Schule aus fördern?
Liam Kölbl:
Ja, also vom jungen Gemeinderat her haben wir schon echt stark die Schulen gefördert. Über die Schulsozialarbeiter kommen wir gut an die Schüler und Schülerinnen ran, gerade bei der jungen Gemeinderatswahl, wo das über Wahlmobile gemacht wurde. Die standen dann auf dem Pausenhof, und dort konnte man seine Stimme abgeben. Ich glaube, wir sollten das auch auf den Gemeinderat ausweiten, vielleicht mit Infoveranstaltungen das Bewusstsein bei den Jugendlichen wecken. Aber ich glaube auch, dass das im Kommen ist. Der Jugendgemeinderat macht da schon einen guten Job und wird es wahrscheinlich auch in Zukunft tun, Jugendliche zu motivieren, sich zu engagieren – sei es in der Politik oder in den Vereinen. Denn in den Vereinen brauchen wir genauso junge Menschen.
Ulrich Konrad:
Vielleicht sind Sie ein Best-Practice-Beispiel für andere, die dann sagen: „Na ja, das geht ja wirklich.“ Und dann stellen sich einige an Ihre Seite. Wenn man mal eine Gruppe hätte mit fünf, sechs Leuten zwischen 16 und 25, hätte man eine Vertretung, die diese Interessen auch vertritt. Wenn wir noch mal bei der Schule bleiben, gibt es da Fächer, die politische Bildung im weiteren Sinne betrachten? Findet da ein Blick auf das Lokale statt oder schaut man nur auf die Welt?
Liam Kölbl:
Das kommt auf die Jahrgangsstufe an. In der achten Klasse, in Gemeinschaftskunde und in Geschichte, nimmt man die Kommunalpolitik schon durch – wie sind die Verfahren, zum Beispiel Bürgerentscheide, die angestrebt werden, wenn es um Geothermie oder Windkraftanlagen geht. Da hatten wir schon einen Einblick, aber der könnte natürlich noch größer sein. Man muss aber auch schauen, wie das mit dem Lehrplan vereinbar ist.
Ulrich Konrad:
Also mehr so das Formale, was man lernt, wie sich das alles zusammenfügt. Aber der Gemeinderat ist ja der Souverän, der bestimmt, was gemacht wird. Man denkt vielleicht, der Bürgermeister hat mehr Macht, aber er setzt nur um, was der Gemeinderat von ihm verlangt. Und das zeigt auch die Kräfteverhältnisse. Also man ist da schon fair, wenn man an dieser Stelle ist, und wenn man die entsprechende Gruppe überzeugen kann, hat man da eine Machtfülle, die man nicht unterschätzen sollte. Auch das könnte eine Motivation sein: „Leute, wir müssen nur genug Leute sein, dann können wir auch unsere Interessen weitertragen.“ Findet so etwas in der Schule statt, dass man sagt: „Ihr Schüler, ihr müsst dort hin, damit ihr eure Interessen vertreten könnt?“
Liam Kölbl:
Es kommt auf die Lehrkraft an. Persönlich muss ich sagen, hat mich meine Deutschlehrerin dazu gebracht, mich mehr zu engagieren, einfach weil sie uns gezeigt hat, was in der Welt abgeht und uns gezeigt hat: Es ist okay, wenn ihr euch engagiert, und es ist wichtig, dass ihr euch engagiert. Das hat mich noch mal mehr motiviert.
Ulrich Konrad:
Also man kann in der Schule schon ein bisschen Katalysator spielen, wenn man zeigt, was da für Möglichkeiten drinstecken, wenn man mitmacht. Der Jugendgemeinderat hat meines Wissens nur so eine Art Vorschlagsrecht.
Liam Kölbl:
Antragsrecht, ja.
Ulrich Konrad:
Im Gemeinderat hat man dann natürlich eine ganz andere Macht, es sind die Kräfteverhältnisse ganz andere. Da kann man nicht mehr nur einen Antrag stellen und den anschließend in die Ablage P befördern, sondern da wird es ernst. Da hat man dann auch tatsächlich etwas in der Hand. Ich sehe das T-Shirt „Jugendgemeinderat“, also von langer Hand geplant. Das sind die Wurzeln im Jugendgemeinderat, aber zumindest die Weichen gestellt. Bleiben wir noch ein bisschen bei der Politik. Noch hat es nicht angefangen, aber die Stimmen kamen weitgehend aus der grünen Parteienfamilie, möglicherweise ja. Aber ich könnte mir gut vorstellen, viele haben auch einfach Jugendlichkeit gewählt. Wie auch immer, völlig wurscht. Jetzt sind Sie auf jeden Fall für die Grünen angetreten. Ist es Zufall? Überzeugung? Familie? Schule? Erfahrung? Fernsehgucken? Wie kommt man zu den Grünen? Da gibt es ja so ein paar Stellräder, wo man sagt: „Das ist meins.“
Liam Kölbl:
Sie haben schon ein paar Punkte angesprochen. Ich würde sagen, das kann man auf mehrere Bereiche anwenden. Klar, für mich als Jugendlicher sind Umwelt- und Klimaschutzaspekte ziemlich wichtig. Wir haben die Klimakrise, die mehr oder weniger an die Tür klopft. Wir hatten letztes Jahr wieder Hochwasser, und da fragt man sich natürlich als Jugendlicher: „Wo kann ich mich engagieren?“ Jetzt ist es aber so, dass ich Kommunalpolitiker bin und wir in der Kommunalpolitik nicht die große Entscheidungsmacht haben, wie zum Beispiel bei der Frage nach Verbrennerverboten. Trotzdem habe ich mich für die Grünen entschieden, weil ich denke, dass die Partei gerade für Jugendliche offen ist. Das ist jetzt gar nicht böse gegenüber anderen Parteien gemeint, aber ich habe mich da am wohlsten gefühlt. Sonst habe ich in meiner Familie auch viele Grünwähler. Es hat sich schon mehr oder weniger immer mehr abgebildet, und nach der Bundestagswahl 2021 habe ich mir gedacht: „Ja, die Partei ist es.“ Auf kommunaler Ebene bin ich mit der Fraktion, in der ich jetzt sitze, total zufrieden. Aber das heißt nicht, dass ich gegenüber anderen Parteien negativ eingestellt bin.
Ulrich Konrad:
Das ist einfach die Summe der Wahrnehmungen. Irgendwo muss man sich ja einordnen, und es ist ja nicht in Stein gemeißelt. Manchmal ändert sich die Meinung, die Haltung oder die Partei, und manchmal ist ein Wechsel angesagt. Ich denke, mit 16 kann man mindestens einmal wechseln oder auch nie oder dreimal, wie auch immer. Die Zeit wird es zeigen. Jetzt hatten wir noch nicht die erste Sitzung, aber die bleibt spannend, obwohl sie noch gar nicht stattgefunden hat. Kennt ihr euch schon untereinander? Hattet ihr schon mal eine interne Gemeinderatssitzung, oder müsst ihr euch noch schreiben, per E-Mail und ein Foto schicken? Wie muss ich mir das vorstellen?
Liam Kölbl:
Ja, also tatsächlich nicht. Die Fraktion kennt sich natürlich. Wir Grünen hatten auch schon unsere erste Fraktionssitzung, und da kennt man sich natürlich. Durch den Jugendgemeinderat kenne ich auch schon die Gemeinderäte, die wieder gewählt wurden. Sie haben Professor Dr. Schnatterbeck angesprochen, den kennt man natürlich, genauso wie andere bekannte Gesichter, wie Frau Krug von der SPD.
Ulrich Konrad:
Jetzt entdecken Sie aber auch die SPD…
Liam Kölbl:
Genau. Aber ich denke, ich komme gut klar.
Ulrich Konrad:
Und ihr seid auf Augenhöhe.
Liam Kölbl:
Genau. Ich wurde genauso gewählt. Dementsprechend – ja, wir haben nächsten Dienstag unsere erste Sitzung.
Ulrich Konrad:
Ich freue mich über solche neuen Gesichter in einem Gemeinderat, ganz allgemein. Es geht mir jetzt weniger darum, wofür Sie stehen. Sie stehen für politische Aktivität und Verantwortung. Ich habe meine eigenen Ziele jetzt aufgrund dieser Erfahrung verlagert. Also, ich will nicht kandidieren beim nächsten Mal, um den Altersschnitt nicht noch weiter zu senken. Mein Appell geht eher an Leute wie Sie. Ich hoffe, dass das ein Katalysator ist, ein Vorbild für andere, die sagen: „Gemeinderat ist einfach gut.“ Vielleicht sehen wir uns noch häufiger. Das geht ja fünf Jahre, fünf Jahre!
Liam Kölbl:
Ja, ich weiß. Das ist eine hohe Verantwortung, eine Verpflichtung. In fünf Jahren studiert man vielleicht schon oder ist nicht mehr in Bruchsal. Manche Bedingungen entfallen. Denkt man das zu Ende, oder ist es jetzt und hier?
Liam Kölbl:
Ja, also es ist eher im Moment jetzt und hier. Ich bin noch auf jeden Fall zwei Jahre hier, und ich fühle mich in Bruchsal wohl. Ich habe mir natürlich Gedanken darüber gemacht, aber ich glaube, dass ich jetzt mit der Wahl erst mal genug beschäftigt bin. Ich freue mich darauf, mich in den Gemeinderat einzuarbeiten, und dann schauen wir mal, was passiert.
Ulrich Konrad:
Liebe Zuschauer, das war Liam Kölbl, der, wie ich behaupte, der jüngste Gemeinderat im Gemeinderat der Stadt Bruchsal ist. Wenn ich einen Faktencheck machen würde, könnte ich feststellen, er ist der jüngste Gemeinderat im Landkreis. Wer mir das Gegenteil beweisen kann, möge mir eine E-Mail schicken. Ich habe ihn aus Respekt vor dem Amt gesiezt. Wenn jetzt die Kamera aus ist, werde ich ihn wieder duzen, weil er ein netter Kerl ist und wir uns sehr gut verstehen. Wir sind uns an dieser Stelle sehr einig, und er hat meine politischen Ziele deutlich verändert. Ich überlasse das Feld jetzt den Jungen und möchte nicht kandidieren. Ich hoffe, Ihnen hat es gefallen, einen jungen Menschen hier kennenzulernen und seinen eloquenten Auftritt zu sehen. Wie er hier auftritt, überlasse ich Ihrer Einschätzung. Mich hat er überrascht, aber da ich ihn ja kenne, wusste ich, was ich zu erwarten hatte. Ich wünsche ihm alles Gute und das nötige Durchsetzungsvermögen, und allen anderen die Botschaft: „Macht es wie er! Es macht Sinn, und man hat da wirklich Gestaltungsmöglichkeiten in den Gremien.“ Machen Sie es gut. Bis zum nächsten Mal. Tschüss!