Ein Bruchsaler Sammler und Bastler hat ein Lebenswerk in der eigenen Wohnung.
Eingeladen am Sonntag. Manfred Weber begrüßt mich mit einer Aufgabe. Er zerlegt den selbstgebauten Teufelsknoten und legt ihn vor mir auf den Tisch. Ich probiere, staune, verwerfe. Er macht es mir nicht einfach, der Herr Weber. Das Rätsel ist knifflig.
Wobei: Er selbst ist sehr einfach und zugänglich. Herr Weber kann viel erzählen, tut das ohne aufdringlich zu sein, angenehm, ruhig. Er ist jetzt 94 Jahre alt, ein Alter, in dem man schon mal zurückschauen kann, auf das, was man alles im Leben getan und erlebt hat. Er nimmt mich mit.

Gelernt hat er den Malerberuf. Seine Frau war „eine erstklassige Hausfrau“ und hat eigentlich alles Wichtige übernommen, sodass er derjenige mit den Hobbys sein konnte. Und die hat er: Er sammelt und bastelt für sein Leben gerne, hat eine Menge kleiner Modelle geschaffen, Fabriken, Autowerkstätten mit Hebebühne, Kinderkarusselle, Autoscooter. Alles auf Knopfdruck mittels Motors beweglich.

Für das sechssitzige, quietschorangene Kettenkarussell hat er Figuren gesucht, die gab es nicht. Also entschied er sich dazu, die Miniaturen selbst zu basteln. Die dünnen Arme und Beine anzubringen war gar nicht so einfach. Er schmeißt den Motor an, die Zentrifugalkraft lässt die kleinen Gondeln nach außen schwingen – Arme und Beine halten an den Körpern.
Das Herz seiner Wunderkammer steht in der Mitte des Wohnzimmer Webers. Dort hat er sich eine kleine mobile Werkstatt eingerichtet. Lötkolbenstation, Strommessgerät, ein kleiner Amboss zum Zurechtklopfen seiner Mini-Werkstücke. Auch eine selbstgebastelte Präzisionssäge findet sich dort. Eine Unzahl an Schublädchen, wo Schrauben und Stecker, Kabel und Knöpfe drauf warten, in Modelle eingebaut und damit in Kunstwerke verwandelt zu werden. Da blickt keiner mehr durch? Dafür gibt es Manfred Weber. Während des Krieges und danach habe man nichts kaufen können, man musste improvisieren. Diese Eigenschaft hat er sich bis heute bewahrt.
Auch sammelt er sehr gerne. Kristalle wie der Haematit und Epidot finden sich in der Vitrine an der Wand. Und wenn man beides kombiniert, das Basteln und Sammeln, dann kommt so etwas wie der sich mechanisch drehende Bergkristall auf einem kleinen Teller heraus.

Im Jahr 1931 geboren hat er auch noch den Faschismus in Deutschland erleben müssen. Schon sein Vater war nicht politisch im Sinne der Nationalsozialisten engagiert, obwohl es sicher Vorteile gehabt hätte. Auch Manfred wollte sich nicht vereinnahmen lassen und ging nicht zum „Jungvolk“, da sei man „runtergedonnert“ worden. Die Folge war, dass er nahezu keine Freunde mehr hatte, da diese für Manfreds Ausbleiben strafexerzieren mussten. „Deswegen war ich viel alleine zuhause“, berichtet er, „ich habe begonnen mit der Laubsäge zu arbeiten.“ Vielleicht läge es daran, „dass ich geworden bin, wie ich bin“, mutmaßt er.
Weber lässt die Holzstäbchen kurz zwischen seinen Fingern rotieren, kneift kurz nachdenkend die Augen zusammen und legt den fertig zusammengesetzten Teufelsknoten vor mir auf den Tisch. So einfach kann es sein. Wenn man es einfach macht.
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