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Misteln stutzen und Streuobstbäume schützen

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4.12.23 | Ausbreitung im Südwesten stoppen / Pflanze ist dekorativer Adventsschmuck

Stuttgart – Sie ist kugelig, ihre Beeren sind klebrig und sie breitet sich hartnäckig aus – die Weißbeerige Laubholz-Mistel (Viscum album). Die immergrüne Pflanze gehört in Baden-Württemberg auf vielen hohen Pappeln entlang von Flüssen und Bächen sowie in Streuobstregionen zum Erscheinungsbild. Besonders Apfelbäume, die lange nicht geschnitten wurden, sind betroffen. Weil die Pflanze den Bäumen ihren Lebenssaft entzieht, rät der NABU, zügig und konsequent zu Säge und Astschere zu greifen: „Nutzen Sie frostfreie Tage, um eigene Bäume von Misteln zu befreien. Die Pflanze ist nicht geschützt. Auch wenn sie hübsch aussieht – wer Misteln schneidet, erhält die Vitalität der Streuobstbäume und damit einen wichtigen Lebensraum für Vögel, Insekten und viele andere Kleinlebewesen“, erklärt NABU-Ornithologe Stefan Bosch.

 

Adventsschmuck von der Streuobstwiese

Auf Streuobstwiesen sieht der NABU die Misteln nicht so gern. „Für Obstbäume ist die immer schnellere Ausbreitung der Mistel bedrohlich. Wird sie nicht entfernt, wächst sie mit ihren Wurzeln tief ins Holz. Um sie wieder loszuwerden, müssen oftmals ganze Äste entfernt werden. Besser ist es daher, früh zu reagieren. „Wer Bäume besitzt – ganz gleich, ob Privatperson, Kommune oder Landwirtschaftsbetrieb – trägt Verantwortung und sollte sich auch um ihre Pflege kümmern“, stellt Bosch fest.

Entfernte Misteln lassen sich als dekorativer, nachhaltiger Adventsschmuck nutzen. Küssen unterm Mistelzweig ist ein alter Weihnachtsbrauch, der auf eine nordische Göttersage zurückgeht und Glück bringen soll. Dem Obstbaum bringt es allemal Glück, wenn die Mistel am Türrahmen statt in der Baumkrone hängt.

 

Misteln sind weiterer Stressfaktor in der Klimakrise

Für die Streuobstlandschaft kommen bei der Mistel einige ungünstige Faktoren zusammen. Die Bäume leiden durch den Klimawandel vermehrt unter Hitze, Trockenheit und Baumkrankheiten. Da kommt die Mistel als weiterer Stressfaktor hinzu. Steigende Temperaturen begünstigen ihre Ausbreitung, selbst bis in die höchsten Mittelgebirgslagen in Baden-Württemberg. Mehr als 20 Vogelarten fressen die Beeren und transportieren die Samen mit ihrem Kot in die höchsten Wipfel. Dort angekommen breitet sich die Mistel durch ihre klebrigen Samen weiter aus und gründet viele neue kleine Büsche. Nach einem Jahr beginnt die Pflanze, den Wirtsbaum anzuzapfen. Mit ihren Saugwurzeln entzieht sie ihm Wasser sowie Nährstoffe und schwächt den Baum dadurch.

 

Obstbäume sanieren und regelmäßig kontrollieren

Besonders von der Mistelplage betroffen sind Apfelbäume und Pappeln. Darüber hinaus sind zunehmend Ebereschen, Weiden, Weißdorn, Birken und sogar Birnbäume betroffen. Wo sie auftritt, sollte die Mistel systematisch alle zwei bis drei Jahre entfernt werden. Denn erst nach vier Jahren trägt sie Beeren und damit Samen. So wird die Ausbreitung gebremst. Soll ein Baum saniert werden, müssen stark befallene Äste abgeschnitten oder stark zurückgeschnitten werden. Bei geringem Befall reicht es, Pflanzen samt Wurzeln mit einer Kerbe oder einem Bohrloch loszuwerden. Die Wurzeln der Misteln sind als grüne Stellen im Holz erkennbar. „Wer Misteln schneidet, hilft dabei, alte Streuobstbäume gesund zu halten. Damit bleiben auch die Spechthöhlen erhalten, die als Kinderstube für Gartenrotschwanz oder Steinkauz dienen“, rät Streuobstfreund Bosch.

 

Hochstämme nachpflanzen für Specht und Wendehals

Wird die Laubholz-Mistel nicht entfernt, kann sie einen bereits geschwächten Baum im Extremfall vollends zum Absterben bringen, warnt der NABU. Ist nichts mehr zu retten, sollte ein hochstämmiger Obstbaum durch einen ebensolchen ersetzt werden. Denn Spechte zimmern ihre Bruthöhlen am liebsten in große, stämmige Bäume mit einer Mindeststammhöhe von 1,80 Meter. „Ist die Spechtfamilie ausgezogen, nutzen viele selten gewordene Höhlenbrüter wie Wendehals oder Halsbandschnäpper den freien Platz, um im Frühjahr den Nachwuchs darin aufzuziehen“, so der Ornithologe. Die Baumhöhlen sind auch bei Siebenschläfern, Fledermäusen und Hornissen begehrt.

 

Misteln melden

Im Herbst und Winter lassen sich Misteln an kahlen Bäumen gut erkennen. Um herauszufinden, ob sich die Misteln weiter ausbreiten und ob es regionale Unterschiede gibt, hat der NABU auf naturgucker.de ein Monitoring gestartet. Ab November bis einschließlich Februar sollen Misteln gezählt und online gemeldet werden. Mitmachen kann jede und jeder. „Es lässt sich bereits sehen, dass im milden Rheintal, am Bodensee und im Großraum Stuttgart Mistel-Hotspots liegen. Je mehr Menschen mitmachen und Misteln melden, desto detailreicher wird unsere Mistelkarte für Baden-Württemberg“, so Bosch.

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