24.03.2021 | Nach 58 Jahren Haft kommt ein im Jahre 1963 Verurteilter in absehbarer Zukunft auf Bewährung frei. Erst im vergangenen Jahr, im Mai 2020, wurde ein entsprechender Antrag abgelehnt. Diesmal hatte die Verteidigerin des Verurteilten mit einer Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe Erfolg.
Trotzdem bleibt ihr Mandant derjenige, der die bisher längste Haftstrafe Deutschlands verbüßt hat. Mit heute 84 Jahren kommt er bald frei, im Alter von 25 Jahren wurde er damals inhaftiert. Die Welt hat sich weitergedreht, er jedoch war dabei nur Zuschauer. Schlaghosen, Flower-Power, Anti-Atomkraftbewegung und nicht zuletzt das Zusammerücken der Welt im digitalen Zeitalter- all das hat er zwar mitbekommen, aber selbst nie durchlebt. Grund dafür war der Raub eines Autos, bei dem er zwei Menschen um ihr Leben brachte und auch ihnen damit die Möglichkeit nahm, all das zu erleben.
Bis 1991 verbüßte er seine Strafe in Berlin, dann wurde er in die JVA Bruchsal verlegt. Zum Schutz seiner Privatsphäre und seiner Persönlichkeitsrechte wird das Datum seiner Entlassung nicht öffentlich gemacht- nach 58 Jahren Haft wird es genug Klippen geben, die er zu umschiffen haben wird, angefangen bei der Gewöhnung an die längst vergessene uneingeschränkte Freiheit bis hin zu ganz alltäglichen Dingen wie der Benutzung eines Geldautomats.
Es wird sich zeigen, ob es ihm wie Rilkes Panther gehen wird, über den Rilke schrieb: „Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.“
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