Foto : Luftaufnahme Langenbrücken 2007 © egghead Medien

Ortsportrait | Unser Bad Langenbrücken – Fakten, Infos, Menschen & Geschichten (Archiv 2021)

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Bad Langenbrücken feierte bereits 2019 sein 750-jähriges Ortsjubiläum und auch in diesem Jahr darf wieder gefeiert werden: Vor 50 Jahren schlossen sich die Gemeinden Bad Mingolsheim und Bad Langenbrücken zur Gesamtgemeinde Bad Schönborn zusammen.

Wenn die Pandemie es erlaubt, wird die Gemeinde dieses 50-Jährige Jubiläum in diesem Jahr gebührend feiern. Geplant sind dabei ein 4-tägiges Festwochenende vom 25.-28. Juni und viele besondere Highlights im Jahreszyklus. Langenbrücken ist in diesem Verbund mit 752 Jahren die jüngere der beiden Gemeinden. Mingolsheim freut sich darauf im Jahr 2023 bereits sein 1.250-Jähriges feiern zu dürfen.  Da jeder der beiden Ortsteile seine ganz eigene Geschichte hat, konzentrieren wir uns in dieser Ausgabe auf die Gemeinde Bad Langenbrücken und begeben uns auf die Suche nach Besonderheiten, Sehenswürdigkeiten, Geschichte und Menschen dieses einzigartigen Ortes.

Ein Ort und seine Geschichte

Die Ursprünge von Langenbrücken reichen bis in die Steinzeit, wie Funde belegen. Erstmals wird der Ortsteil der Gemeinde Bad Schönborn im Jahr 1269 als „Langebrucke“ erwähnt, als der Bischof von Speyer die Herrschaftsrechte über den Ort erhält. Daran erinnert auch der Bischofsstab als Hauptsymbol im Stadtwappen. Der Name bezeichnet eine „lange Brücke“, an der sich bereits bei den Römern eine Zollstation befunden haben soll.

Hauptstraßenansicht: Entlang der Hauptstraße sind einige historischen Gebäude zu sehen. Im Hintergrund links die katholische Kirche St. Vitus, in der Mitte, das alte Rathaus und ganz rechts das Gasthaus „Sonne-Post“, dieses wurde 1744 gegenüber der Zollstelle als Poststation für die Verpflegung und Unterkunft der Fahrgäste und mit Stallungen für den Pferdewechsel erbaut.

Rund 70 Jahre später, im Jahr 1341, erlangt Langenbrücken – bedingt durch seine Lage als Verkehrsknoten – erneut große Bedeutung im Zoll- und Geleitsystem des Mittelalters.

Im Dreißigjährigen Krieg trafen sich nördlich von Langenbrücken, bei Mingolsheim, im Jahr 1622 die Feldherren Graf von Tilly für die katholische Liga und Graf Mansfeld für die protestantische Seite mit dem Heer des Pfalzgrafen Friedrich V. zum Waffengang, der als Schlacht am Ohrenberg in die Geschichtsbücher einging. Mingolsheim wurde komplett zerstört.

Langenbrückener Wasser als Mittel gegen Fäulnis und Schmerzen

Im 18. Jahrhundert beginnt die Zeit der Heilbäder. Auf der Suche nach Wasserquellen werden 1766 Schwefelquellen gefunden. Anlass für Fürstbischof Franz Christoph von Hutten, der seit 1743 Landesherr vom Hochstift Speyer ist, ein Schwefelbad mit großem Badehaus in Langenbrücken zu bauen. Das Schwefelwasser lässt er direkt zu seiner Residenz ins Schloß Kislau leiten, um seine verschiedenen Krankheiten zu behandeln. Doch schon die Bauern aus der Gegend wussten um die Heilkraft des Langenbrückener Wassers bei ihren Trinkkuren gegen Fieber oder bei Magenproblemen. Selbst die Stadt Bruchsal pries 1769 in Schriften das Langenbrückener Wasser als Mittel gegen Fäulnis und Schmerzen. Bald kamen die adligen Gäste von weither – sogar aus Paris – denn schon damals war der Kuraufenthalt ein gesellschaftliches Ereignis.

Fachwerkhaus: Am Ende der Badstraße wurde Ende der 1990er, dieses Haus renoviert.
Evangelische Christuskirche

1792 endete die Phase als Kurstadt schon wieder – vorerst. Das Badehaus wurde zur Wirtschaft umgebaut, der Trinksaal abgebrochen. Im Jahr 1802 geht Langenbrücken in den Besitz der Markgrafschaft Baden über. 1842 kaufte Franz Peter Sigel, aus bekannter Bruchsaler Familie und Namensgeber des Kursaals Sigel, den Betrieb und verhalf ihm zu neuer Blüte. Das Kurhaus im klassizistischen Weinbrenner-Stil wurde zum Amalienbad, benannt nach der Markgräfin von Baden. Auch die Kastanienallee ist bis heute erhalten. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen bis zu 1.000 Gäste im Jahr, woran die Eisenbahnlinie Karlsruhe-Heidelberg nicht unwesentlichen Anteil hatte.

Am 6. September 1965 würdigt die Baden-Württembergische Landesregierung die Anstrengungen der Bäderstadt, die sich fortan Bad Langenbrücken nennen darf.

Durch die Gemeindereform werden 1971 Bad Langenbrücken und Bad Mingolsheim zu Gemeinde und Kurort Bad Schönborn zusammengeschlossen. Seit 2001 konnten Niederbronn-les-Bains in Frankreich und Kiskunmajsa in Ungarn als Partnerstädte gewonnen werden.

Text: Jürgen Hotz, Bilder: egghead

Ein Kurort entsteht

Das Langenbrückener Heilwasser wurde bereits von den lokalen Bauern im 18. Jahrhundert als Trinkkur bei Fieber und verdorbenen Mägen angewendet sowie als Fußbad bei schmerzenden Gliedern. Fürstbischof  Franz Christoph von Hutten war es im Jahr 1766, der in Langenbrücken ein erstes Schwefelbad errichtete.

Hutten, der seinen Wohnsitz im Schloss Kislau hatte, soll unter verschiedenen Krankheiten gelitten haben, daher hatte er ein persönliches Interesse an einem Kurbad. Er ließ ein Badehaus mit neun separaten Badekammern erbauen sowie ein Krughaus, aus dem man die Heilwasser-Krüge bezog, einen Trinksaal und Brunnenstuben. Im Trinksaal gab es Spieltische, an denen sich die Gäste die Zeit vertreiben konnten. Von Hutten wusste, wie wichtig ein ansprechendes Umfeld war, denn Kuraufenthalte waren für adelige Kreise vor allem auch ein gesellschaftliches Erlebnis.

Die Heilkraft des Wassers sprach sich schnell rum. Direkt nach Aufnahme des Kurbetriebs kamen zahlreiche Gäste und  Hutten musste sich um Unterkünfte sowie Verpflegung kümmern. Nach Huttens Tod im Jahre 1770 wurde das Bad 1796 geschlossen. Der Trinksaal mit Kurbrunnen wurde 1796 als Baumaterial versteigert und abgebrochen.

 

Im Jahr 1824 kaufte dann Franz Peter Sigel den Badebetrieb und verhalf ihm zu neuem Glanz. In rascher Folge entstanden Badehaus, Ökonomiegebäude, Trink- und Wandelhalle, sowie ein Musikpavillon. Als Krönung ließ Sigel durch einen Schüler des Karlsruhe Architekten Weinbrenner das eindrucksvolle Kursaalgebäude mit Freitreppe errichten. Er nannte das Bad nach der Markgräfin Amalie von Baden, die Markgräfin besuchte das Bad mehrmals von ihrem Witwensitz in Bruchsal aus. Eine  Sensation war es, als Franz Peter Sigel 1826 einen Artesischen Brunnen, (ein Brunnen unterhalb des Grundwasserspiegels, aus dem Wasser von selbst austritt) erbohrte, der sein Wasser in einem Strahl 26 Meter hoch warf. Nach Sigels Tod 1841 übernahm Sohn Karl Sigel das Amalienbad und erweiterte nochmals. 1937 kam es durch die Inbetriebnahme der neuen Franz-Peter-Sigel-Quelle zu einem erneuten Aufschwung. Damen in Samtroben an Kaffeetischen, Kapellen, die zum Tanz aufspielen, Billard spielende Männer, flanierende russische Fürsten sorgten für ein reges Treiben.

1965 erfolgte dann offiziell die Verleihung des Titels „Bad Langenbrücken“. Mit der Erschließung der Karl-Sigel-Quelle im Jahre 1969  begann eine neue Ära der Heilbadgeschichte. Die Thermal-Sole-Quelle übertraf die Mindestanforderungen für Heilwässer um das 35-fache. 1971 wurde die Sigel-Therme mit einer Heilwasserfläche von 600 Quadratmetern eröffnet.

Aber auch der Nachbarort  Mingolsheim profitierte von gefundenen Schwefelquellen. Das „Schwefelbad Mingolsheim St. Rochusbrunnen“ bot1925 erstmals 5-wöchige Kuren an. Großen Aufschwung für den Kurort Mingolsheim brachte 1970 in 637 Metern Tiefe die Entdeckung einer Thermalquelle und die Einrichtung des Thermariums. Heute ist „das Rochus“ mit 415 Betten die größte Rehabilitationseinrichtung der Region. Das Thermarium verfügt über eine Gesamtwasserfläche von 1400 Quadratmetern sowie über eine Salzgrotte, Fitness- und Wellnesszentrum.
Die Siegel-Therme in Langenbrücken wiederum mussten aufgrund des wachsenden Kosten- und Konkurrenzdrucks im Jahr 2010 ihre Pforten schließen. Von der damaligen Anlage Franz Sigels ist nur der Kursaal übrig geblieben; als ein verborgenes Kleinod, das schon fast dem Bagger geweiht war. Der medizinische Teil konnte als Sigel-Klinik gerettet werden und ist heute eine moderne Reha-Einrichtung für Orthopädie, Rheumatologie und Gynäkologie für 104 Belegbetten und gehört zum ACURA Klinikverbund mit Sitz in Baden-Baden. Die Geschäftsleitung obliegt nach wie vor der FamilienKG Sigel.

Der Kursaal

Für den Erhalt des Kursaals  fehlte nach Abbruch der Sigel-Therme das Geld. Dieser nahm in den 1990er Jahren immer mehr Schaden durch seine Vernachlässigung, so wurde der einst so herrschaftliche Sigel-Kursaal für die Öffentlichkeit geschlossen und sein Schicksal schien nach 173 Jahren besiegelt.

Im Jahr 2003 gründete sich dann der „Verein zum Erhalt des historischen Kursaals im Weinbrennerstil in Bad Schönborn-Langenbrücken e.V.“, dann wurde aufgeräumt, entrümpelt und renoviert. Jetzt ist er wieder nutzbar und für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Kulturkalender stehen Vorträge, Konzerte, Kleinkunst und Theater.

Posidionschiefer

Vor ca. 175 Millionen Jahren erstreckte sich das Jurameer. Durch Bewegungen sanken Bereiche Mittel- und Westeuropas ab und gerieten unter Flachwasserbedeckung. Das damalige Klima sorgte für Schwankungen des Sauerstoffgehalts im Meerwasser, deshalb zersetzte sich totes Gewebe nur sehr langsam. Durch eingeschwemmten Tone und Kalke wurden die toten Tiere bald überdeckt und konserviert. Im Laufe von Jahrmillionen verfestigte sich der Schlamm. So wurde aus dem Jahreszeitenwechsel im Jurameer eine versteinerte Schichtenfolge, der Posidonienschiefer. Es handelt sich hierbei um feinkörnige dunkle Tone und bräunlich gefärbte, schieferartige Gesteinsplatten. Diese wurden bis 1926 in Langenbrücken zur Zementherstellung abgebaut.

Ein kleiner Teil des ehemaligen Steinbruchs in der sogenannten „Langenbrückener Senke“,  blieb bis heute erhalten und ist für Jedermann ersichtlich. Den bitumösen Schichten des Posidonienschiefers und dem dort gelösten, schwefelhaltigen Natrium-Hydrogen-Carbonat verdankt Langenbrücken seine Heilquellen. Durch Verwitterung von Schwefelkies im Untergrund, entsteht hier infolge von Oxidation, Schwefelwasserstoff.

Quelle: bad-schoenborn.de, Bilder aus WILLI 2004

Und: Zusammengewachsen?

Bad Schönborn ist eine der zahlreichen Gemeinden, die bei der Gemeindereform Baden-Württemberg in den 70er Jahren auf dem Reißbrett entstand, um durch Ausstattung mit zeitgemäßen und effizienten Verwaltungen und geringeren Verwaltungskosten zukunftsfähig zu werden. Ist mittlerweile zusammengewachsen, was im Jahr 1971 zusammengelegt wurde?

„Ich glaube schon.“, sagt Klaus Detlev Huge, Bürgermeister von Bad Schönborn. „Nur wenige ältere Leute pochen heute noch auf die alte Ortszugehörigkeit. Die Teilung hat heute keine Brisanz mehr, sie ist nur noch Thema bei Faschingsscherzen.“

Als Erklärung liefert er einige Argumente: Bad Schönborn ist schon lange eine Zuzugsgemeinde; jedes Jahr wächst sie um rund 100 Neubürger. Die günstige Lage an der Autobahn 5 zwischen Ballungsräumen Heidelberg und Karlsruhe, die guten Bahnanschlüsse mit eigenem Bahnhof, die Nähe zu Walldorf machen sie sehr attraktiv. Deswegen sind heute mehr als die Hälfte der 13.300 Einwohner in anderen Orten geboren und fühlen sich als Bad Schönborner. Genau so sieht er es auch bei den Schulkindern, die die Real- oder Gemeinschaftsschule besuchen, die auf der Gemarkung zwischen den beiden ehemaligen Bädern liegt.

„Vater beider Ortsteile“

Ungern lässt sich das Gemeindeoberhaupt in seinen Ausführungen nur auf Bad Langenbrücken einengen. Er fühlt sich als „Vater beider Ortsteile“, und will seinen Ort als Ganzes ins rechte Licht rücken. „Es ist schon etwas anderes, wenn eine Bundesstraße nur am Rande oder mitten durch den Ort führt.“, überlegt er und lenkt ein: „Bad Langenbrücken hat im Laufe der Geschichte viele Höhepunkte, aber auch viele Abwärtsbewegungen erlebt.“

Klaus Detlev Huge

Die erste große Blütezeit des Ortes, der 1.269 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde, lag am Anfang des 19. Jahrhunderts. Wie Markgräfin Amalie von Baden besuchten vornehme Gäste aus ganz Europa das Schwefelbad, welches Franz Peter Sigel 1824 erworben und modernisiert hatte. Gerne erinnert man sich auch daran, dass in Langenbrücken die zweite Tankstelle der Welt steht! Die Erfindergattin Bertha Benz machte im Jahr 1888 auf ihrer ersten Fahrt von Mannheim nach Pforzheim in der ehemaligen „großherzoglichen Curapotheke“ in Langenbrücken Halt, um Benzin zu tanken.

Auch der Ironman trägt den Namen der Gemeinde weit in die Region hinaus und die Gegner aus der Bundesliga der TSG Hoffenheim, wenn sie zum Training in der Bädergemeinde untergebracht sind.

Dezent, aber doch selbstbewusst betont Huge, dass Bad Schönborn, dieser „Balkon zur Rheinebene“ den größten kommunalen Eichenwald in Baden-Württemberg besitzt, weitläufige zusammenhängenden Magerwiesen und viele Weingärten, die alle durch ein dichtes Netz von Spazierwegen verbunden sind.

Ein trauriges Kapitel in der Geschichte des Ortes ist die Schließung der Sigel-Therme Langenbrücken nach der Reform des Gesundheitswesen unter Minister Horst Seehofer. Stabilisiert hat sich die Mutter-Kind-Kurklinik, Mikina. Vor allem in der Tier gestützten Therapie mit Lamas- und Alpakas sieht er ein Alleinstellungsmerkmal, das große Erfolge erzielt.

Umgestaltung der Ortsmitte

Der Bürgermeister freut sich, dass die Arbeiten an der Umgestaltung der Ortsmitte jüngst abgeschlossen werden konnten: Ein Platz mit Fontänen und der neue barrierefreie Zugang zum Kurpark warten auf besseres Wetter und zahlreiche Gäste.
Für die Zukunft hat der SPD-Bürgermeister vor allem die Ansiedlung neuer Betrieben im Gebiet westlich der Bundesstraße im Blick, denn er will seine Gemeinde auf ein wirtschaftlich stabiles Fundament stellen. Sein größter Wunsch bleibt aber, dass der Zusammenhalt im Ort erhalten bleibt. Und das Rezept dafür: Brot und Spiele, sprich Arbeit und Feste!

Deswegen gilt es, alles, was in den fünf „gemeinsamen Bäderjahrzehnten“ entstanden ist, im Jahr 2021 herauszufinden und beim großen Fest „50 Jahre Bad Schönborn“ im Juni 2021 zu feiern.

Text und Bild: Margrit Csiky

Abwechslungsreich im Innen und Außen

2011 stellte Julian Wékel, Professor an der Technischen Universität (TU) Darmstadt, die Frage: „Wo ist eigentlich der Ortskern von Langenbrücken?“ Er brachte damit auf den Punkt, womit sich eine Gruppe Studierende der Fachgruppe „Entwerfen und Regionalentwicklung“ der TU gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern des Ortes im Rahmen eines Workshops beschäftigt hatten.

Der Workshop war auf Initiative von Bürgermeister Klaus Detlev Huge entstanden, um Anregungen zur Belebung der Mitte des Bad Schönborner Ortsteils zu generieren. In den Gesprächen konstatierten die Studierenden die generationenübergreifende Zuneigung der Teilnehmer zu ihrer Gemeínde unabhängig davon, ob alteingesessen oder zugezogen.

Langenbrücken sei schon immer durch Zuzug geprägt, sagt Ortshistoriker Bernhard Steltz. Wurde früher wegen des Knotenpunktes der Trassen zwischen Basel und Frankfurt sowie Speyer und Eppingen hier angesiedelt, ließen sich nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebene Donauschwaben hier nieder, so ist heute der Ort aufgrund der verkehrsgünstigen Lage, der guten Anbindung über Straßen und Schiene und der hervorragenden Nahversorgung beliebte Wohngemeinde.

Die Integrationsarbeit leisten die Vereine und die Kirchen, so Steltz. Egal ob bei der Feuerwehr, dem Turn- und Sport-, dem Gesang- oder Musikverein, der Heimatortsgemeinschaft (HOG) Parabutsch, dem Faschingsclub, dem FC Bayern-Fanclub, den Vogelschützern, Anglern, Windsurfern, beim Seniorentreff, dem Kirchenchor oder den Pfadfindern – „sie nehmen die Neubürger mit, die hier alles erfahren, was in Langenbrücken wichtig ist“, erklärt Bernhard Steltz.

Lebendige Vereinslandschaft zeichnet die Jubiläums-Festlichkeiten

Dass diese Vereinslandschaft nicht nur lebendig, sondern überaus kooperativ ist, zeigte sie nicht zuletzt bei den Festlichkeiten anlässlich des 750-jährigen Ortsjubiläums vor zwei Jahren in beeindruckender Weise. Beim Auftakt der Bad Schönborner Jubiläums-Trias – 750 Jahre Langenbrücken, 50 Jahre Bad Schönborn (2021) und 1250 Jahre Mingolsheim (2023) – zeichneten die örtlichen Vereine, Institutionen und Organisationen verantwortlich für Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen übers gesamte Jahr.

Überhaupt sei der Zusammenhalt, die Bereitschaft, sich für das Gemeinwohl einzubringen, wirklich großartig. „Wenn’s darum geht, sich gemeinsam zu engagieren, sind sie da“, fasst Steltz zusammen und verweist auf Sponsorenaktionen wie für die Renovierung der Grabsteine auf dem Ehrenfriedhof oder gerade erst für die Sanierung der beiden Brückenheiligen in der Ortsmitte.

Ach ja, und damit schließt sich der Kreis – im Anschluss an die Konzeptionen der TU-Studenten vor fast zehn Jahren wurden einige Segmente im Ortskern Langenbrücken als Sanierungsgebiete ausgewiesen und als solche mit Fördermitteln bezuschusst. In mehreren Bauabschnitten erfolgte peu á peu die Neugestaltung von Bereichen rund um das definierte Zentrum nahe der katholischen St. Vitus Kirche. Das Gotteshaus, architektonisch eine Kombination aus spätromanischen, spätgotischen und barocken Baustilen mit neobarocker Innenausstattung, sieht sich nun einem großen Platz mit monumentalem Treppenbauwerk vor einer Bankfiliale gegenüber.

Diese Ende des letzten Jahres fertiggestellte „neue Mitte“ Langenbrückens, die zu einem Platz der Begegnung werden soll, stößt nicht bei allen auf Begeisterung, kommt sie doch mit viel Betonpflaster und wenig Grün daher. Durch ihre unmittelbare Nachbarschaft zu den Langenbrücker Wahrzeichen St. Johann von Nepomuk und Maria Immaculata, den beiden Brückenheiligen im neuen, vergoldeten Glanz auf ihren Sandsteinpostamenten aus dem Jahr 1766 sowie dem Sandsteinbrunnen, dessen Holzröhren 1883 durch eiserne ersetzt wurden, entsteht so ein recht gemischtes Erscheinungsbild.

Diese Spannung zwischen historisch und modern prägt an einigen Stellen das Gesicht des Ortes. Dazu stellte die Stadtplanerin Dorothee Wiesehügel vom Bruchsaler Planungsbüro bhm in ihrem von der Gemeindeverwaltung in Auftrag gegebenen Entwicklungskonzept fest, die gut erhaltenen, zum Teil historischen Bau- und Kunstdenkmale seien nicht wirklich inszeniert, die Ortskernauftakte nicht genau definiert. „Mit der Historie arbeiten und die Vergangenheit an der Zukunft teilnehmen lassen“ lautet ihr Vorschlag.

Text und Foto: Petra Steinmann-Plücker

Wir waren mal kurz weg

10 Jahre Steuerfreiheit, Haus, Garten, Äcker, Vieh, Geräte, Geld und Verpflegung. Verlockende Versprechungen für die Menschen im Deutschland des 17. und 18. Jahrhunderts. Zu Tausenden folgten sie der Kolonialisierungsstrategie der habsburgischen Kaiser, machten sich auf den Weg nach Südosteuropa, besiedelten den Banat und die Batschka. Hier im Zwischenstromland von Donau und Theiß wurde 1786 die deutsche katholische Gemeinde Parabutsch gegründet.

Die Menschen dort nannte man – wie alle deutschen Siedler – Donauschwaben, auch, wenn nur ein Bruchteil ursprünglich aus Schwaben kam.

Einst stiegen sie ein in die »Ulmer Schachteln«, jene Boote, die die Siedler 1786 von Ulm aus donauabwärts beförderten. Mit einem »One-Way-Ticket«. Ein Zurück gab es nicht: Am Bestimmungsort wurden die Boote zerlegt und als Baumaterial verwendet. Mit ihrer Starthilfe waren die Schwaben, die eigentlich gar keine waren, auf sich gestellt. Krempelten die Ärmel hoch und überstanden über Generationen. Sie schafften es, mit Sonnenblumen, Weizen, Hanf und Mais zur Kornkammer des Deutschen Reiches zu werden.

1945 mussten die Donauschwaben raus, auch aus Parabutsch. Sie wurden aus ihren Häusern vertrieben. Enteignet. Im November kamen dann 45 Parabutscher nach Langenbrücken. Die Gemeinde stellte ihnen Land zur Verfügung und die Donauschwaben aus der Batschka krempelten wieder die Ärmel hoch und fingen von vorne an. Ein zweites Mal. Schon nach kurzer Zeit waren es 600 Donauschwaben, die in Langenbrücken neu begannen. Und sie passten sich schnell an, wollten nicht als Flüchtlinge gelten. Waren keine Flüchtlinge. Sie waren ja auch nur kurz weg, was sind schon 160 Jahre? Sie bewahrten sich ihre Deutschstämmigkeit und entwickelten durch ihre Geschichte eine eigenständige Kultur.

Und die Erinnerung daran sollte wach gehalten werden. 1986 wurde die Heimatortsgemeinschaft Parabutsch in Langenbrücken gegründet und ein vorbildliches Heimatmuseum aufgebaut.

Im Parabutsch von heute, das nun Ratkovo heißt, ist nicht mehr viel übrig von der einst blühenden Gemeinde: Die verwaiste Dorfkirche, Überbleibsel eines Denkmals, ein paar deutsche Namen an Hausgiebeln.

Im Museum in Langenbrücken aber, stehen Originale aus der einst 4000 Einwohner zählenden Gemeinde, wie die Kirchturmspitze mit Einschusslöchern, von Titoisten 1945 heruntergeschossen. Viele Stücke und Schautafeln dokumentieren die Vergangenheit. Von den mühevollen Anfängen über den Aufstieg bis hin zur Vertreibung. Auch eine naturgetreue Miniaturnachbildung der Straßen und Häuser von Parabutsch wird gezeigt.

Hier finden regelmäßige Parabutschertreffen statt. Auch der Kontakt nach Parabutsch/Ratkevo ist wieder hergestellt. So ist schon viel geschafft und die Heimatortsgemeinschaft Parabutsch kann stolz sein auf das was sie auf die Beine gestellt hat, eine Erinnerung die für die Zukunft bleibt. (psp / WILLI 2009)

HOG – Heimatortsgemeinschaft Parabutsch e.V.

Heimatmuseum im Bürgerhaus,
Trechterweg 2,  Langenbrücken

Museumsbeauftragter Hans Drach,
Tel. 07251 / 89700
www.hog-parabutsch.de

Einrichten wie ein König

Es steht schon immer so da und fällt auf bei der Durchfahrt von Langenbrücken – das Gebäude von Stilmöbel Brückmann an der Hauptstraße. Die Möbel im Schaufenster erinnern an lang zurückliegende prunkvolle Zeiten, an Barock und Klassizismus. Wir durften rein spicken.

Franz Brückmann, Jahrgang 1953, ist Herr über das Gebäude und auch über alle Unikate und Replikate darin. Der gelernte Raumausstatter-Meister hat sich mit dem Geschäft einen Lebenstraum erfüllt und führt in gewisser Weise auch eine Familientradition weiter, denn die Firma wurde 1898 von seinem Großvater gegründet.

Schon ein erster Blick von draußen in die großen Schaufenstern lässt einen aufhorchen:  Große Hunde aus Porzellan, Wildtiere in Lebensgröße aus Keramik, glänzende Tiger und Katzen verschiedener Rassen blicken die möglichen Kunden erwartungsvoll an. Dazwischen stehen Plastiken aus weißem Marmor, Möbel, aufwendig geschnitzt, mühevoll bemalt. Aber man kann dort auch vergoldete Kristallleuchter, ein Schachspiel aus Marmor, Bilder wie von alten Meistern, Teppiche und Putten, vergoldet oder aus Porzellan finden – alles sieht antik aus – ist aber ziemlich neu! Eigentlich nicht unbedingt ganz neu, denn einige Stücke stehen schon länger im Verkaufsraum. Er betont mit Nachdruck: „Das sind keine Antiquitäten! Das sind Reproduktionen von antiken Stücken, deren Originale sich in Schlössern, Museen oder Privatbesitz befinden.“

Franz Brückmann und seine prunkvollen Möbelstücke.

Der Firmenchef hat sehr gute Beziehungen zu rund 200 kleinen Handwerksbetrieben in Italien und Frankreich und zu Kunsthandwerkern, die meisten, wie er, im Rentenalter. Alljährlich fährt er auf Messen nach Mailand, Verona, Padua oder Paris und knüpft Kontakte.

Wer kauft denn so etwas? Wer ist seine Zielkundschaft? „Vor allem Handwerksmeister, die Sinn für teure Materialien  und handwerkliches Geschick haben“, sagt er „Metzger-, Bäcker-, Maurermeister“, aber auch Menschen, die Schlösser oder große Stuckräume haben.

Aber in letzter Zeit habe die Nachfrage stark nachgelassen. Sein Problem, neue Kunden zu gewinnen, ist heute nur noch über das Internet möglich. Dieser Aufgabe wird sich der Enkel des Firmengründers nun mit Nachdruck stellen.

Neckname

Beides fängt mit „sch“ an – Wie die Langebriggener über „Hafescherbe“ zu ihrem Utznamen „Hafeschisser“ kamen

Die Langenbrückener pflegten lang das Töpferhandwerk, um so ihre benötigten Schüsseln oder Töpfe herzustellen. In der Mundart heißen diese Gefäße auch „Hafen“. Jeder weiß, dass es sich nicht um eine gemauerte Anlegestelle für Schiffe handelt. Ein Scherben ist in der Keramiker-Fachsprache das gebrannte Gemisch aus verschiedenen Mineralien und Beimischungen, das den Hafen erst ermöglicht. Natürlich dauerte es nicht lange bis – in neckender Absicht – aus dem „Hafescherbe“ der „Hafeschisser“ wurde. Beides fängt mit „sch“ an.

Aber wie sagen die Mengelser (Mingolsheimer) so gern: „Des Schenschde an Langebrigge isch de Blick nach Mengelse.“ Und wenn’s in Langebrigge früher dann ans „Heire“ (Heiraten) ging, war auch das Pekuniäre nicht ganz unwichtig. Zwar wurde es nicht direkt ausgesprochen, aber es steckt hinter dem Satz: „Hasch du Aggere, kannsch du zaggere!“ (Hast du Äcker, kannst du zackern.)

Text und Bilder: Margrit Csiky, Bild außen: egghead

FAKTEN – Ort Bad Langenbrücken

Bad Langenbrücken ist ein Ortsteil, der mit dem Ortsteil Bad Mingolsheim die Gemeinde Bad Schönborn bildet

Einwohneranzahl:
6.141

Gemarkungsfläche:
1.337 Hektar

Geografische Lage:
49°11‘59.701“ Nördliche Breite, 8°38‘31.831“ Östliche Länge Bad Langenbrücken liegt südlich von Bad Mingolsheim in der östlichen Rheinebene vor dem Kraichgauhügel, zwischen dem Langenbrückener See oder Philippsee im Westen und dem Quotbach im Osten.

Bürgermeister:
Klaus Detlev Huge (SPD)
Seit Mai 2011 im Amt, kam der Sozialdemokrat aus Heidelberg, wo er über 20 Jahre in der Stadtverwaltung sein Fachwissen erwarb.

Parteien und polititische Vereinigungen:
– CDU Gemeindeverband Bad Schönborn
– Junge Union Bad Schönborn
– Freie Wähler Bad Schönborn
– Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Bad Schönborn

Kirchen und kirchliche Einrichtungen:
– Christus-Kirche (evangelisch)
– Katholische Kirche St. Vitus
– Neuapostolische Kirche

Kindergärten:
– Kommunaler Kindergarten Christoph von Hutten
– Evangelischer Kindergarten Lichtblick
– Katholischer Kindergarten Sankt Josef
– Katholischer Kindergarten Sankt Maria
– Zwergenstube Bad Schönborn (betreute Spielgruppen der AWO)

Öffentliche Einrichtungen:
– Franz-Josef-Kuhn-Grundschule
– Gemeindebibliothek
– Schwimmbad
– Kraichgauhalle

Gemeinde Bad Schönborn:
Friedrichstraße 67
76669 Bad Schönborn
E-Mail: info@bad-schoenborn.de
Telefon 0 72 53 / 870-0
www.bad-schoenborn.de

Aus RegioMagazin WILLI 2/21

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