Foto: Braunecker

ÖSTRINGEN | Einrichtung für Asylsuchende wird in der Regie des Landkreises betrieben

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9.10.23 | Wie schon vor der Sommerpause angekündigt, wird das Landratsamt Karlsruhe voraussichtlich ab Ende Oktober in eine in der Friedrich-Ebert-Straße in Östringen neu hergerichtete Gemeinschaftsunterkunft die ersten Flüchtlinge einweisen. Insgesamt werden in dem Gebäude, das zuvor einem Sport- und Gesundheitszentrum als Domizil gedient hatte, Räumlichkeiten für bis zu 49 Personen geschaffen. Zu dem Baugesuch des Landkreises für eine dementsprechende Umnutzung der Immobilie erteilte der Östringer Gemeinderat nun mit großer Mehrheit von 12 gegen 2 Stimmen das kommunale Einvernehmen im Sinne des Baugesetzbuchs.

Dass es bei dem Themenkreis durchaus erheblichen Erörterungsbedarf gibt, das zeigte sich sowohl bei der Aussprache des Stadtparlaments zum Tagesordnungspunkt wie auch bei etlichen Wortmeldungen zu dem Vorhaben aus dem Publikum im Rahmen der Bürgerfragestunde am Ende des öffentlichen Teils der Sitzung.

Kommunen im Belastungslimit: Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung

„Die Kommunen sind über dem Limit“, hatte Bürgermeister Felix Geider mit Blick auf die aktuelle Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen in den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg schon zu Beginn der Ratsdebatte herausgestellt. In Anbetracht der höchsten jemals in der Nachkriegszeit in Deutschland registrierten Zugangszahlen von asylsuchenden Menschen sah Geider insbesondere die Bundespolitik in der Verpflichtung, in dieser Frage schnell und effizient für eine Entlastung der kommunalen Ebene zu sorgen.

Wie der Rathauschef hervorhob, gebe es derzeit im Landkreis und auch in Östringen dank der vorausschauenden Übernahme beziehungsweise Anmietung leer stehender Gebäude bislang noch keine schwerer wiegenden organisatorischen oder sozialen Probleme bei der Beschaffung beziehungsweise Belegung von Wohnquartieren für Asylsuchende, während demgegenüber andernorts im Land bereits Turnhallen in Beschlag genommen werden müssten, um die ankommenden Flüchtlinge unterzubringen.

Strategien und Maßnahmen zur Entlastung der kommunalen Ebene

Ausgehend von den momentanen Zugangszahlen nach Baden-Württemberg müsse das Karlsruher Landratsamt derzeit monatlich bis zu 300 Menschen zumindest vorübergehend einen Wohnplatz im Kreisgebiet zur Verfügung stellen, fuhr Geider in seinen Ausführungen fort. Dieser bindenden Verpflichtung komme die Kreisbehörde durch die Schaffung und Belegung von im Asylgesetz so bezeichneten Gemeinschaftsunterkünften (GU) nach, denen Ausländer zugewiesen werden, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Derartige Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises entstehen aktuell – ähnlich wie schon in den Jahren 2015 und 2016 – grundsätzlich in allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden, so eben auch in Östringen.

Geplante Gemeinschaftsunterkünfte in Östringen: Standort und Kapazitäten

Konkret will der Landkreis in Östringen zwei dementsprechende Einrichtungen in Betrieb nehmen – neben dem Quartier in der Friedrich-Ebert-Straße eine weitere Gemeinschaftsunterkunft im früheren Bürogebäude des ehemaligen Östringer Nylonfaserwerks mit einer Aufnahmekapazität von bis zu 160 Personen. Schon während der zurückliegenden ersten Flüchtlingskrise lebten in der damals von 2016 bis 2018 im Industriepark betriebenen Gemeinschaftsunterkunft zeitweilig bis zu 300 Menschen. Die Stadt Östringen selbst soll nun zudem bis zum Jahresende noch weitere rund 30 Personen im Asylverfahren in die sogenannte kommunale Anschlussunterbringung in eigene oder angemietete Wohnimmobilien im gesamten Stadtgebiet übernehmen.

Kontroversen und Standpunkte der Gemeinderatsmitglieder

Bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, die bei diesem Tagesordnungspunkt immer wieder von vereinzelten Zwischenrufen aus dem Publikum begleitet wurde, stellte Bürgermeister Geider klar, dass der Entscheidungsspielraum für die Stadt bei der Beschlussfassung über die Erteilung des kommunalen Einvernehmens zu dem Baugesuch für eine Umnutzung des ehemaligen Sport- und Gesundheitszentrums zu einer Gemeinschaftsunterkunft „auf null reduziert“ sei. Im Rahmen der Aussprache teilte Stadtrat Marc Weckemann (CDU) einerseits diese rechtliche Einschätzung des Rathauschefs, artikulierte zugleich allerdings „schwerste Bedenken“ gegen den geplanten Standort für eine solche GU in der Friedrich-Ebert-Straße, weshalb er dem Vorhaben seine Zustimmung versagen müsse. „Man hätte Mittel und Hebel finden können, den Bedarf an anderer Stelle abzudecken“, meinte der Christdemokrat, während sein Ratskollege Holger Gramlich (SPD) demgegenüber festhielt, dass eine realisierbare Alternative mit vergleichbarer Aufnahmekapazität in der gebotenen Kürze der Zeit offenkundig nicht zur Verfügung stehe und er daher die Erteilung des Einvernehmens unterstütze – „ganz einfach auch deswegen, weil die Leute demnächst da sein werden.“

Transparenz und Kommunikation

Am Ende der Gemeinderatssitzung informierte Bürgermeister Geider auf diesbezügliche Nachfragen aus dem Kreis der Zuhörerinnen und Zuhörer, dass selbst das Landratsamt erst sehr kurzfristig vor einer tatsächlichen Belegung der Stadtverwaltung nähere Auskunft geben könne, welche Menschen der neuen GU in der Friedrich-Ebert-Straße zugewiesen werden. Wie der Rathauschef zusagte, werde die Stadtverwaltung in der Frage der Personalausstattung der in der in Regie des Landkreises betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte, so beispielsweise auch hinsichtlich der Betreuung durch einen Sicherheitsdienst, engen Kontakt mit dem Landratsamt halten. Anhaltspunkte für eine erhöhte Kriminalitätsbelastung im Umfeld von Gemeinschaftsunterkünften oder Quartieren der kommunalen Anschlussunterbringung habe es in Östringen indessen auch nach Einschätzung der Polizei bisher nicht gegeben, fügte das Stadtoberhaupt hinzu.

In etlichen Wortbeiträgen aus dem Publikum war zuvor durchaus unterstellt worden, dass von den in der geplanten Gemeinschaftsunterkunft in der Friedrich-Ebert-Straße vorübergehend untergebrachten Menschen möglicherweise erhöhte Risiken für die ortsansässige Wohnbevölkerung ausgehen könnten, so beispielsweise, wenn man Kinder noch unbeaufsichtigt auf die Straße ließe oder alleine im nahegelegenen Wald spazieren ginge.

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