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Statement | Mini-Serie von KraichgauTV „Weihnachtswünsche aus der ‚Provinz‘.“ |
12.10.2019 | Es ist fast schon Tradition, dass wir auf KraichgauTV zusammen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern das neue Jahr mit Weihnachstgrüßen, Rück- und Ausblicken beschließen.
Für dieses Jahr haben wir uns etwas Neues ausgedacht und geben unseren Verwaltungschefs Gelegenheit, ihre Weihnachtswünsche an die Landesregierung loszuwerden.
Einige unserer verantwortlichen Kommunalpolitiker haben das Angebot von KraichgauTV gerne genutzt, um Themen anzusprechen, die ihnen auf dem Herzen liegen. Von Lob bis Tadel, von Problemen deren Lösung großen Aufwand bereiten und für Ärger sowie Unverständnis bei der Bevölkerung sorgen.
Den Anfang macht Waghäusels Oberbürgermeister Walter Heiler. Er spricht Klartext und nimmt kein Blatt vor den Mund.
„Herr Ministerpräsident … unsere Kommunen werden so wenig gehört wie noch nie!“
Doch sehen Sie selbst, welche Wünsche er für das Jahr 2020 an die Landesregierung richtet. Das haben Sie vielleicht nicht erwartet!
Bildinfo: Die Aufnahme wurde
im Kraichgau-TV-Studio aufgezeichnet.
Das Hintergrundbild wurde
nachträglich einkopiert.
Im Kommentarfeld ganz unten auf dieser Seite können Sie auch Ihre Meinung dazu loswerden bzw. Ihre ganz persönlichen Grüße an die Landesregierung senden (aber bitte immer höflich und respektvoll bleiben).
Hier der Wortlaut des Weihnachtsgrußes von OB Walter Heiler an den Ministerpräsidenten und die Landesregierung zum Nachlesen:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
zunächst herzliche Weihnachtsgrüße an Sie, an Ihre Familie und an Ihre Landesregierung.
Herr Ministerpräsident Kretschmann, glaubt man gewissen Meinungsumfragen, sind Sie der beliebteste Ministerpräsident in Deutschland. Manchmal denke ich, dass Sie in vielen Medien als Heilsfigur gelten und kurz vor der Seligsprechung noch zu Lebzeiten stehen.
Als verantwortlicher Kommunalpolitiker muss ich allerdings sagen, dass dies ein sehr verzerrtes, einseitiges Bild ist. Ich gehe soweit zu behaupten, dass unter keinem Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg die Kommunalpolitik so wenig gehört wurde wie unter Ihnen.
Ein kleines Beispiel: Bei Beratungen über den Landeshaushalt war es seit 2007 guter Brauch, dass Landesregierung und die kommunalen Landesverbände, also die Vertretung der Städte und Gemeinden und Landkreise, sich zusammensetzten. Diese sogenannte Gemeinsame Finanzkommission beriet den Haushalt, natürlich vor allem unter kommunalpolitischen Gesichtspunkten und gab eine gemeinsame Empfehlung ab. Sie , Herr Ministerpräsident, haben es nun zum zweiten Male in Ihrer Amtszeit geschafft, dass eine solche gemeinsame Empfehlung nicht ausgesprochen wurde. Damit haben Sie bei uns Kommunalpolitikern sehr viel Vertrauen verspielt. Ich kann nur sagen: das ist mehr als schade.
Was wünsche ich mir von einem Ministerpräsidenten? Ich wünsche mir, dass er den Städten und Gemeinden das Gehör gibt, das sie verdienen. Ihre Parteikollegin und Finanzministerin Edith Sitzmann hat vor kurzem gesagt, ich zitiere: „Die Gemeinden, Städte und Kreise in BW sind stark, bunt und lebenswert.“!
Sie hat recht, man muss diesen hehren Worten aber auch Taten folgen lassen. Herr Ministerpräsident, Sie müssen uns Kommunen auf gleicher Augenhöhe begegnen, wir sind nicht als Bittsteller zu behandeln, sondern als gleichwertige Partner.
Ein Beispiel will ich Ihnen nennen: Bei der Kleinkindbetreuung reichen die FAG- Zuweisungen des Landes hinten und vorne nicht aus. Die Stadt Waghäusel musste zum Beispiel vor 20 Jahren, als ich ins Amt kam, rund einen Million Euro Zuschüsse für die Kinderbetreuungseinrichtungen, und zwar für den laufenden Betrieb, leisten. Inzwischen sind wir bei über 5 Millionen Euro. Im Jahr. Wie sollen wir das noch bezahlen?
Im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung bleiben wir auf vielen Kosten sitzen, aber das ist doch keine kommunale Aufgabe? Wir haben es zu bezahlen, wenn es nach Ihnen geht. Dass sollte nicht sein.
Man spricht zurecht viel und oft vom Sanierungsstau an den Schulen. Das stimmt, aber die Förderprogramme sind jeweils nach kurzer Zeit total überzeichnet und auch hier lässt man uns allein.
Von Ihnen ist angedacht ein Ausbau der Ganztagsschule im Grundschulbereich. Wie soll diese Finanzierung aussehen? Sollen das wieder die Kommunen zahlen? Sollte das Land nicht zuerst genügend Lehrer einstellen, um Unterrichtsausfälle zu vermeiden?
Ich könnte noch viele Beispiele nennen, aber es ist ja Weihnachtszeit, und da will man nachsichtig und gnädig sein.
Also, was wünsche ich mir zu Weihnachten? Ich wünsche mir einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung, die die Kommunen nicht weiter im Regen stehen lässt, die sich nicht immer weiter von ihnen entfremdet, sondern ihre berechtigten Wünsche erfüllt. Denn in den Kommunen spielt sich das Leben der Menschen ab, hier wohnen sie, hier arbeiten sie, hier verbringen sie ihre Freizeit in ihren Familien und bei unseren vielen Vereinen. Ohne Kommunen wäre alles nichts. Da sind wir uns doch sicherlich einig. Wenn das aber so bleiben soll, brauchen wir einen verlässlichen Ministerpräsidenten, der den Anliegen von uns Kommunen endlich das Gehör verschafft, das es verdient.
In diesem Sinne: Frohe Weihnacht und alles Gute für Sie.