1978 hat Ronny sein erstes Eis verkauft
Ronnys einzigartige Baggerseekarriere begann 1978. Noch hieß der Besitzer des Imbisswagens Wolfgang Nagel, war der Onkel, dem er immer mal wieder aushalf, wenn viel los war. Der Wagen stand an der „Halbinsel“, eine sandige Ausbuchtung, die es heute so nicht mehr gibt, die aber den besten Sandstrand weit und breit bot.. Als Onkel Nagel 1980 beschloss ein anderes Businness zu gründen, nahm Ronny das Angebot den Wagen zu übernehmen sofort an und war selbstständiger Unternehmer. Von da an gings rund.
Es war also für alles gesorgt. Sommer, Sonne, Sand. Surfen, Musik und Currywurst. Auf der einen Seite der See mit dem Sandstrand, auf der anderen Seite ein paar Hardcore-Camper am damals noch kleinen, luxuslosen Campingplatz. Strategisch optimal dazwischen „Ronnys Imbiss“: Strohmatten, Bierbänke, Sonnenschirme und Ölfässer als Abfalleimer. Mehr brauchte es nicht.
Außer Parkplätze! Man konnte mit dem Ford Capri über die Staubpiste direkt vor die Bude fahren und dort irgendwie schräg hinparken. Gestört hat das niemand, das gehörte zum damaligen „Wild and Free“-Konzept. Urlaubsfeeling pur, um nach Feierabend oder am Wochenende in eine andere Welt einzutauchen.
Ronny war da mit dem ganzen Überlebens-Angebot. Asbach gedoppt, Saurer Fritz, Persiko und Kuhmilch waren die In-Getränke. Für den Durst das Übliche und für den Hunger: Currywurst. „Die Currywurst-Maschine musste wirklich ganze Arbeit leisten“, erzählt Ronny. „Mein Metzger kam oft nicht hinterher mit der Lieferung“, an guten Tagen gingen schon mal einige Hundert Würste über den Tisch.
Das „Gesamtpaket“ sprach sich rum und am Wochenende kamen die Leute nicht nur aus Ubstadt und drumherum, sondern viele auch aus Pforzheim oder Heilbronn. Der See war der Treffpunkt zum Surfen, Lieben, Feiern, Chillen oder Freunde treffen. „Es gab Stammgäste“, erzählt Ronny, „die haben zum Ferienbeginn ihr altes Bungalowzelt direkt neben meinem Imbisswagen aufgeschlagen und den ganzen Sommer dort verbracht.“ Als Inneneinrichtung wurde das heimische Doppelbett, das Sofa und der Wohnzimmertisch aufgestellt. Wild camping! – aber Möbel „vun dahoim“. Das war cool und da ging es dann oft hoch her. Und Ronny als „Mädchen für alles“ mittendrin: „Ich war Wurstverkäufer, Surflehrer, Bademeister, Campingpfarrer, Seelentröster“. Oft von morgens um 7 bis nachts um 12.
Die Sache mit den Rockern aus Monnem
Es war die Zeit, als die Biker noch keine Helme aufsetzen mussten, Sicherheitsgurte nur Deko waren, Kindersitze noch erfunden werden mussten und die Eltern ihre Kinder noch nicht von der Schule abholten. Wir fragen Ronny, ob denn bei den vielen Tausend Leuten über die Jahre nicht mal etwas Schlimmeres passiert sei? „Nöö, eigentlich nicht!“ resumiert Ronny und dann fallen ihm doch noch ein paar „Highlights“ ein.
„Im ersten Sommer hatte ich morgens oft die Rocker aus Mannheim da. Mir schlotterten die Knie, wenn da 20 Jungs mit ihren Harleys und den schwarzen Kutten ranbrummten und nach Bier und Lachsbrötchen riefen und der „kleine unerfahrene Ronny“ alleine mittendrin. Aber trotz aller Drohungen, wenn die Brötchen nicht schnell genug angeliefert wurden, sei immer alles gut ausgegangen. So schnell, wie sie da waren, waren sie auch wieder weg.
Der Blitzeinschlag
Und es war Sommer … Unvorstellbar, aber es gab noch keine Wetter-App mit Blitzvorhersage. Wenn sich was zusammenbraute, wurde einfach abgewartet oder in die Autos geflüchtet. Wer schnell war, fand einen Platz unter dem großen Vordach direkt vor Ronnys Theke. Die etwas später dran waren, retteten sich unter die Sonnenschirme. Gemütlich und voll, der Zinn40 kreiste, aber das ist eine andere Geschichte. Ronny nahm wie immer sein Geschirrhandtuch vom Gürtel und stopfte damit das Loch in der Dachluke des Wagens. Das ging schnell und hielt den Regen draußen. Einmal wurde die Stimmung jäh unterbrochen. Ein Blitz krachte in den Trafo des angrenzenden Stromhäuschens und von dort aus als „Querschläger in das mittlerweile patschnasse Handtuch. Totenstille, „die Haare standen einem weg, die Luft brizzelte auf den Unterarmen, aber es war niemanden etwas passiert“.
„Höhenfeuerwerk“
Immer wieder was Besonderes waren die Saisonabschlussparties Anfang September. Da kamen noch mal alle zusammen, wenn die Bands aus der Region spielten, war das ein echtes Highlight. Point, Zardiz, Daddies … Wer kennt sie noch?
„Highlight“ war dann immer der zelebrierte Saisonabschluß mit groß angekündigtem „Höhenfeuerwerk“. Drei Schuss aus der Starenschreckpistole :-), vom Chef persönlich abgefeuert. Vom Publikum frenetisch bejubelt. Unkompliziert wie alles. Easy living.
Viel Personal, hohe Betriebskosten. Ende Gelände.
„Es war eine tolle Zeit. Man war jung, hatte einen geilen Job am See, die Leute waren immer gut drauf, war ja auch ihre Freizeit.“ meint Ronny. Warum ging das nicht einfach so weiter, fragen wir nach. „1984 wurde das Freizeitzentrum Hardtsee eröffnet und damit auch ein Kiosk, ein Restaurant und ein Pavillon. Ich stand vor der Wahl, das Angebot zur Bewirtschaftung anzunehmen oder ganz aufzugeben. Meinen Imbisswagen hätte ich so nicht weiter betreiben können. Ich habe mich dann entschlossen das Angebot anzunehmen, aber ab da war alles anders. Viel Personal, hohe Betriebskosten, viel Stress und dann gleich noch ein schlechter Sommer.“ Ronny hat das See-Restaurant dann noch vier Jahre lang zusammen mit seinem Bruder Ralf weitergeführt. Ohne Karibikfeeling. 1987 folgte dann die Kündigung des Pachtvertrags im Einvernehmen mit der Gemeinde.
Übrigens!
Ronny geht‘s heute richtig gut. Er hat seine Erfahrungen im Kioskbusiness kontinuierlich ausgebaut. Zum Schluss war er Betreiber des Minigolfplatzes in Bruchsal. Jetzt, im Sommer 2018 ist er „Privatier“ und kümmert sich ehrenamtlich um die älteren Herrschaften in der Bruchsaler Huttenstraße, dem Altersheim.