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Senioren aktiv | Stets gut gestimmt

Lass das deine Freunde wissen!

Wenn mich jemand fragen würde, welche Grundvoraussetzung man mitbringen sollte, um in der Pflege zu arbeiten, wäre das meine Antwort: „Humor“! Nicht nur, weil Lachen die beste Medizin ist, sondern weil ein guter Humor Situationen entschärft, Vertrauen schafft und Spannungen löst.

Aus dem RegioMagazin WILLI 10/2017

Zumindest stelle ich das immer wieder fest. Immerhin arbeite ich hier schon gute sechs Jahre und bin damit auch schon etwas in dieselben gekommen, funktioniere nicht mehr so gut, und weise schon einige Gebrauchsspuren auf. Doch hier werde ich gebraucht. An diesem Ort gibt es viele, die mich beachten, für Wichtig erachten und sich mit mir beschäftigen. Wenn sie mit ihren dünnen Fingern auf meinen Tasten spielen, mit dem Fuß vorsichtig die Pedale drücken, kommen alte Erinnerungen auf.

Orgel im Seniorenheim
Orgel im Seniorenheim

Ja, ich kann wirklich sagen, dass ich gerne hier bin. Die Flure sind lichtdurchflutet, die Menschen, gut die meisten, sind immer sehr nett zu mir. Sie kümmern sich gut um mich und Langeweile oder Eintönigkeit kommen hier bestimmt nicht auf.

Denn schließlich fängt der Trubel schon in den frühen Morgenstunden an. Draußen ist es noch finster. Das gedimmte Licht taucht den Flur in Gemütlichkeit. Kurz vor sechs ertönt das Zischen der ersten Kaffeemaschine. Schlaftrunkene Pfleger, mit Schatten unter den Augen, betreten die Station. Müde schauen sie auf ihre Dienstpläne und tauschen sich mit der Nachtschwester aus. Erstmal Kaffee eingeflößt, laufen sie nach strukturiertem Plan ihren täglichen Gang. Eilig aber organisiert ordnen sie ihre Pflegeutensilien, richten ihre Arbeitsmaterialien. Ein zaghaftes Klopfen an der ersten Tür ist der Beginn der morgendlichen Grundpflege. Nach und nach gehen sie in die einzelnen Zimmer und waschen die Bewohner. Die Damen werden frisiert, die Männer rasiert. Man hört das Dröhnen des Föhns und das Rauschen des Wassers in der Dusche.

Danach begleiten die Pfleger die Bewohner in den Speiseraum. Dort ertönt schon leise Musik, die wach macht und anregt. Von einigen Menschen vernehme ich ein leises Summen, ein leichtes Mitwippen zur Musik. Ja, die Musik weckt die Geister, begleitet Menschen an längst vergessene Orte.

Während des Frühstücks ist es bei mir ziemlich ruhig. Die Bewohner genießen ihren Kaffee und ihr Marmeladenbrötchen. Sie lassen es ruhig angehen. Turbulent wird es noch von ganz alleine. Nach einiger Zeit vernehme ich leises Tippeln. Eine Dame kommt schlurfend den Flur entlang. In der einen Hand trägt sie eine knallgelbe Handtasche, in der anderen hält sie ein orangefarbenes Halstuch. Sie setzt sich gegenüber von mir in einen Sessel. Ihr Blick ist starr auf mich gerichtet. Zögerlich steht sie auf und tritt zu mir heran. Sie stellt ihre Handtasche ab, lässt das Tuch auf den Boden gleiten und beginnt einige Tasten zu drücken. Ein Hohes A, ein tiefes C. Ihr Kopf bewegt sich leicht hin und her. Eine Pflegerin kommt hinzu. „Oh, können Sie Orgel spielen?“ „Ja, ich wollte schauen ob sie noch funktioniert. Doch jetzt möchte ich nach Hause. Meine Kinder warten schon auf mich. Ich muss noch Essen kochen.“ „Was gibt’s denn Gutes zum Mittag?“ „Ich werde die Reste verarbeiten. Die müssen weg, wissen Sie?“ „Gute Idee! Aber kommen Sie doch zuerst noch etwas zu uns. Ich habe Ihnen noch einen Kaffee eingeschenkt.“ Sie streckt der Dame die Hand entgegen. Sie drückt noch einmal ein tiefes C und ergreift dann ihre Hand.

Meine Mitbewohner, die ganzen Menschen die hier mit mir zusammen leben, können leider nicht mehr nach Hause. Demenz und andere psychische Erkrankungen verhindern, dass sie sich Daheim selbst versorgen können. Diese Dame spielt jeden Tag auf mir. Drückt immer einige Tasten, bevor sie beschließt nach Hause zu gehen, um ihren Kindern das Mittagessen zu zubereiten.

Ich könnte den ganzen Tag in Moll spielen, wenn ich nicht sehen würde, dass diese Frau einige Minuten später lacht, weil eine Pflegerin mit ihr alte Volkslieder singt, sie an die Hand nimmt und tanzt. Sie von all den Gedanken ablenkt und ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Und das, obwohl sie sich im permanenten Zeitdruck befindet. Zumindest nehme ich das an. Denn sobald niemand hinsieht, läuft sie schneller, legt ein gutes Tempo vor. Ich würde behaupten, dass sie sich in einem schnellem 4/8-Takt über den Flur bewegt. Sie wirbelt durch die Zimmer. Räumt auf, bezieht die Betten, ordnet die Kleidung, zieht penibel die Vorhänge zurecht. Immerhin soll es gemütlich und sauber aussehen. Die Menschen sollen sich wohl fühlen. Sich zuhause fühlen. Ein schrilles Rufen reißt sie aus ihrer Routine. „Schwester! Schnell! Ich muss auf d’ Abort!“ Spätestens jetzt wird es mir wieder bewusst. Humor. Humor ist die Antwort.

Text: Lisa Kühn (arbeitet in der Pflege und schreibt über Eindrücke und eine Orgel im Pflegeheim), Bilder:shutterstock

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