Notfall ohne Rettung? Wer rettet, wenn Notfallstrukturen wegbrechen?

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Ein Gespräch über ein Thema, das uns alle angeht: Die Schließung von Notfallpraxen in der Region, der wachsende Druck auf den Rettungsdienst und die komplexen politischen Entscheidungen, die dringend notwendig sind.

Die Gäste:
Lisa Gruber, Stv. Kreisgeschäftsführerin DRK KA
Daniel Schneider, Kreisgeschäftsführer DRK KA
Heribert Rech, Präsident des DRK-Kreisverbands Karlsruhe

Wer rettet, wenn Notfallstrukturen wegbrechen?

In einem spannenden Gespräch beleuchten Ulrich Konrad und seine Gäste die immens gewachsenen Herausforderungen des Rettungswesens und damit die Bedeutung für uns alle, wenn immer mehr Notfallpraxen geschlossen werden.

Ein tiefgehender Einblick in die Realität hinter den Kulissen des Gesundheitssystems. Die Themen:

    • Vorstellung der Gäste und Einführung
      (00:00:12)
    • Schließung von Notfallpraxen und Auswirkungen auf den Rettungsdienst
      (00:01:46)
    • Rolle und Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB)
      (00:02:58)
    • Politische Dimension und die Rolle von Heribert Rech
      (00:03:53)
    • Zunahme der Einsatzzahlen und Auswirkungen auf den Rettungsdienst
      (00:07:07)
    • Ärztemangel und Zentralisierung im Gesundheitssystem
      (00:05:15)
    • Engpässe bei der Notfallversorgung und Rettungsdienst
      (00:08:05)
    • Hilfsfristen und die logistischen Herausforderungen des Rettungsdienstes
      (00:13:12)
    • Finanzierung des Rettungswesens und politischer Einfluss
      (00:27:09)
    • Rolle des Ehrenamts im DRK und Zusammenarbeit mit Hauptamtlichen
      (00:24:29)
    • Fazit: Systemische Probleme und dringender Handlungsbedarf
      (00:30:32)
    • Dank an die Rettungsdienste und persönliche Erfahrungen
      (00:31:09)

Transkript zu diesem Gespräch

Das Transkript wurde automatisch erstellt und enthält Fehler. Es gilt das gesprochene Wort.

Ulrich Konrad:
Ja, herzlich willkommen, liebe Zuschauer, bei uns im Stadtstudio in den Sparkassenarkaden. Einmal mehr haben wir hier illustre Gäste, und derer gleich drei. Drei Gäste, das ist natürlich Hochleistungssport, auch für mich und unsere Technik. Wir hoffen, dass alles gut funktioniert und vor allem, dass die Leute gut aussehen. Das ist schließlich wichtig, und da müssen sie auch gut ausgeleuchtet sein.

Ich begrüße bei uns, da fange ich in der Mitte an, Frau Lisa Gruber, die stellvertretende Geschäftsführerin, und jetzt hoffe ich, dass ich es richtig sage, des Kreisverbandes des DRK Karlsruhe. Richtig gesagt?

Lisa Gruber:
Herzlichen Dank.

Ulrich Konrad:
Sie haben Ihren Kreisgeschäftsführer Daniel Schneider mitgebracht. Herzlich willkommen, Herr Schneider.

Daniel Schneider:
Danke.

Ulrich Konrad:
Und die Steigerung geht gleich ins Unermessliche: den Präsidenten des Kreisverbandes des DRK Karlsruhe, Herrn Heribert Rech. Schön, dass Sie alle da sind.

Heribert Rech:
Vielen Dank!

Ulrich Konrad:
Ja, wie kommt es dazu, dass wir solche hochkarätigen Gäste bei uns im Studio haben? Weil wir ein Thema haben, das auch unsere Zuschauer beschäftigt. Manchmal wissen wir nicht, warum uns etwas so beschäftigt, obwohl alles sonnenklar scheint. Aber ich gebe Ihnen einen Vorgeschmack, den vielleicht jeder kennt, und frage dazu Herrn Schneider.

Ich lese beispielsweise, wie viele unserer Zuschauer, dass sogenannte Notfallpraxen nicht mehr zur Verfügung stehen. Da denke ich mir als einfacher Mensch: Ja, warum? Man kann doch nicht etwas streichen, das man braucht. Und das ausgerechnet im Gesundheitsbereich – das mit einem Federstrich zu erledigen – und das DRK hält an dieser Stelle still?

Daniel Schneider:
Stillhalten tun wir da leider nicht. Ganz im Gegenteil. Uns betrifft die Schließung dieser Notfallpraxen in einem enormen Umfang. Sie tun uns richtig weh. Beispielsweise ist der Standort des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes vor ein paar Monaten dauerhaft geschlossen worden. Wir haben definitiv nicht stillgehalten und alle unsere Kontakte und Netzwerke genutzt, um deutlich zu machen, dass das für uns und die Bevölkerungsversorgung sehr schlechte Konsequenzen hat.

Ulrich Konrad:
Was ist die KVB?

Daniel Schneider:
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg.

Ulrich Konrad:
Die muss zahlen?

Daniel Schneider:
Die KVB betreibt die Standorte. Also nicht wir als Rotes Kreuz, sondern die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Dort müssen alle Hausärzte und weitere Ärzte ihren Dienst verrichten und in den Zeiten, wo kein Hausarzt verfügbar ist, diese Zeiten überbrücken. Das ist deren Aufgabe.

Ulrich Konrad:
Darf ich Sie mal unterbrechen? Hier wird es politisch. Da geht es nicht nur ums Geld, auch wenn es natürlich auch ums Geld geht. Und wenn es politisch wird, haben Sie ja nicht umsonst einen ehemaligen Politiker an Ihrer Seite, den Präsidenten Heribert Rech, der weiß, wie die Schaltstellen funktionieren. Warum macht man hier einen Strich, obwohl es dringend benötigt wird?

Heribert Rech:
Ja, zunächst mal zum Politiker: Ich wusste schon vorher, dass das Ergebnis negativ sein würde. Wir sind gegen die KBV Sturm gelaufen, aber ergebnislos. Die Gründe sind vielfältig: Gesundheitsreform, Klinikreform, Ärztemangel auf dem Land – alles hängt zusammen.

Ulrich Konrad:
Wir sprechen hier aber nicht von Luxusgütern, sondern von Gesundheit, Rettungsdiensten, Notdiensten, Notfällen – also um Leben und Tod. Das ist eine andere Kategorie.

Heribert Rech:
Ja, aber diese Probleme betreffen das gesamte Netz der Gesundheitsvorsorge, nicht nur die Notfallpraxen. Die Kassenärztliche Vereinigung sagt, die Versorgung sei gewährleistet, aber in der Praxis sieht das anders aus. Die Menschen erreichen ihren Arzt oder den Notdienst nicht und rufen dann die 112 an. Das belastet uns als Rettungsdienst enorm.

Ulrich Konrad:
Herr Schneider, erleben Sie das vor Ort genauso? Herr Rech sagt, die Versorgung sei angeblich gewährleistet, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Wer rechnet da falsch?

Daniel Schneider:
Die KVB. Wir haben Auswertungen gemacht, zum Beispiel vor und nach der Schließung des Kassenärztlichen Standortes in Kirrlach. Während die Rettungsdiensteinsätze im gesamten Stadt- und Landkreis Karlsruhe zurückgingen, nahmen sie im Einzugsgebiet des geschlossenen Standortes um 1200 Einsätze in nur acht Wochen zu. Das ist für uns ein klares Indiz, dass wir als Rettungsdienst die Versorgungslücke füllen müssen, die durch die Schließung entstanden ist. Das kann Menschenleben kosten.

Ulrich Konrad:
Jetzt wird es spannend: Die KVB hat den Schlüssel in der Hand. Hat da der Falsche den Schlüssel?

Daniel Schneider:
Die KVB ist eine Selbstverwaltung, die Entscheidungen ohne direkte Rechtsaufsicht trifft. Es gibt also keinen politischen Einfluss auf deren Entscheidungen.

Ulrich Konrad:
Sind Sie sich einig mit anderen DRK-Verbänden oder sind Sie allein auf weiter Flur?

Lisa Gruber:
Das Problem betrifft nicht nur uns in Karlsruhe, sondern ist flächendeckend. Die Schließungen und Reduzierungen der Notfallversorgung sind Teil eines größeren Trends, der das gesamte Gesundheitssystem betrifft. Viele Menschen wissen einfach nicht mehr, wo sie Hilfe bekommen können, vor allem an Wochenenden oder nachts, und rufen dann den Rettungsdienst.

Ulrich Konrad:
Nun gehören Krankenhäuser nicht direkt zum DRK-Aufgabengebiet, aber Sie sind trotzdem betroffen, weil Sie die Patienten in eine Klinik bringen müssen, richtig?

Daniel Schneider:
Ja, wir sind die erste Welle, die vor Ort hilft, aber die endgültige Versorgung muss in der Klinik erfolgen. Wenn Kliniken schließen oder zentralisiert werden, werden unsere Fahrtwege länger. Das bedeutet, dass ein Rettungswagen, der früher 13 bis 15 Einsätze pro Tag schaffen konnte, jetzt nur noch 8 bis 10 Einsätze schafft.

Ulrich Konrad:
Können Sie nicht einfach noch mehr Fahrzeuge einsetzen?

Daniel Schneider:
Das versuchen wir schon händeringend, aber wir brauchen auch mehr Rettungswachen, verteilt auf das ganze Gebiet.

Lisa Gruber:
Und wir brauchen mehr Personal. Es geht nicht nur um die Fahrzeuge.

Ulrich Konrad:
Das klingt alles sehr teuer. Selbst wenn das Geld da wäre, würden die langen Wege dennoch bleiben, richtig?

Daniel Schneider:
Ja, aber mit mehr Rettungswachen könnten wir die Zeiten, in denen wir beim Patienten sind, verkürzen.

Ulrich Konrad:
Ich hatte persönlich mal Schwierigkeiten, die 116117 zu erreichen. Ist das auch ein Ausfluss des Systems?

Daniel Schneider:
Ja, das erleben wir täglich bei der 112. Viele Menschen rufen uns an, weil sie bei der 116117 nicht durchkommen. Wir versuchen dann, den Fall weiterzugeben, aber auch wir erreichen diese Nummer oft nicht.

Ulrich Konrad:
Und was tun Sie dann?

Heribert Rech:
Der Disponent schickt trotzdem ein Fahrzeug, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber das belastet das System zusätzlich.

Ulrich Konrad:
Blockiert das nicht die Rettungsmittel für echte Notfälle?

Heribert Rech:
Genau, etwa 40 % der Anrufe bei der integrierten Leitstelle sind keine echten Notfälle.

Ulrich Konrad:
Die Idee hinter den Notfallpraxen war doch, solche Fälle von den Rettungsdiensten fernzuhalten. War das eine Schnapsidee?

Lisa Gruber:
Nein, das war eine gute Idee. Leider wird sie jetzt aus Kostengründen zurückgenommen.

Ulrich Konrad:
Sie haben also das Personal und die Fahrzeuge verdoppelt, aber trotzdem reicht es nicht?

Daniel Schneider:
Ja, wir haben uns mehr als verdoppelt, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Aber das reicht nicht aus, um die Lücken zu schließen.

Ulrich Konrad:
Wie sieht es mit der Struktur des DRK aus? Gibt es genug Profis und Ehrenamtliche?

Daniel Schneider:
Bei uns arbeiten etwa 700 Hauptamtliche und 400 Ehrenamtliche im Rettungsdienst. Die Ehrenamtlichen leisten auch wichtige Aufgaben wie Notfallhilfe und Katastrophenschutz.

Ulrich Konrad:
Herr Rech, als Präsident mit politischem Hintergrund: Haben Sie nicht genug Macht, etwas zu ändern?

Heribert Rech:
Das Problem ist, dass die Verantwortung oft von oben nach unten verlagert wird. Die Verkürzung der Hilfsfristen, die jetzt beschlossen wurde, führt zu mehr Druck auf uns. Wir brauchen mehr Rettungswachen und Fahrzeuge, aber die Finanzierung dauert oft Jahre.

Ulrich Konrad:
Wer entscheidet das? Der Gesundheitsminister, der Finanzminister?

Daniel Schneider:
Alle. Es ist ein komplexes System, in dem viele Faktoren zusammenspielen.

Ulrich Konrad:
Ich habe persönlich erlebt, wie professionell der Rettungsdienst arbeitet. Die Ruhe und Sicherheit, die sie ausstrahlen, nimmt einem sofort die Panik. An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen bedanken.

Ulrich Konrad:
Liebe Zuschauer, das war eine hochkarätig besetzte Runde vom DRK-Kreisverband Karlsruhe. Wir haben heute nur einen kleinen Teil der Themen besprochen, die uns alle betreffen. Denn irgendwann haben wir alle einmal den Bedarf nach der 116117 oder der 112. Ich danke Ihnen, dass Sie hier waren, und vielleicht konnten wir durch dieses Gespräch an einigen Stellen ein paar Rädchen drehen. Bis zum nächsten Mal und machen Sie es gut.

 

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