HAUS & GARTEN :: Hausmacher Art – Stefanie Otto ist die Frau am Bau (Archiv 2014)

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Ein altes Haus: Putz bröckelt von den Wänden, Holzdielen knarren, am Fenster zieht‘s. Die Meisten sagen: „Am besten eben schieben.“ Stefanie Otto sagt: „Super, ich nehm es so, wie es ist.“

Aber sie lässt es nicht so, wie es ist. Stefanie Otto renoviert und modernisiert, aber konserviert und restauriert auch. „Ich möchte, dass der Ortskern eines Dorfes noch Charakter hat und nicht aussieht wie sonstwo“, so ihr Credo. Sie findet es schade, dass alte Häuser oft genug „umgewamst“ werden und an dem Platz seelenlose Klötze stehen. In Neuthard hat sie in der Hauptstraße so ein Haus hergerichtet, vor drei Jahren zog sie nach Karlsdorf.

Alt und modern vereint: Das alte Dettenheimer-Häuschen (Bj. 1919), lässt sich sein Alter nicht mehr anmerken
Alt und modern vereint: Das alte Dettenheimer-Häuschen (Bj. 1919), lässt sich sein Alter nicht mehr anmerken

Nicht nur mit ihrer quirligen Art fiel sie auf, sondern auch durch ihre Vorliebe für gestreifte Fensterläden. „Sie, das gefällt mir aber nicht“, ließ eine Passantin ihrem Mitteilungsbedürfnis freien Lauf. Tja, Pech gehabt. Genau wie die radelnden Rentner, die den Blick auf die Straße nicht ganz so attraktiv fanden wie die rothaarige Frau auf der Malerleiter – und prompt in die Hecke purzelten. Mittlerweile haben sich die Nachbarn daran gewöhnt, hängen nicht mehr ganz so oft an Zaun und Fenster und freuen sich auch über das knallgrüne Fahrrad, das am Baum neben dem Gehweg lehnt.  „Meine Eltern sagen, mein erstes vernünftiges Wort war Bohrmaschine – tja, so hat dann wohl alles angefangen“, sagt sie über sich selbst. Ihr Vater war Ingenieur, ihre Mutter Zahntechnikerin, irgendwo muss der Hang zum Planen, Tüfteln und Gestalten auch herkommen. Warum sie selbst eine Ausbildung zur Personalwirtin machte, bleibt ein Rätsel der Menschheit und spielt heute keine Rolle mehr, sie bezeichnet sich als Künstlerin.

Man muss nicht alles „umwamsen“

Begonnen hat es mit Mosaiken. Zwei Fische, die heute noch in ihrem Bad hängen. Daraufhin bat sie ein Bekannter, sein Bad zu gestalten. So kam ein Bad zum anderen, ein Raum zum anderen, sowie Haus und Garten dazu. „Die Häuser erzählen mir, was ich aus ihnen mache“, sagt Stefanie Otto – erinnert irgendwie an Michelangelo, der im Stein bereits die Skulptur sah und „nur“ noch den Rest wegmeißelte. Ob sie ein Haus kauft, weiß sie nach fünf Minuten – außer wenn es größer ist, dann zehn Minuten. Die Arbeit dauert dafür Jahre: „Zum Beispiel Decke aufklopfen, die Schüttung gemütlich zum Fenster rausschaufeln und wegbringen – wer macht das schon?“

Komplettgestaltung: Aus dem tristen Garten wurde ein grünes Plätzchen zum Wohlfühlen
Komplettgestaltung: Aus dem tristen Garten wurde ein grünes Plätzchen zum Wohlfühlen

Handwerker arbeiten bei ihr nie allein, ständig will sie dazulernen. Nach dem zweiten Durchgang heißt es dann: „Lass mich auch mal versuchen …“ Schlitze klopfen und Kabelrohre legen – kein Problem. Der Elektriker schließt nur noch an, der Installateur lässt übers Wochenende Werkzeug da.

Dabei lässt sie immer „Zitate der Vergangenheit“ durchblicken, etwa freigelegte Mauerstücke. Wäre auch zu schade, alles zu verstecken, denn immerhin stand das Haus schon in Dettenheim und zog 1813 wie andere Häuser um nach Altenbürg, aus dem dann Karlsdorf wurde. Das Alte widerspricht sich dabei nicht mit moderner Einrichtung wie Sonnenkollektoren auf dem Dach oder Highspeed-Kabel.  Im Garten gibt es jede Menge Ecken zum gemütlichen Abhängen: Eine alte Schubkarre, eine Holzliege oder eine Colt-Seavers-Gedächtnis-Badewanne. Störrisches Wurzelwerk im Boden? Soll es doch liegen, Stefanie macht Hochbeete drüber.

Vorher und nachher: Das Wohnzimmer wurde komplett renoviert
Vorher und nachher: Das Wohnzimmer wurde komplett renoviert

Ihre zahlreichen Accessoires nutzt sie auch für „House Staging“: Makler buchen sie, um Immobilien richtig in Szene zu setzen. „Es geht nicht um beschönigen, sondern darum, das Potential herauszustellen“, stellt sie klar. Da hilft ihr der Blick fürs Detail, wo vielleicht eine Grünpflanze fehlt, ob man eine Wand in einer anderen Farbe streicht und dass die Ü-Ei-Sammlung besser in die Kiste verschwindet.  Stefanie Otto tritt also den Beweis an, dass man nicht alles „umwamsen“ muss, sondern mit etwas Kreativität etwas ganz Besonderes und Individuelles erschaffen kann.  Oder wie sagte eine andere Lebenskünstlerin mit gleicher Haarfarbe so treffend: „Ich mache mir die Welt widde-widde-wie sie mir gefällt!“

Text: Armin Herberger, Bilder: Armin Herberger, Stefanie Otto

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