Kreis Karlsruhe, 18.09.2024 | In der ersten Bürgermeisterversammlung nach den Kommunalwahlen stand ein zentrales Thema im Fokus: Die zunehmende Demokratieverdrossenheit und die Überlastung der Kommunen durch unrealistische politische Versprechungen. Gastgeber der Veranstaltung war Bürgermeister Thomas Nowitzki (Oberderdingen), Kreisvorsitzender des Gemeindetags Baden-Württemberg, der die Gemeindeoberhäupter in das Rathaus „Alte Schule“ in Rheinstetten eingeladen hatte.
Der Staat überfordert sich mit unerfüllbaren Erwartungen
Als Hauptredner betonte Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, die Dringlichkeit, eine Politik mit realistischen Zielen zu verfolgen. Er wies auf die steigenden Erwartungen der Bürger hin, die jedoch in vielen Fällen nicht erfüllt werden können. „Es wird immer schwieriger, Versprechungen einzulösen, weil finanzielle und personelle Kapazitäten oft nicht ausreichen“, erklärte Jäger. Er führte den kommenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen als Beispiel an, bei dem die Umsetzung praktisch kaum zu bewältigen sei. Dieser Mangel an Machbarkeit könnte das Vertrauen der Bevölkerung weiter untergraben.
Komplexe Vorschriften und Überregulierung hemmen den Fortschritt
Ein weiterer Punkt, den Jäger ansprach, war die zunehmende Überregulierung. Diese sorge dafür, dass selbst einfache Vorhaben oft durch bürokratische Hürden verzögert oder verhindert würden. „Es müssen Vereinfachungen her, auch wenn das bedeutet, dass nicht jeder Einzelfall perfekt geregelt werden kann“, forderte Jäger. Die geplante Novelle der Landesbauordnung sei ein Schritt in die richtige Richtung, doch nur, wenn die Verwaltungspraxis tatsächlich vereinfacht werde. Jäger appellierte an die anwesenden Bürgermeister, sich in den bevorstehenden Anhörungen dafür stark zu machen, dass pragmatische Lösungen im Vordergrund stünden.
Mehr kommunale Mitbestimmung in der Gesetzgebung gefordert
Eine zentrale Forderung des Gemeindetags ist es, Kommunen stärker in die Gesetzgebung einzubeziehen. Jäger betonte, dass diejenigen, die vor Ort die Gesetzgebung umsetzen müssen, besser gehört werden sollten. „Es muss ein engerer Dialog stattfinden, damit Gesetze auch tatsächlich umsetzbar sind“, so Jäger. Besonders bei den aktuellen Novellen des Schulgesetzes sowie des Landesplanungs- und Mobilitätsgesetzes sei dies entscheidend. Nur durch realistische Vorgaben und eine praxisnahe Gestaltung der Gesetze könne das Vertrauen in die Politik langfristig gesichert werden.