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Bruchsal | Quo Vadis Schlossfest?

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Icon-Stadtmagazin WILLI Reportage | Das Schloss fliegt nicht mehr

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen, sagt eine alte Weisheit. Man könnte den Spruch auch dahingehend abändern: feiert die Feste, solange ihr sie noch habt!

Dies ist nicht witzig gemeint, denn immer mehr Dorf und Stadtfeste sind in ihrer Existenz bedroht. Nachtumzüge an Fasching gibt es kaum noch, die Schlossweihnacht fand 2018 nicht mehr in Bruchsal statt, auch in Heidelberg nicht. Forst hat schon lange kein richtiges Dorffest mehr und in vielen anderen Gemeinden wird die Zahl ausrichtender Vereine und Gruppen immer kleiner.

Woran liegt das? An den Kosten, an den Auflagen, an den Helfern? An allem ein bisschen vermutlich und in der Summe will, dieses Risiko dann Keiner mehr tragen.

Schlossfest Bruchsal Vereine
SV 62 Bruchsal

Wir haben uns mit den „letzten Mohikanern“ des Bruchsaler Schlossfestes unterhalten und teilweise doch erstaunliche Antworten bekommen:

„Das Schlossfest ist existentiell für unseren Verein, mit den Einnahmen finanzieren wir zwei Jahre lang große Teile unseres Vereinslebens“, sagt Jürgen Siegele, Vorstand des SV 62 Bruchsal. Obwohl die perfekt eingespielte Truppe des SV ein großes Angebot an Speisen und Getränken bereit gehalten hatte, war man speziell am Sonntagmittag durch den zusätzlichen Andrang der Posaunenchöre an die Grenze der Belastung gestoßen. „Ideales Festwetter und 1500 hungrige und durstige Posaunenspieler ließen uns heftig schwitzen.“ Aus finanzieller Sicht, sagte der Vorstand, würde er sich wünschen, dass die Stadt Bruchsal noch mehr der Nebenkosten übernehmen würde, im Großen und Ganzen laufe aber die Zusammenarbeit sehr gut.

Schlossfest Bruchsal Vereine
Athletensportverein (ASV)

Das Hauptproblem aller noch teilnehmenden Vereine ist die schwindende Zahl der Helfer. Allgemein lässt die ehrenamtliche Vereinstätigkeit immer mehr nach, Sondereinsätze wie bei Festen will kaum einer übernehmen. „Wir machen schon viele Jahre beim Schlossfest mit, unsere ASV Schnitzel sind berühmt“, sagt Ruth Heneka vom Athletensportverein Bruchsal. Auch für die Ringer ist das Fest eine wichtige Einnahmequelle, die sie dringend benötigen. Das eingeschworene Team schuftet drei Tage plus Auf und Abbau, von der strategischen Vorbereitung ganz zu schweigen. „Obwohl wir viel Erfahrung haben, planen wir monatelang unseren Einkauf und die Einsatzpläne“, ergänzt Ruth Heneka.

Auch die TSG Handballer sind zufrieden. Wobei man hier fast neidisch feststellen muss, dass das Wort „Helfermangel“ hier ein Fremdwort ist. Kaum ein anderer Verein bzw. Abteilung eines Vereins verfügt über so viele fleißige Hände. Die Handballer haben hier absolutes Alleinstellungsmerkmal und wuppen den Festbetrieb ohne mit der Wimper zu zucken.

Schlossfest Bruchsal Vereine
Fanfarenzug

Einen neuen Weg sind die Fanfaren gegangen. Eine Kooperation zwischen dem Musikverein 1888 e.V. Forst und dem Fanfarenzug Bruchsal sichert den gegenseitigen Einsatz beim Forster Waldfest am 1. Mai und dem Schlossfest in Bruchsal. Clevere Idee – vermutlich aus der Not entstanden – bringt es für beide Vereine Erleichterung beim Personaleinsatz und einen „Win-Win-Effekt“ bei den Gästen. Jetzt besuchen sowohl die Brusler das Forster Waldfest, als auch die Forster kommen im Gegenzug nach Bruchsal. Super Idee, die genau in die richtige Richtung geht. Wenn Vereine alleine nicht mehr in der Lage sind, Feste zu bespielen, dann müssen sich Interessensgemeinschaften zusammenfinden. „Was einer alleine nicht schaffen kann…“, singt Xavier Naidoo.

Eine Idee wäre auch, dass die vielzähligen örtlichen „Serviceclubs“ sich gemeinsam beim Schlossfest engagieren könnten. „RoLiZoKi“ (Anm.d.Red. Rotarier, Lions, Zonta, Kiwanis) kochen, backen, bewirten an einem Stand für den guten Zweck. Das Motto „we serve“ würde eine ganz neue Bedeutung gewinnen. Hier schlummert eine enorme Man- und Frauenpower, die mit ihrem Einsatz bestimmt ein stolzes Sümmchen für die vielfältigen Projekte erwirtschaften könnte und nebenbei auch noch einen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander leisten würde. Wenn überall das ehrenamtliche Engagement leidet, sind solche „Serviceclubs“ geradezu prädestiniert vom Gegenteil zu überzeugen. Ein Stand beim Schlossfest 2021 wäre ein tolles Statement für Regionalität, Heimatverbundenheit und Geld bringt es obendrein!

Abschließend gibt es eine negative Rückmeldung für das Schlossfest 2021, diese kommt vom FC Bruchsal, ist aber – hoffentlich – noch nicht bestätigt. „Unser Stand ist alt und abgenutzt, den können wir vermutlich nicht mehr verwenden“, sagt Joachim Völkle. „Wir haben große Probleme Helfer zu finden. So wie es heute aussieht, war dies unsere letzte Teilnahme als Verein beim Schlossfest in Bruchsal.“

Text und Fotos: Andrea Bacher-Schäfer

Schlossfest Bruchsal Vereine
Alexandra Geider, Hauptamt, Abteilung Bürgermitwirkung & Repräsentation

Stellvertretend für die Stadt Bruchsal, als Veranstalter des Schlossfestes, hat uns Alexandra Geider, Hauptamt, Abteilung Bürgermitwirkung und Repräsentation Fragen beantwortet.

Welche Kosten entstehen für das Schlossfest und wer trägt diese bzw. wie werden die Kosten verteilt (Bühnenaufbau, Bands, Werbung, Strom, Wasser, Sicherheit etc.)?

Die Kosten für das Schlossfest betrugen 2017 ca. 55.000 € (darunter Öffentlichkeitsarbeit 7.000 €, Strom/Wasser 8.500 €, Toiletten/Reinigung 3.500 €, Bauhofleistungen 11.000 € usw.). Darin nicht eingerechnet sind die Personalkosten für die Organisation und Koordination. Einen Teil der Kosten legen wir auf die Vereine/teilnehmenden Gruppen – unabhängig von deren Größe und Umsatz um. Dazu muss jede Gruppe noch die Kosten tragen, die durch die Bereitstellung von Strom am eigenen Stand entstehen. Hinzu kamen Kosten für die Bühne, die bis 2017 durch die BTMV organisiert wurde. Alles in allem eine Belastung pro Gruppe in Höhe von ca. 1.200 €, den Rest trägt die Stadt Bruchsal.

Für 2019 gibt es noch keine Gesamtkostenaufstellung. Insgesamt rechnen wir damit, dass diese im Vergleich zu 2017 gestiegen sind. Die Umlagehöhe für die Vereine hingegen wird in etwa gleich bleiben, da die Stadt zugesagt hat, die Kosten durch den Ausfall von Gruppen zu übernehmen.

Das bedeutet, je weniger Gruppierungen teilnehmen, desto höher der Anteil der Stadt Bruchsal. Wieviel Vereine müssen mindestens teilnehmen, damit das Schlossfest überhaupt weiterhin noch stattfinden kann?

Es gibt keine vereinbarte Mindestteilnehmerzahl. Beim Schlossfest 2017 nahmen 13 Gruppen teil. 2019 waren es nur noch 10, sechs Vereine und vier gastronomische Betriebe. Schön wäre, wenn es 2021 wieder mehr werden würden. Die Arbeitsbelastung für die einzelnen Gruppen steigt natürlich, denn wenn weniger Gruppen Essen- bzw. Getränkeangebote anbieten, müssen die Vorhandenen den Andrang der Versorgung alleine stemmen. Das ist zu Stoßzeiten fast nicht leistbar. Die Stadt Bruchsal wird mit den teilnehmenden Gruppierungen ein Nachgespräch führen, wie wir möglicherweise neue Teilnehmer motivieren könnten. Eine Idee ist, den Verteilerschlüssel zu überdenken, so dass sich die Teilnahme auch für kleinere Stände lohnt. So handhaben es bspw. die Stadtteilfeste.

Warum wurde die zweite Bühne vor dem Damianstor nicht mehr aufgebaut ?

1.Da das Schlossfest 2019 nur noch aus 10 Gruppen bestand, wurde die Festfläche kleiner. Zeitgleich erhielten wir die Information, dass uns Staatliche Schlösser und Gärten Flächen im Schlossbereich nicht mehr bzw. nur mit hohen Auflagen zur Verfügung stellen wollte. Deshalb sahen wir nur die Lösung, das Fest in Richtung Innenstadt zu verschieben. Die zweite Bühne wäre dann weit weg von den Ständen gewesen ,was keine positive Wirkung mehr auf das Festgeschehen gehabt hätte.

2. Die zweite Bühne war bisher eher für das jüngere Publikum gedacht und wurde zu 50 Prozent von Sponsoren bezahlt, die Koordination des Programms lief ehrenamtlich. Leider kamen 2019 nur sehr wenige Sponsorengelder zusammen, die Bühnenbetreuung stand auch in Frage. Da die wenigen Vereine nicht noch mehr belastet werden sollten und die Bühne aus vorgenannten Gründen relativ separat hätte stehen müssen, haben wir uns gemeinschaftlich darauf verständigt, auf eine weitere Bühne zu verzichten.

Gibt es viele Anwohnerbeschwerden bzw. wie geht man von Seiten der Stadt mit diesen Beschwerden um?

Für die Größe des Festes halten sich die Beschwerden in Grenzen. Dies mag auch an der strategisch günstigen Lage (kaum Anwohner) des Schlossfestes liegen.
Wegen früheren Beschwerden zur Lärmbelästigung wurde vereinbart, dass die Beschallung auf dem Fest um 24 Uhr endet. 2017 ging um 00.05 Uhr die erste telefonische Beschwerde bei der Polizei ein, da die Band auf der zweiten Bühne noch gespielt hat! Ähnliche Beschwerden gibt es in Bezug auf die große Bühne nicht – vermutlich, da hier die nächsten Anwohner doch deutlich weiter entfernt sind.

Schwierig zu steuern sind Lärmbelästigungen, die nur indirekt durch das Schlossfest entstehen: wenn bspw. Besucher nach dem Fest noch in die Innenstadt weiter ziehen und dann manchmal doch laut sind. Hier sind wir als Stadt verpflichtet, jede Beschwerde im Gesamtkontext zu prüfen und ggf. in Zukunft darauf zu reagieren bzw. vorzubeugen.

Warum darf in den umliegenden Gemeinden länger gefeiert werden als in der Kernstadt? (in Heidelsheim und Helmsheim wurde gefeiert bis in die Früh, in Bretten dauert Peter-und Paul vier Tage non-Stopp!!)?

Was wir auf gar keinen Fall wollen ist die Veranstaltungen gegeneinander ausspielen. Jede Örtlichkeit hat ihre eigenen Rahmenbedingungen. Diese erlauben in manchen Fällen einen großzügigeren Rahmen (Anm. d. Red. siehe Anwohner).

Ganz wichtig ist im Gesamtkontext, dass die Stadtteilfeste (Reichsstadtfest, Burgfest, Joß-Fritz-Fest und Kelterfest) alle von den Vereinen selbstständig organisiert werden – die Stadt unterstützt nur durch Infrastruktur und entsprechende Zuschüsse. (Anm.d.Red.: Organisiert wird z.B. in Obergrombach vom Komitee Burgfest, die sogar eine eigene facebook Seite haben, bzw. die Bürgerwehr Heydolfesheim in Heidelsheim).

Beim Schlossfest hingegen ist die Stadt Veranstalter. Das gesamte Fest wird von der Stadt organisiert, was einen deutlich größeren finanziellen und personellen Aufwand von Seiten der Stadt bedeutet. Auch das finanzielle und veranstalterische Risiko liegt hier nicht bei den teilnehmenden Vereinen/Gruppen. Gerade in Bezug auf Sicherheitsauflagen, die bekanntlich sehr gestiegen sind, trägt die Stadt Bruchsal beim Schlossfest die ganze Verantwortung.

Erstveröffentlichung in RegioMagazin WILLI 08/19

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